Wiedersehen in Barsaloi
zum Drehen im nachgebauten Barsaloi. Ich kann es kaum erwarten, morgen den Drehort zu besichtigen.
Albert, Klaus und ich sitzen mit dem Produzenten bereits im Dinnerzelt und beobachten, wie das Essen für weit über hundert Personen angerichtet wird. Mehrere kenianische Hilfskräfte arbeiten unter der Regie von Rolf Schmid, einem Deutschen, der seit vielen Jahren in Kenia lebt und Gastronomie betreibt. Was den Catering-Service für in Kenia arbeitende Filmteams betrifft, ist er ein erfahrener Profi. Er hat bereits bei vielen Filmen für das leibliche Wohl der Mitarbeiter gesorgt, unter anderem bei »Jenseits von Afrika« mit Robert Redford und Meryl Streep sowie bei Caroline Links Film »Nirgendwo in Afrika«. Nach Aussage vieler Fachleute ist er der wohl beste »Caterer« in ganz Kenia. Wenn ich mir vorstelle, dass alles, was hier aufgetischt wird, in großen Lastwagen aus Nairobi angefahren werden muss, erfüllt mich die logistische Leistung eines solchen Unternehmens mit Bewunderung und großem Respekt.
Allmählich füllt sich das Zelt. Als Hermine, die Regisseurin, erscheint, freue ich mich sehr, sie begrüßen zu können. Schon bei unserer ersten Begegnung war sie mir sehr sympathisch und ich fühlte meine Geschichte bei ihr gut aufgehoben. Auch freue ich mich, dass eine Frau die Regie führt. Endlich taucht auch Nina auf. Sofort sehe ich, dass sie meiner Rolle zumindest äußerlich voll entspricht. Groß, schlank, blond – so ähnlich sah ich vor achtzehn Jahren tatsächlich aus. Auch mit ihrer Ausstrahlung kann ich mich identifizieren, was mich sehr erleichtert. Neugierig begrüßen wir uns und sitzen während des Essens nebeneinander. Aufgrund der doch recht außergewöhnlichen Situation fühle ich mich leicht gehemmt und denke, dass es ihr nicht viel anders ergeht. Schräg gegenüber gesellt sich der italienische Schauspieler, der im Film Pater Giuliani spielt, an unseren Tisch. Er gefällt mir, auch wenn er dem »Original« nur wenig ähnlich sieht. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass er wie Giuliani sehr energisch reagieren kann.
Dann erscheint Jacky Ido, mit Filmnamen Lemalian, der Lketinga spielt. Hier beim Abendessen ist er normal gekleidet und sein Äußeres erscheint mir weit entfernt vom Aussehen eines Samburu. Ich bemühe mich, meine erste Irritation nicht zu zeigen. Als ich ihn begrüße, erkenne ich zumindest um die Augenpartie eine gewisse Ähnlichkeit mit meinem Ex-Mann und seinem damaligen Aussehen. Schon beim ersten Wortwechsel spüre ich seine angenehme, sympathische und herzliche Ausstrahlung. Auch die Körpergröße stimmt annähernd. Ich bin gespannt, wie er morgen nach der Maske aussieht. Er erzählt mir, dass er für die Verwandlung in einen traditionellen Samburu jeden Tag zwei Stunden benötigt. Da er nichts dagegen hat, möchte ich mir morgen dieses Kunststück nicht entgehen lassen und dabei zuschauen.
Ich lausche den verschiedenen Gesprächen und merke, dass alle sehr müde und erschöpft sind. Die Drehtage sind lang und die Hitze tut ihr Übriges. Doch das Essen entschädigt für vieles. Das Dessertbuffet kann locker mit einem Vier-Sterne-Hotel konkurrieren, obwohl es draußen im Busch unter dem Sternenhimmel steht.
So sehr ich diesen Luxus heute auch genieße – damals, als ich hier im Busch lebte, brauchte ich nichts davon. Dafür machte mich die Liebe zu Lketinga enorm stark und überlebensfähig. Denn ich lebte und spürte sie und konnte dadurch sprichwörtlich Berge versetzen. Hier dagegen sitzen Menschen um mich herum, die lediglich für drei Monate unter erschwerten Bedingungen arbeiten. Wahrscheinlich verblasst für sie die Schönheit und Romantik dieser Gegend allmählich, da sie weit weg von ihren Lieben und ihrem Zuhause sind. Ich kann es gut nachvollziehen, würde gerne noch vieles fragen, spüre aber, dass der Zeitpunkt für derartige Gespräche nicht geeignet ist.
Der Produzent hält eine kleine Rede, stellt mich dabei vor und so weiß nun jeder hier, wer ich bin. Schon bald nach dem Essen ziehen sich die Hauptdarsteller zurück. Nina möchte noch ihren morgigen Text einstudieren und Jacky muss wegen der zweistündigen Vorbereitung in der Maske sehr früh aufstehen. Auch wir trinken das letzte Glas Wein und verlassen das Essenszelt.
Etwas abseits brennt ein Lagerfeuer und einige Stühle stehen im Halbkreis herum. Ich setze mich und genieße den Blick ins knisternde Feuer. Nach einer Weile gesellen sich eine Samburu-Mutter und ein etwa achtjähriges,
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