Wiedersehen in Barsaloi
Monaten eigens für den Film erstellten Kral. In ihm leben seitdem traditionelle Samburu-Familien, die in dem Film mitwirken. Was ich hier sehe, beeindruckt mich stark. Alles ist haargenau nachgestellt. Die Manyattas sehen aus wie die von Mama in Barsaloi.
Da die Samburu hier tatsächlich leben, ist auch das Alltagsleben authentisch. Überall sitzen Mütter mit ihren Kleinkindern vor den Hütten. Die einen säubern die Kinder, andere waschen ihre Kangas. An der Dornenumzäunung hängen verschiedene Kleidungsstücke zum Trocknen. Das ist für mich im ersten Moment der einzige erkennbare Unterschied: Kinder und Erwachsene tragen sehr saubere Kleidung. Wahrscheinlich liegt der Grund darin, dass sie das Wasser, das täglich in großen Lastwagen für das Filmteam angefahren wird, mitbenutzen können.
Ansonsten sieht das Manyattadorf aus, als lebten diese Menschen schon seit Jahren hier. Jedes Detail stimmt. Ich bin unglaublich froh, dass nichts verfälscht wurde. Immer wieder kommen uns schön geschmückte Mädchen entgegen. Dabei fällt mir sofort auf, dass sie sich neuerdings zum Schmücken bunte Plastikblumen anstelle von Vogelfedern auf den Kopf stecken. Für mich sieht es komisch aus, für sie jedoch ist Plastik in dieser Form ein neues Material, das für die Mädchen und Krieger etwas Besonderes und Luxuriöses bedeutet.
Wir schlendern durch den Kral und werden von den Bewohnern interessiert oder leicht amüsiert beobachtet. Sie wissen nicht, dass ich diejenige bin, die einmal so mit ihrem Stamm lebte, und deshalb diese Geschichte hier nachinszeniert wird. Nach einer Weile stehen wir vor einer etwas größeren unbewohnten Hütte. Wie ich höre, wird sie für die Innenaufnahmen benutzt. Sie stellt meine ehemalige Manyatta dar. Natürlich muss ich sofort hineinschlüpfen und stelle fest, dass auch hier alles mit Sorgfalt und detailgetreu eingerichtet wurde. Nach diesen Eindrücken bin ich überzeugt und ein wenig auch mit Stolz erfüllt, dass mit diesem Film die einzigartige Kultur der Samburu, die es in dieser Form vielleicht nicht mehr allzu lange geben wird, gezeigt und festgehalten wird.
Zur Teezeit stehen wir schon wieder vor einem üppigen Angebot von Säften, Tee, Kaffee und verschiedenen Häppchen. Wir sind es gar nicht mehr gewöhnt, alle Naselang etwas vorgesetzt zu bekommen, genießen es jedoch in vollen Zügen. Allmählich spricht es sich im Camp herum, dass die »echte« weiße Massai angekommen ist. Jemand begrüßt mich freudig mit den Worten: »Schön, dass ich Sie persönlich kennen lernen kann. Sie haben ein außergewöhnliches Leben geführt, ich bewundere Sie. Ohne ihren damaligen Mut wären wir heute alle nicht hier und wahrscheinlich nie in diese herrliche Gegend mit den wunderbaren Samburu gekommen. Vielen Dank dafür.« Ich bin gerührt und weiß natürlich nicht, was ich darauf antworten soll.
Jetzt wünsche ich mir, dass Lketinga diese Seite einmal erleben würde und sehen könnte, wie viele Menschen weltweit an unserer Geschichte Anteil nehmen und dabei auch für ihn und seine Familie positive Worte übermitteln. Zu Hause erlebe ich das täglich durch die vielen Zuschriften und E-Mails oder persönlich bei Lesungen und sogar im Alltag auf der Straße. Ihn hingegen erreichen in Barsaloi offensichtlich nur schlechte Nachrichten. Irgendwie bereue ich es ein wenig, dass er all das hier nicht sehen und hören kann. Ich werde ihm beim Fest alles erzählen und später Fotos schicken, beruhige ich mich.
Mit ein paar Filmleuten kann ich mich kurz unterhalten, sei es mit der Kostümbildnerin aus Südafrika, die trotz des aufregenden Abenteuers langsam Heimweh verspürt, oder mit dem freundlichen Maskenbildner aus Deutschland. Jemand zeigt mir die in einiger Entfernung stehende, nur für die Zeit der Dreharbeiten errichtete Handy-Antenne. Große Generatoren erzeugen den benötigten Strom. Unglaublich, welche Mengen an Arbeitsmaterial sie hierher in den Busch transportieren mussten! Es ist nur zu hoffen, dass der Regen die Crew nicht überrascht.
Während am Nachmittag das Leben im Camp unter der schwirrenden und flimmernden Gluthitze wie ausgestorben scheint, wird es nach Einbruch der Dunkelheit lebendig. Aus allen Richtungen strömen Menschen nach getaner Arbeit in die umstehenden Zelte. Der Weg dorthin ist mit Petroleumlampen ausgeleuchtet. Auf offenen Feuerstellen wird das Duschwasser in großen Fässern erwärmt und im Inneren der Hauszelte wird geschäftig hantiert. Die meisten waren heute
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