Wie zaehmt man einen Scheich
paar Freunde von mir treffen. Oder besser gesagt wiedertreffen. Dieses Mal ohne Masken.“ Er sah über die Schulter zurück, wollte seine Freunde rufen und stellte erstaunt fest, dass sie sich zurückgezogen hatten, ohne dass er es bemerkt hatte. Was ihn noch mehr überraschte, war die Tatsache, dass sie nicht längst in Reih und Glied darauf warteten, der Frau gratulieren zu können, der es gelungen war, innerhalb von vierundzwanzig Stunden nicht nur ein Mal, sondern gleich zwei Mal ihr deutliches Zeichen auf seiner Haut zu hinterlassen.
Sie hatten wohl erkannt, dass er diese Schlacht allein schlagen musste, und ihn seinem Schicksal überlassen. Natürlich würden sie es sich nicht entgehen lassen, ihm das bei nächstbester Gelegenheit unter die Nase zu reiben.
Vielleicht waren der Bissabdruck und die Kratzer ja bis zur morgigen Hochzeit verheilt, und sie würden es einfach vergessen …
Sicher, und Kamele konnten fliegen. Mit Sicherheit warteten sie nur darauf, dass die Prinzessin ihm eine weitere Blessur zufügte.
„Ihre Freunde sind längst weg. Und ich gehe jetzt auch“, sagte sie, und aus einem unerklärlichen Impuls heraus hätte er sie fast gebeten, heute Abend mit ihm zu essen.
Fast. Im letzten Moment verkniff er sich die Einladung. Das Dinner mit seinen Freunden wäre schnell vorüber, und dann würde er sich wieder in der Bibliothek über die Bücher setzen. Das war es, worauf er sich konzentrieren musste, wollte er die Bedingungen erfüllen.
Während ein Dinner mit dieser Frau … Wer konnte schon sagen, wohin das führte, nach allem, was heute passiert war. Er wusste nicht einmal, warum es passiert war, aber er erinnerte sich daran, wie gut sie sich in seinem Arm angefühlt hatte, erinnerte sich an ihre weichen Lippen, an den brennenden Kuss voll weiblichen Verlangens. Wäre er versucht, sie nach dem Dinner zu der Seinen zu machen, bevor sie seine Frau wurde?
Doch dann fiel ihm wieder ein, wie sie ihm die Wange zerkratzt hatte. Er brauchte nicht noch eine Erinnerung, dass sie diese Ehe nicht wollte, schon gar nicht vor der Hochzeit, die bald genug stattfinden würde. Morgen Nacht würde sie ihm gehören, in jeder Hinsicht. So lange konnte er warten. Zum jetzigen Zeitpunkt brauchte er sich auf keine weitere Schlacht einlassen, vor allem nicht, wenn der Krieg bereits gewonnen war.
„Dann wünsche ich Ihnen eine gute Nacht, Prinzessin.“ Zoltan verbeugte sich vor ihr. „Schlafen Sie gut. Das nächste Mal sehen wir uns bei unserer Hochzeit.“
Er sah ihr nach, wie sie davonging, sah, wie sie von Hamzah in Empfang genommen wurde, der sie durch die Arkaden zurück zu ihrer Suite geleitete.
Langsam wandte auch er sich zum Gehen und verfluchte die Pflicht – die Pflicht, die ihn in diese Situation gebracht hatte, die Pflicht, dass er eine bestimmte Frau zu einer bestimmten Zeit heiraten musste, die Pflicht, dass er die Nacht damit verbringen musste, ein uraltes Buch auswendig zu lernen, anstatt sich in einer Frau zu verlieren, deren Aussehen und Haltung der einer Göttin glich. Eine Frau, die den Gedanken an die Pflichterfüllung offensichtlich noch mehr verabscheute als er.
Oder vielleicht brauchte sie auch einfach nur mehr Zeit, um sich daran zu gewöhnen. Immerhin hatte er ihr drei Tage voraus. Drei Tage länger, um sich auf die Tatsache einzustellen, dass er Al-Jirads Thron besteigen sollte. Zwar hatte ihr Vater ihr erklärt, weshalb es keine andere Lösung gab, aber ihr waren nur Stunden geblieben, um die Neuigkeiten zu verarbeiten. Da war es verständlich, dass sie sich noch weigerte, ihr Schicksal zu akzeptieren.
Es war wohl besser, dass er nichts von einem gemeinsamen Dinner erwähnt hatte. So konnte sie diese eine Nacht lang noch ihre Freiheit genießen.
Mit dem morgigen Tag und danach mit jedem Tag und jeder Nacht, die folgten, wäre ihre Pflicht dann eindeutig klar: an seiner Seite zu sein.
Und in seinem Bett.
6. KAPITEL
„Es ist so weit, Prinzessin.“
Aisha blinzelte. Vor einem Augenblick noch hatten unzählige helfende Hände die letzten Korrekturen an ihrem Make-up, ihrer Frisur und ihrem Schleier vorgenommen, jetzt griffen die kalten Finger der Panik zu. Es konnte doch unmöglich schon Zeit für die Zeremonie sein? Der Tag war im Wirbel der Vorbereitungen vergangen, erst das duftende Bad, dann die Massage, um die Steifheit in Schultern und Nacken zu verscheuchen – was sich als vergebliche Mühe erwiesen hatte –, gefolgt von Maniküre, Pediküre, Make-up und
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