Wiederkehr des Bosen
geschoren, dass es wie ein Stoppelfeld aussah. Statt der halb zerfetzten Overalls und Trainers, die er immer getragen hatte, trug er jetzt enge schwarze Jeans, Springerstiefel und ein schwarzes Sweatshirt mit Kapuze, auf dessen Rückseite jemand ein weißes Skelett mit Zylinder gepinselt hatte. »Dr. Death« stand in Frakturschrift darüber.
»Hey, ich hab gehört, dass du nicht brav warst«, sagte Alex. »Wollte mal mit dir reden ...«
»Davon hab ich schon genug gehabt«, unterbrach sie Evan.
»... über dich und die Klapperschlangenbande«, fuhr Alex fort.
Evans Grinsen verschwand und seine Miene wurde hart. Seine Kiefermuskeln traten hervor und die dunklen Augen funkelten Alex warnend an. Doch seine Wut verschwand genauso schnell wieder, wie sie gekommen war, und das Grinsen kehrte zurück. »Das hat Zeit bis später«, sagte er leichthin. »Seit wann bist du wieder hier, in Crow Creek, meine ich? Bleibst du jetzt für immer hier?«
»Nein, nur eine Woche lang. Wir wohnen bei Mrs Bass.
Kannst du uns nachher zurückbringen?«, fragte Alex, der plötzlich einfiel, dass Andy noch im Auto wartete. »Aber klar doch«, sagte Evan. »Ich komme gleich wieder.« Er ging ins Haus, um nach seiner Mutter zu sehen. Cam lief derweil zur Straße hinauf, um sich bei Andy zu bedanken und ihm zu sagen, dass sie und Alex von Evan nach Hause gebracht würden.
Alex ließ sich auf den Stufen der Veranda nieder. Sie lehnte sich gegen einen der Pfosten und legte die Arme um die Knie. Lucinda und Andy hatten sie gewarnt - und es stimmte: Evan hatte sich verändert. Sein Haar, seine Klamotten ... Und neu waren auch seine Ungeduld und die Wutausbrüche.
Aber am meisten fiel ihr auf, dass sich sein Geruch verändert hatte. Früher hatte er einen herb-süßen Geruch verströmt - wie schwere, bittere Schokolade. Jetzt roch er nach verbrannter Schokolade. Alex hatte den eigenartigen Geruch noch in der Nase, der ihr sofort aufgefallen war, als Evan aus dem Haus gestürzt kam und ihr das Gewehr an die Schläfe gepresst hatte.
Kapitel 6 - DER FRIEDHOF
Der Morgen hatte noch nicht richtig begonnen. Milchig graues Licht drang durch die Vorhänge in Mrs Bass' Gästezimmer. An Schlaf konnte Cam jetzt nicht mehr denken - sie blieb liegen und ließ sich den gestrigen Tag noch einmal durch den Kopf gehen. Evans Mutter war wirklich in einem sehr schlimmen Zustand - sie hatte sich gestern kaum noch auf den Beinen halten können. Die beiden Kleinen hatten die ganze Zeit gequengelt, denn natürlich hatten sie beobachtet, was mit dem Spielzeuggewehr geschehen war. Schließlich hatte Evan Cam und Alex in den Ort zurückgefahren und sie vor Lucindas Haus abgesetzt, damit Alex noch kurz Mrs Carmelson Hallo sagen konnte.
Lucindas Haus war völlig anders als Evans Hütte. Es war zwar ebenfalls klein und die Holzverschalung der Außenwände war genauso aschgrau wie bei Evans Haus, aber im Innern herrschte Trubel und Heiterkeit - und Ordnung. Alex und Cam erstickten fast in den Umarmungen, die ihnen zuteil wurden. Alle - von Lucindas dreijähriger Nichte bis hin zu ihrer dreiundachtzigjährigen Großmutter - hießen Cam willkommen, als hätten sie sie schon seit Jahren gekannt. Und gewissermaßen stimmte das ja schließlich auch - nur war es ihr Ebenbild, ihre Zwillingsschwester Alex, die bei ihnen aus-und eingegangen war. Bei solch liebevoller Zuneigung zu ihnen grenzte es an ein Wunder, dass Luce davon überhaupt noch etwas für Andy Yatz übrig hatte. Aber das war eindeutig der Fall. Kaum hatte Alex erwähnt, dass sie von Andy zu Evans Haus gefahren worden waren, als Luce auch schon knallrot anlief, dann verlegen die Schultern zuckte und schnell das Thema wechselte. Aber Alex hörte sie denken: Andy ist so ein toller Typ! Sie schickte Lucindas Gedanken sofort per Gedanken-D-Mail an Cam weiter, und im selben Augenblick sagte Evan: »Also, Leute, Luce ist voll und total auf Andy-Yatz-Schmatz abgefahren!«
Es sah so aus, als würde Evan zu seiner früheren lustigen, lockeren Form auflaufen, aber der Anfall von guter Laune in Luces Haus dauerte nicht lange: Kaum hatte er das gesagt, versank er auch schon wieder in seine düstere, grimmige Stimmung. Cam war nicht sicher, ob Evan wirklich so mürrisch war oder sich nur einfach schämte für all das Elend, das Alex und Cam zuvor bei ihm gesehen hatten. Jedenfalls klappte er einfach den Mund zu, runzelte die Stirn und starrte griesgrämig auf seine Stiefel.
»Evan, was ist eigentlich los?«, wollte
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