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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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Ochsentour. Er war gerade mal drei Monate Generalsekretär, bevor er Bundesminister wurde.
    Â 
    Ja, aber er hat das Amt des Generalsekretärs übernommen, er hat es nicht abgelehnt. Und er war vorher – da nenne ich weitere Funktionen, Sie haben in Ihrer Frage noch andere genannt – unter anderem Kreistagsmitglied, Bundestagsabgeordneter und Bezirksvorsitzender. Da hat er nicht gesagt: »In diesen Niederungen bewege ich mich nicht.« Nein, er hat diese Funktionen ausgeübt, weil er wohl glaubte, dass er so für seine Partei etwas tun könnte und es auch für ihn selbst nicht schädlich sei.
    Sie sagten gerade, viele Menschen hätten Herrn zu Guttenberg als »Heilsversprecher in einer grauen Welt« angesehen. Das war wohl in der Tat vorübergehend so. Aber ich bin außerstande, das zu erklären. Welches Heil hat er denn versprochen? Und vor
allem, welches Heil hat er gebracht? Betrachten wir doch einmal seine Leistungen. Er hat als Wirtschaftsminister die Meinung geäußert, Opel solle seinem Schicksal überlassen werden und notfalls in die Insolvenz gehen. Eine Hilfe von staatlicher Seite lehne er ab. Deswegen hat er sogar vorübergehend seinen Rücktritt angedroht, ist dann aber doch geblieben. Ist das beeindruckend?
    Als Bundesverteidigungsminister hat er sofort einen Staatssekretär und den Generalinspekteur der Bundeswehr, Herrn Wolfgang Schneiderhan, mit dürftigen Begründungen entlassen. Sein Umgang mit der Kunduz-Affäre war ebenfalls nicht überzeugend. Richtig ist, dass er die Aussetzung der Wehrpflicht in seiner eigenen Partei durchgesetzt hat und eine Bundeswehrreform ankündigte. Später stellte sich heraus, dass es für diese Reformen nur wenig konkrete Vorarbeiten gab. Die muss jetzt sein Nachfolger de Maizière leisten.
    Und schließlich: Wie kann Begeisterung noch eine Zeit lang für einen Mann andauern, der bei seiner Promotion grundlegende Regeln eklatant verletzt hat? Der schon nach wenigen Jahren nicht mehr gewusst haben will, dass er einen großen Teil seiner Dissertation bei anderen abgeschrieben hat? Ich hatte den Eindruck, dass ihm seine Arbeit merkwürdig fremd vorkam. Aber inzwischen ist das ja Vergangenheit. Und die Stimmen, die ihn unter allen Umständen bald zurückhaben wollten, sind verklungen.
    Â 
    Natürlich auch unter dem Druck von Ereignissen, die uns überrollten, etwa Fukushima oder Libyen. Aber gibt es denn etwas, was wir aus der Guttenberg-Debatte lernen können?
    Â 
    Vielleicht das: In der Beurteilung der Leistungsfähigkeit, der Fähigkeiten eines Politikers überhaupt, ein gewisses Maß zu halten und ihn nicht kurzfristig – wir sprachen ja am Anfang über Akzeleration und beschleunigte Verfahren – in die höchsten Höhen zu heben. Wobei hier entschieden die Medien angesprochen werden müssen. Ohne sie, ohne insbesondere die Zeitung mit den großen Buchstaben, wäre das alles nicht möglich gewesen. Im
Übrigen: Ein halbwegs Erfahrener weiß, dass dem Hochschreiben eines Menschen genauso rasch das Herunterschreiben, das Herunterfallen, folgen kann.
    Â 
    Es war also einfach zu viel von allem in zu kurzer Zeit?
    Â 
    Ja.
    Â 
    Nach Guttenberg könnte die These gelten: »Wer frei von Schuld ist, der gehe in die Politik!« Doch wer traut sich dann noch, sich politisch zu engagieren, wenn er damit rechnen muss, dass seine sämtlichen privaten Verfehlungen ans Licht gezogen werden?
    Â 
    Ich bitte Sie, das ist doch auch wieder eine Frage der Bewertung und Einstufung. Wenn jemandem einmal der Führerschein entzogen wurde oder gegen ihn wegen unzutreffender Behauptungen einmal eine einstweilige Verfügung ergangen ist, so ist das nicht schön, aber kein dauernder Grund dafür, sich dem politischen Engagement zu entziehen. Wenn sich aber einer einen Doktortitel unter Verletzung der dafür gegebenen Vorschriften, durch falsche Versicherungen verschafft hat, so hat das ein anderes Gewicht. Die Trennung, die Kanzlerin Angela Merkel hier mit der Bemerkung versuchte, sie habe nicht einen wissenschaftlichen Assistenten, sondern einen Minister berufen, war zumindest unglücklich. Schließlich ging es um persönliche Ehrlichkeit. Auch hat Guttenberg seinen unredlich erworbenen Doktortitel zunächst ja noch in seinen politischen Funktionen weitergeführt.
    Â 
    Politiker und Plagiate – neben Guttenberg haben wir noch zwei weitere

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