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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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informiert und kommentiert, sondern bestimmte Entscheidungen herbeiführen will. Auch durch besonders große Buchstaben auf der ersten Seite von Boulevardzeitungen. Aber zu diesem Kapitel gehört ebenso die Frage an die Bürgerinnen und Bürger, ob sie nur kritisch mit heruntergezogenen Mundwinkeln beiseite stehen und von ihrer Ohnmacht reden oder ob sie sich engagieren. Ob sie wirklich auf die Straße gehen, friedlich natürlich, oder sich sogar – man höre und staune – einer Partei anschließen, um die Ziele dieser Partei, die sie für richtig halten, gegen den Widerstand der Mächtigen voranzubringen.
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    Um Hessel noch mal zu hinterfragen : Seine Analyse zwingt ihn zu dem Schluss, dass wir eine neue Résistance brauchen, weil die Dinge so im Argen liegen. Dieser Aussage würden Sie widersprechen?
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    Ja. Wir brauchen ein starkes Bürgerengagement, das schon. Aber eine Résistance? Ich will mir kein nachträgliches Urteil über die Begrifflichkeit der Résistance anmaßen. Die war ja damals in Frankreich keine in sich geschlossene ideologische Gruppe, sondern hat von überzeugten Kommunisten bis hin zu Rechtskonservativen die Kräfte vereinigt, die der Besatzungsmacht Widerstand leisteten. Das lässt sich doch auf die Realität in unserem Land nicht übertragen.

    Â 
    Dann nenne ich es eben anders: Sehen Sie die Errungenschaften derjenigen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg Gedanken über ein Grundgefüge gemacht haben, das eine Gesellschaft zusammenhält, sehen Sie diese Errungenschaften – bei uns in Deutschland wäre es das Grundgesetz – generell bedroht?
    Â 
    Nein. Ich sehe das Grundgesetz und unser Grundgefüge nicht generell bedroht. Dabei berufe ich mich mit aller Vorsicht ausnahmsweise auch auf Umfragen. Danach wird die Demokratie von einer deutlichen Mehrheit unseres Volkes bejaht. Was kritisiert wird und wo Fragen auftauchen, das ist die Handhabung der Demokratie. Aber die Grundordnung selbst ist akzeptiert.
    Â 
    Doch sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene gelingt es uns nicht, das Auseinandergehen der Schere zwischen Arm und Reich zu stoppen. Sie haben vorhin von einer Weltinnenpolitik gesprochen – wenn man sich zum Beispiel nur das Ziel betrachtet, das auf dem UNO-Millenniumsgipfel 2000 formuliert wurde, bis 2015 die extreme Armut und den extremen Hunger auf der Welt zu halbieren oder zu beseitigen, so kann man eigentlich nur sagen, dass wir gescheitert sind.
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    Das war und ist ein ehrgeiziges, aber notwendiges Ziel. Und ich bedauere, dass es offenbar nur zur Hälfte erreicht wird. Infolgedessen müssen die Anstrengungen auf diesem Gebiet verstärkt und die Methoden der Hilfeleistung in Richtung Hilfe zur Selbsthilfe und für kooperative Einzelprojekte geändert werden. Öffnet sich die Kluft weiter, müsste auch mit einem gewaltigen Zustrom an Armutsflüchtlingen gerechnet werden. Deshalb liegt die Erreichung des in Rede stehenden Ziels auch in unserem eigenen Interesse.
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    Ein P. S: Als Hessels Schrift in Frankreich erfolgreich war, eroberte Deutschland schafft sich ab , das Buch des ehemaligen SPD-Senators in Berlin, Thilo Sarrazin, hierzulande die Bestsellerlisten. Jakob Augstein, Verleger und Journalist, sagte, das eine sei ein Buch der Hoffnung, nämlich das von Hessel, das andere eins der Niedertracht. Was sagt das eigentlich über den Unterschied zwischen Franzosen und Deutschen?

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    Augstein hat da sehr zugespitzt. Denn Diskriminierung von Migranten und entsprechende Auseinandersetzungen gibt es ja auch in Frankreich – und bei uns nicht nur »Niedertracht«, sondern ebenso konstruktive Integrationsbemühungen. Und weil Sie jetzt dieses Buch des Herrn Sarrazin ansprechen: Mir ist es ein Rätsel, warum es eine solche Nachfrage gefunden hat. Sicher, der Autor hat weit verbreiteten Gefühlen und Vorurteilen Nahrung gegeben. Eine Rolle spielt ebenso seine Begabung zur provokativen Selbstdarstellung. Die ist leider durch die Art der Reaktionen aus dem politischen Bereich unterstützt worden. So frage ich mich beispielsweise, ob es klug war, dass der Bundesvorstand meiner Partei sofort einen Ausschlussantrag gestellt hat. Eine Fortsetzung des Verfahrens hätte dazu geführt, dass er sich durch die Instanzen der Schiedskommissionen immer wieder öffentlich hätte präsentieren können. Es war daher wohl richtig, das Verfahren durch

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