Wiedersehen in Barsaloi
normalerweise zu Bett.
Während wir Giulianis Erzählungen lauschen, erkenne ich an den gegenüberliegenden Hügeln kleine, flackernde Feuerscheine, die wohl von den Kochstellen der Manyattas stammen. Ab und an dringen, vom Wind hergetragen, Menschenstimmen zu uns. Es ist absolut einsam und friedlich. Giuliani jedoch liegt kaum zehn Minuten ruhig, dann springt er auf, um etwas zu erledigen. Ich nutze die Gelegenheit und lege mich auf das Eisengestell, um die Sterne aus der Waagrechten zu betrachten. Der Mond ist voll und von einem hellen Hof umgeben. Die Sterne hängen so tief, dass man sie pflücken möchte. In diesem Moment fühle ich mich eins mit der Natur und mich ergreift ein richtiges Hochgefühl.
Giuliani kommt zurück und fragt lachend: »Corinne, gefällt dir dieses Bett? Ich habe es selbst gebaut. Wenn du willst, kannst du hier draußen schlafen, ich mache das manchmal auch.«
So etwas muss man mir nicht zweimal anbieten – natürlich will ich! Ich hole meine dünne Matratze, den Schlafsack und zwei Decken und richte auf dem Gestell ein kuscheliges Bett her. Meine Begleiter schauen etwas skeptisch und Klaus fragt: »Ist das dein Ernst, willst du wirklich draußen schlafen? Du weißt doch nicht, was hier nachts so alles rumkrabbelt!« »Kein Problem, Klaus, das muss jetzt sein. Eine Nacht hier im Busch unter freiem Himmel ersetzt mir die verpasste Nacht in Mamas Manyatta«, erwidere ich freudig.
Alle besuchen, mit einer Taschenlampe ausgerüstet, noch einmal das »Bad«, bevor jeder seinen Schlafplatz aufsucht. Die Fahrer klettern unter die Plane auf dem Laster und Albert und Klaus verschwinden in ihrer »Konservendose«. Ich schlüpfe in den leichten Schlafsack, lege die Decken darüber und ziehe die Kapuze meines Trainingsanzugs über den Kopf, da es in der Nacht kalt werden wird. Es ist herrlich und ich könnte jauchzen vor Freude! Ich habe den Eindruck, am Ende der Welt angekommen zu sein, und fühle mich frei und leicht und winzig klein im Angesicht des Universums. Auch vermeintliche Probleme erscheinen auf einmal unbedeutend und unwichtig. Unentwegt schaue ich zum Himmel und erkenne immer wieder neue Sternbilder. Weit oben hinter einem dunklen Hügel erscheint plötzlich ein blinkendes Licht. Bald ist mir klar, dass es sich um ein Flugzeug handelt, das in 10.000 Meter Höhe über mich hinwegfliegt, irgendwohin.
Giuliani hantiert ein letztes Mal in seiner Küche, bis auch dort das Licht ausgeht. Die Fahrer diskutieren noch leise in ihrer Sprache, dann ist es endgültig still. Meine Gedanken kehren nach Barsaloi zu meiner Familie zurück. Ich frage mich, wie wohl morgen das Fest verlaufen wird und wie viele Menschen vorbeikommen werden. Zugleich steht uns dann der Abschied bevor. Doch schnell verdränge ich diesen Gedanken, da er mein momentanes Glücksgefühl merklich dämpft.
Hie und da raschelt es, aber es kümmert mich nicht, denn ich liege einen Meter über dem Boden. Die Luft ist rein und klar. Als mich die Müdigkeit überfällt, bedanke ich mich in einem leisen Gebet für das bis jetzt gelungene Wiedersehen in Barsaloi und Sererit und schlafe ein. Mitten in der Nacht wache ich noch einmal auf. Meine Nasenspitze ist kalt, die Decken sind vom Bettgestell gerutscht und eine kleine Katze schläft darauf. Erneut niste ich mich ein und das kleine Kätzchen liegt nun schnurrend neben mir. In der Ferne höre ich mehrmals das Brüllen einer Raubkatze. Entweder ein Löwe oder ein Leopard, überlege ich kurz, bevor ich wieder einschlafe. Am nächsten Morgen erfahre ich von Giuliani, dass es sich um einen der hier noch relativ zahlreich lebenden Leoparden handelte.
Gottesdienst in den Ndoto-Bergen
Heute ist nicht nur Sonntag, sondern auch Alberts Geburtstag. Natürlich möchte er es verheimlichen, was ihm selbstverständlich nicht gelingt. Dafür habe ich vorgesorgt. Schon zum Frühstück wird ein Ständchen geträllert, wobei Giulianis Stimme alle anderen übertönt. Danach muss der Pater sich vorbereiten und uns bleibt bis zur Messe noch eine Stunde Zeit. Klaus nimmt seine Kameraausrüstung und wir drei marschieren den Weg entlang, auf dem gestern die Kühe nach Hause trabten. Nach kurzer Zeit erreichen wir das ausgetrocknete Flussbett, das von schönen Felsen durchzogen ist. Klaus und ich finden, dies sei der richtige Platz, um Alberts Geburtstag den gebührenden Rahmen zu verleihen. Wir setzen uns auf Felsen und ich überreiche ihm meine Geschenke, während Klaus filmt. Schließlich kann nicht
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