Wieder nur ein Spiel
steht an erste Stelle, hatte Duarte nun schon mehrmals gesagt. Aber wie passte Bliss in dieses Bild? Emily blickte sehnsüchtig zur Tür, deren Schloss inzwischen repariert worden war. Dass Duarte heute Nacht nicht kam, wunderte Emily nicht. Er war verärgert, weil sie ihn zurückgewiesen hatte, und um den ersten Schritt zu tun, dazu war er viel zu stolz.
Emily fragte sich, ob es falsch gewesen war, Duarte heute abzuweisen. Wo er jetzt wohl sein mochte? Vielleicht bei Bliss? Sie würde sich bestimmt nicht zwei Mal bitten lassen, wenn er sie küssen wollte. Emily wälzte sich unruhig im Bett hin und her. Hatte sie nicht doch einen Fehler begangen? Duarte hatte versucht, einen Weg zu ihr zu finden, und sie hatte ihn aus verletztem Stolz zurückgewiesen. Wenn sie doch nur wüsste, was falsch und was richtig war!
8. KAPITEL
Fünf Tage später stand Emily in der Eingangshalle und mühte sich vergeblich damit ab, einen großen Strauß Blumen in einer Vase zu arrangieren. Victorine war in dieser Hinsicht ziemlich kreativ gewesen, doch Emily besaß dafür keinerlei Talent. Die Blumen standen so steif in der Vase wie Zinnsoldaten.
Emily stöhnte entnervt. Heute Abend würde die Party steigen, die Bliss arrangiert hatte, und sie, Emily, brachte es nicht einmal fertig, ein paar Blumen zu arrangieren!
Die letzten Tage waren eine Qual für Emily gewesen. Duarte war kein einziges Mal zu ihr ins Zimmer gekommen, obwohl sie sich so sehr nach ihm gesehnt hatte. Er behandelte sie höflich und zuvorkommend, doch Zärtlichkeiten tauschte er nicht mit ihr aus. Die Angst, er könnte sich mit Bliss getröstet haben, machte Emily noch ganz verrückt. Vielleicht hatte Duarte sogar schon ein Verhältnis mit Bliss gehabt, bevor Toby ins Spiel gekommen war.
Emily dachte an die Zeit zurück, in der sie oft mit Bliss zusammen gewesen war. “Ist doch kein Problem”, hatte die unbekümmert gemeint, als Emily ihr erzählt hatte, wie sehr sie sich durch Izabels Porträts gekränkt fühlte. „Wenn du willst, dass die Bilder verschwinden, lass einfach welche von dir selbst malen und schenke sie deinem Mann. Diesen Wink kann er nicht missverstehen.”
Da Emily sich jedoch nicht für hübsch genug gehalten hatte, um einem Künstler Modell zu sitzen, hatte es Bliss viel Überzeugungskraft gekostet, Emily dazu zu überreden. Schließlich gab sie nach, und Toby mietete sich unten im Dorf ein kleines Häuschen, um dort ein Atelier einzurichten.
Bei den ersten Sitzungen in Tobys Atelier war seine Freundin, eine geschiedene und ziemlich eifersüchtige Frau, dabei, die ihren blonden, gut aussehenden Freund keine Minute mit einer anderen Frau hatte allein lassen wollen. Doch als sie merkte, dass Emily offensichtlich keinerlei Interesse an Toby hatte, verzichtete sie schließlich darauf, ihren Freund weiterhin zu
“bewachen”.
Da Toby ganz in der Nähe der Quinta de Monteiro wohnte, empfand Emily es nur als höflich, ihn einmal zum Abendessen einzuladen. An diesem Tag belog sie Duarte zum ersten Mal. Sie erzählte ihm, sie habe den jungen Engländer im Dorf kennen gelernt und sei so, mit ihm ins Gespräch gekommen. Wie hätte sie Duarte auch die Wahrheit sagen können? Schließlich musste sie ihm ihre Freundschaft mit Bliss verschweigen. Und da Emily Duarte mit dem Porträt überraschen wollte, hielt sie natürlich auch ihre Besuche bei Toby geheim.
Duarte und Toby verstanden sich überhaupt nicht. Ganz gleich, um welches Thema es ging, über alles schienen die beiden unterschiedlicher Meinung zu sein.
“Sieh zu, dass er das nächste Mal nicht in meine Nähe kommt, falls du ihn noch einmal einladen willst“, meinte Duarte verächtlich, nachdem Toby gegangen war. “Er benimmt sich wie ein rebellierender Teenager. Und außerdem - wenn er so ein toller Künstler ist, wie du immer behauptest - warum hat er dann seine Ausbildung in England abgebrochen?”
Duarte war in keiner Weise von Toby beeindruckt, ganz im Gegensatz zu Emily. In ihren Augen war jeder ein begnadeter Künstler, der es verstand, sie auf einem Bild als Schönheit darzustellen. Wenn Duarte das Kunstwerk erst einmal sah, so hoffte sie, würde er zugeben müssen, dass Toby wirklich Talent zum Malen besaß.
Trotz allem verliebte sich Emily nie in Toby und war deshalb umso überraschter, als er ihr an jenem unglückseligen Abend plötzlich seine Liebe gestand. Duarte habe sie gar nicht verdient, meinte er, und er, Toby, wäre überglücklich, eine Frau wie sie zu bekommen. Wenn sie
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