Wiedersehen in den Highlands - Roman
verstrichen, ohne dass ihr Bauch je anschwoll. Es mangelte ihr an jeglichen mütterlichen Instinkten, und sie empfand nichts als Verachtung für jene Ehefrauen, die sich in unterwürfige Gebärmaschinen verwandelten.
Während sie über die »Sündhaftigkeit« anderer lautstark ihre Abscheu bekundete, hatte Eunice die Zeit ihrer Ehe genutzt, um einer zügellosen Neigung zum Beischlaf zu frönen. Daher war es ein Schock gewesen, als ihr Mann vor neun Jahren nicht nur eine, sondern gleich zwei der blutjungen Fischmädchen geschwängert hatte, die an den Kais Heringe ausnahmen, und sie und ihre kreischende Brut angeschleppt hatte, damit sie sich Unterkunft und Verpflegung künftig mit ihm und Eunice teilten.
Bald darauf – um genau zu sein, sehr bald darauf – hatte Eunice ihren Ehemann und seine fruchtbaren Fischmädchen verlassen, um die Missbilligung der Kirche und die Schmähungen der Gemeinde über sich ergehen zu lassen, und sich um eine Anstellung im Haushalt von Mr. Neville Hewitt beworben. Mit einer kränkelnden Ehefrau und einem kleinen Kind, die es zu versorgen galt, hatte der wohlhabende Flachskaufmann per Anzeige nach einer fähigen Haushälterin gesucht, die sich um seine häuslichen Angelegenheiten kümmerte. Mrs. Eunice Prole, nach einer Witwe das Zweitbeste, was zu haben war, hatte die Stellung auf bewundernswerte Weise ausgefüllt, und schon lange bevor die gebrechliche Mrs. Hewitt vor ihren Schöpfer getreten war, war Mrs. Proles Können in der Küche nur noch von ihrem Talent im Schlafzimmer übertroffen worden.
Das Alter hatte Eunice’ Reizen nichts anhaben können, jedenfalls nicht viel. Sie verstand es noch immer geschickt, ihren Arbeitgeber um den kleinen Finger zu wickeln und seine hübsche Tochter Rose im Zaum zu halten. Ihre Autorität war bis jetzt selten infrage gestellt worden.
Das Letzte, was Mrs. Prole brauchte, um rank und schlank zu erscheinen, war ein Korsett. Sie besaß dieses Kleidungsstück seit ihrer Brautnacht und benutzte es heutzutage nicht, um irgendwelche fleischigen Wülste einzuschnüren, sondern um sicherzustellen, dass sie hervortraten, eine Funktion, die die verblasste Seide des Korsetts durchaus erfolgreich ausfüllte, vor allem in Kombination mit einem ärmellosen Untermieder und einem Kleid, das kaum mehr als ein Dekolleté war.
Trotz seiner köchelnden Wut konnte Neville Hewitt die Augen von diesem weichen und nur leicht faltigen Anblick nicht abwenden.
Während sie auf Hewitts Schoß saß und ein Glas Wein an seine Lippen führte, sagte Eunice Prole: »Hat sie denn etwas von dem Abendbrot gegessen, das ich ihr hochgeschickt habe?«
»Nicht einen Bissen.«
»Hat sie gebadet?«
»Sie hat sich das Blut abgewaschen – hat ihre Arme und Beine gebadet und die Salbe aufgetragen.«
»Eine sehr gute Salbe«, bemerkte Eunice Prole. »Ich habe sie selbst schon benutzt.«
»Tatsächlich?«, fragte Neville. »Brennt sie?«
»Nur wenn sie achtlos an empfindlichen weiblichen Körperstellen aufgetragen wird.«
»Verstehe!«, sagte Neville. »Wird sie Narbenbildung verhindern, was meinst du?«
»Narben?« Eunice wand sich schuldbewusst. »Sie wird doch keine Narben davontragen?«
»Eunice«, sagte Neville Hewitt, »du hättest sie um ein Haar getötet.«
»Ich muss gestehen, ich habe die Beherrschung verloren.«
»Nun, meine Liebe, du darfst die Beherrschung nicht noch einmal verlieren. Du darfst sie nicht mehr bestrafen, jedenfalls nicht mit der Weidenrute. Wenn ich’s mir recht überlege, verbiete ich dir von jetzt an, Rose auch nur ein Haar zu krümmen.«
»Aber Neville! Nach dem, was sie getan hat ...«
»Was Brodie getan hat, meinst du wohl.«
»Brodie, aye. Zweifellos hat Thomas Brodie sie aufgestachelt. Doch Rose trifft zumindest ein Teil der Schuld. Wie soll sie denn diszipliniert – ich meine, geschützt – werden, wenn ich sie nicht bestrafen darf?«
»Sie ist zu kostbar, um bestraft zu werden.«
»Kostbar?«
Der Flachsfabrikant schob die Haushälterin von seinen Knien und erhob sich. Er war ein ganzes Stück kleiner als Mrs. Prole und hätte, wenn er es gewollt hätte, seine Nasenspitze leicht in dem Spalt zwischen ihren Brüsten vergraben können.
Stattdessen trat er ein paar Schritte beiseite, brachte den ovalen Tisch zwischen sie beide und stützte sich darauf. »Meine Tochter ist sechzehn Jahre alt, Eunice, und das schönste Geschöpf auf dieser Seite des Paradieses.«
»Sie ist hübsch genug, nehme ich an«, räumte Eunice ein.
»Sie
Weitere Kostenlose Bücher