Wiedersehen in Barsaloi
Nachdem die Autos ordentlich geparkt wurden, betrete ich nun – zum ersten Mal überhaupt – ein Filmset, und dabei geht es noch dazu um meine eigene Lebensgeschichte! Fast kann ich es nicht glauben!
Am Set
Als Erstes erblicke ich eine richtige Zeltstadt. Links und rechts eines lang gestreckten Areals stehen Hauszelte in Reih und Glied mit jeweils exakt gleichen Abständen dazwischen. Man erkennt sofort, dass hier deutsche Genauigkeit am Werk war. Jedes Zelt sieht wie ein Häuschen mit Vordach aus. Dahinter stehen in etwas größerem Abstand mit Plastikbahnen verkleidete, ungefähr mannshohe Gestelle, die sich als Duschen und Toiletten erweisen. Der erste Eindruck verschlägt mir die Sprache und ich kann nur staunen, welch ein enormer Aufwand notwendig ist, um mein damaliges Leben nachzuspielen, ein Leben, in dem ich nahezu nichts besaß außer einem »Kuhfladenhäuschen«.
Das Zeltdorf liegt wunderschön zwischen zwei Hügeln eingebettet. In der Ferne schimmern die Berge. Wir werden zum Informationszelt geleitet, das mit modernem Hightech ausgestattet ist. Auf Schreibtischen stehen Laptops und Computer, an denen gearbeitet wird. Überall sind Handys an Aufladegeräten angeschlossen und ich freue mich darauf, endlich wieder einmal mit meiner Tochter in Kontakt treten zu können. Sicherlich wartet sie schon ungeduldig und mit gemischten Gefühlen auf ein Lebenszeichen ihrer Mutter.
Den wenigen im Augenblick Anwesenden stellen wir uns vor. Da es Mittagszeit ist, sind die meisten beim Essen oder schon wieder am Dreh. Weil hier offensichtlich alles generalstabsmäßig organisiert ist, bekommt jeder von uns eines der hübschen Zelte zugeteilt, während die für uns zuständigen Personen über unsere Ankunft informiert werden. Bis zu deren Eintreffen wollen wir uns den Pistenstaub abduschen. Ich betrete das mir zugewiesene Zelt und bin begeistert. Da steht tatsächlich ein richtiges Bett, mit frischer Bettwäsche und weißen Frotteetüchern – unglaublich luxuriös nach den letzten Tagen. Ein Tischchen mit Stuhl und ein kleiner Schrank machen die Einrichtung komplett.
Vor dem Zelt taucht ein Afrikaner auf und fragt, ob ich warmes Wasser zum Duschen möchte. Bei etwa vierzig Grad Außentemperatur verzichte ich auf vorgewärmtes Wasser, lasse mir aber dennoch die Dusche erklären. Sie ist sehr originell: Man schlüpft in die schmale und hohe Plastikverkleidung hinter dem Zelt und steht unter einem Brausekopf, an dem eine Schnur befestigt ist. Wenn man daran zieht, funktioniert es wie bei einer Toilettenspülung. Das Wasser, warm oder kalt, je nachdem wie man es bestellt hat, wird vorher in einen Tank oberhalb der Konstruktion eingefüllt. In der anderen Hälfte der Plastikverkleidung befindet sich die Toilette. Sie funktioniert zwar nach dem Plumpsklo-System, da es keine Wasserspülung gibt, ist aber sehr hygienisch ausgestattet. Alles ist sehr einfach und praktisch.
Nach dem erfrischenden Wasserkontakt bin ich froh, wieder einmal Hosen anziehen zu können. Kaum bin ich fertig, ertönt erneut eine Stimme vor dem Zelt: »Madame, your lunch please.« Ich öffne den Reißverschluss und glaube zu träumen. Ein lächelnder Boy hält mir ein Tablett mit Silberhaube entgegen. Ich setze mich an mein Tischchen und staune über das, was ich unter der Haube vorfinde: eine Vorspeise, ein Hauptgericht, ein Dessert und verschiedene Früchte – alles wunderschön dekoriert. Natürlich genieße ich jeden einzelnen Bissen. Es ist erstaunlich, wie sehr sich die Einstellung zum Essen verändert, sobald man sich eine Zeit lang einschränken und auf einiges verzichten muss. Ich kenne dieses Phänomen allzu gut aus meinen Hungerzeiten in Barsaloi. Da hatte ich zwar Geld, aber keine Möglichkeit, auch nur die einfachsten Lebensmittel zu kaufen, weil die Flüsse für Wochen nicht mehr passierbar waren und es deshalb einfach nichts gab. Doch jetzt, in dieser Minute, komme ich mir vor wie auf einer Luxussafari.
Nach der köstlichen Mahlzeit treffe ich auf Albert, der bereits mit dem Produzenten Günter Rohrbach zusammensitzt. Wir begrüßen uns sehr herzlich und er befragt mich nach meinen ersten Eindrücken. Zunächst könne ich mich ja nur über den Mzungu-Teil äußern, da ich vom Drehort noch nicht viel mitbekommen habe, erkläre ich ihm lachend. Er ist sofort bereit, uns noch heute den Kral zu zeigen, und morgen werden wir das nachgebaute Barsaloi besichtigen. Nach wenigen Minuten Autofahrt erreichen wir den bereits vor einigen
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