Wiedersehen an der Cote dAzur
sind also das neue Formidable-Girl. Jetzt erinnere ich mich auch wieder an Ihr Gesicht. Ich habe Ihre Mappe gesehen“, sagte sie und kniff die Augen zusammen. „Obwohl, auf den Fotos sahen sie … anders aus. Es ist ja heute allgemein üblich, dass dort retuschiert wird. Irgendwie wirkt man dann immer viel perfekter, finden Sie nicht?“
Was für eine billige Stichelei, dachte Suki, ließ sich aber nichts anmerken. Energisch rief sie sich den Grund ihrer Anwesenheit ins Gedächtnis. Schließlich ging es darum, dass sie hier einen guten Job machte. Und außerdem hatte man sie zum Formidable-Girl gewählt und nicht diese Stacey, die so unverhohlen mit Pasquale flirtete, dass es Suki einen Stich versetzte, wie sie widerstrebend feststellen musste.
„Was ist los?“, ertönte in diesem Moment Pasquales dunkle Stimme. „Die Presse ist gespannt. Ich denke, wir sollten sie nicht mehr allzu lange warten lassen.“
Suki sah Pasquale lächeln. Aus den Augenwinkeln registrierte sie das festliche Ambiente und wusste in diesem Mo ment, dass sie alles daransetzen würde, um ihren Job, den sie überaus gern ausübte, mit dem Höchstmaß an Professionalität zu erledigen, für das man sie schätzte. Darum spielt es jetzt auch keine Rolle, wie viele Geliebte Pasquale hat, und ob Stacey womöglich eine davon ist, dachte sie, während sie sich staunend umblickte.
Der Festsaal des Hotel Granchester war ganz in Gold und Blau geschmückt – den Farben des Formidable – Logos. Tau sende von Dekobändern, Schleifen und Luftballons trugen die Aufschrift C’est Formidable.
Blaue Blumen aller Art – Rittersporn, Schwertlilien, Hyazinthen – hatte man kunstvoll in prächtigen goldenen Vasen arrangiert und diese als Augenweide über den gesamten Saal verteilt. Personal in Livree trug Tabletts mit gefüllten Champagnergläsern oder appetitlich aussehenden Häppchen. Und gleich neben einer eigens errichteten Bühne hatte man einen Tisch elegant mit weißem Damast gedeckt und darauf Parfümflakons, hübsch verpackte Seifen und Creme tiegel aus dem Hause Formidable drapiert .
„Wollen wir nicht vorher noch anstoßen?“, fragte Pasquale und gab einer vorbeieilenden Bedienung ein Zeichen.
Suki schüttelte den Kopf. „Doch nicht bei der Arbeit – danke.“
„Gut, wenn Sie so weit sind, dann folgen Sie mir jetzt bitte zur Bühne“, sagte Stacey in einem Tonfall, der signali sierte, dass sie hier das Sagen hatte. „Und dann zeigen Sie vielleicht da oben mal, was Sie können.“
Suki rang sich frostig ein Lächeln ab und kämpfte gegen das Gefühl der Empörung an, wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt zu werden. Sicher, sie kannte die Vorurteile gegen Models – schön, strohdumm und überbezahlt. Dabei verdienten sie längst nicht so schnell und einfach ihr Geld, wie die meisten Menschen es glaubten. Dahinter steckten sehr viel harte Arbeit und eine eiserne Disziplin.
Stacey Lomas aber kam aus der Branche. Trotzdem behandelt sie mich beinahe unverschämt herablassend, dachte Suki. War das nur der übliche berufliche Neid, oder steckte mehr dahinter? Sie runzelte die Stirn. Wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass es ihr gar nicht gefiel, sich Stacey und Pasquale als Paar vorzustellen. Und deshalb verdrängte sie diesen Gedanken auch schnell, als sie nach einer kurzen Ansage die Bühne betrat.
Hunderte von Blitzlichtern flammten auf, als sie ihre roten Locken wie einen schimmernden Wasserfall über ihre Schultern warf.
„Suki!“, schrien einige Fotografen, die sie kannten, und zückten ihre Kameras.
Pasquales glühender Blick und die knisternde Spannung im Saal ließen Suki nicht unberührt. Doch sie riss sich zusammen. Und sie lächelte so strahlend in die Menge, wie sie es in ihrem Beruf gelernt hatte.
Entschlossen, die Veranstaltung zu einem grandiosen Erfolg werden zu lassen, posierte sie wie nie zuvor in ihrem Leben. Hatte Pasquale nicht Glamour und Sex-Appeal gewollt? Dann sollte er es auch bekommen! Sie warf Kusshände, hauchte mit ihrem verführerischen Schmollmund, kokettierte mit hinreißenden Unschuldsblicken aus ihren bernsteinfarbenen Augen.
Und die johlende Presse ließ ihre Auslöser fast automatisch in Serie klicken.
Als endlich alle Fotos im Kasten waren, genoss Suki das Gefühl, sich hervorragend geschlagen zu haben. Lange dauerte es aber nicht. Denn Pasquale reagierte völlig anders, als sie es erwartet hatte. Sein Gesicht zeigte einen geradezu schockierten Ausdruck.
Suki seufzte und fuhr sich
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