Wiedersehen an der Cote dAzur
wäre sie auf die Idee gekommen, dass Pasquale Verständnis aufbringen würde. Sie spürte einen Kloß im Hals, und ihr wurde schmerzlich klar, wie sehr sie sich die ganze Zeit danach gesehnt hatte, ihren Kummer und ihre Sorgen mit jemandem zu teilen. Wie schön es wäre, den Kopf an eine starke Schulter legen und sich ausweinen zu können.
Hastig sah sie aus dem Fenster, weil sie spürte, dass ihre Augen feucht wurden. Sie atmete tief durch, konzentrierte sich auf das vorbeiziehende Lichtermeer des abendlichen London und gewann allmählich ihre Fassung wieder.
Dennoch war sie froh, dass sie das Hotel durch den Seiteneingang betraten und Pasquale sie fürsorglich zum Personalaufzug geleitete. Den neugierigen Blicken der gewiss unzähligen Journalisten vor dem Haupteingang fühlte sie sich jetzt nicht gewachsen.
Nachdem er Suki sanft in den Lift geschoben hatte, war die knisternde Spannung zwischen ihnen plötzlich wieder da. Unbehaglich registrierte sie sein Lächeln, das ihr in dem engen Raum unverschämt intim erschien. „Sieh mich nicht so an!“
Er lächelte einfach weiter.
„Du genießt das richtig, was?“, fauchte sie .
„Oh ja, das tue ich tatsächlich“, antwortete er rau. „Denn ich weiß, dass ich bekomme, was ich will.“ Er musterte sie von oben bis unten. „Obwohl es länger dauert, als ich erwartet hätte. In Frankreich waren wir schon sehr viel weiter.“
Suki glaubte, sich verhört zu haben. Er dachte immer noch, er bekäme sie? Womöglich noch in Geschenkpapier eingewickelt? „Wie kann man nur so selbstherrlich und arrogant sein wie du!“
„Hat dir eigentlich schon einmal jemand gesagt, dass du wütend noch erotischer bist?“
Elender Mistkerl! Statt auf ihren Protest zu reagieren, genoss er die Herausforderung. Dabei hatte sie sich vorgenommen, ihn kühl in seine Schranken zu weisen. Aber sie schaffte es einfach nicht. Immer wieder gab er die Regeln vor.
Selbst wenn sie es ihm jetzt vorwerfen würde – er würde sich scheinbar ruhig alles anhören und dann wieder lachen. „Du spielst nach meinen Regeln?“, würde er erstaunt fragen. „Eine wirklich grandiose Vorstellung.“
Sie würde ihn dafür hassen.
Und sich dann von seinen Küssen überwältigen lassen.
Sie bekam weiche Knie. Irgendwie lief alles anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Aber so konnte und durfte es nicht weitergehen. Pasquale würde das nicht noch einmal mit ihr machen. Entschlossen presste sie die Lippen fest zusammen. Auf keinen Fall durfte er ihr Verhalten als Einladung verstehen, um sie zu …
Ruckartig hielt der Lift, und jetzt wurde Suki von einer Nervosität ganz anderer Art erfasst. Draußen hatte sich eine neugierige Menge Fotografen und Journalisten versammelt, die alle gespannt auf das neue Formidable-Girl warteten.
Pasquales Hand berührte ihren Rücken und verströmte eine Kraft, die auch auf ihren Körper überzugehen schien. „Alles in Ordnung?“, raunte er ihr ins Ohr.
„Klar“, antwortete sie kämpferisch und folgte ihm aus dem Lift. Auch wenn sie ihn vor Kurzem am liebsten noch auf den Mond gewünscht hätte, gab seine Nähe ihr jetzt Sicherheit. Umso mehr versetzte es ihr einen Stich, plötzlich eine Frau mit einer aufreizend kehligen Stimme seinen Namen rufen zu hören.
6. KAPITEL
„Pasquale, Darling! Da bist du ja!“, gurrte eine Frau Ende zwanzig in einem knappen Rock, langen Stiefeln und einer Jacke im Military-Look, die den lässigen Schnitt ihrer schwarzen Haare betonte. Sie sah darin nicht nur attraktiv aus, sondern auch kühl und professionell.
Suki schluckte. Neben ihr kam sie sich in ihrem seidigen Hauch von Nichts schutzlos vor und wie auf dem Präsentierteller.
„Ich habe dich eigentlich schon früher erwartet“, flötete die Schwarzhaarige jetzt und berührte Pasquale am Arm.
„Wir sind ja noch rechtzeitig“, erwiderte er und küsste sie zur Begrüßung rechts und links auf die Wange. „Du siehst übrigens gut aus wie immer.“
Suki bemerkte die Vertrautheit zwischen den beiden und spürte irritiert einen Anflug von Eifersucht. Offenbar war die Schwarzhaarige eine Freundin. Doch weitere Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, hatte sie nicht, denn jetzt ergriff Pasquale ihre Hand.
„Stacey, das ist Suki Franklin. Suki, das ist Stacey Lomas, Geschäftsführerin der Werbeagentur Lomas & Lomas“, stellte er sie einander vor.
Stacey warf den Kopf in den Nacken und lachte wieder ihr kehliges Lachen, während sie Suki abschätzig musterte. „Sie
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