Wiedersehen in den Highlands - Roman
den Teller abtragen. Wird für unseren hohen Besuch Fleisch aufgetischt werden?«
»Ochsenzunge.«
»Ein fürstliches Mahl«, sagte Rose anerkennend.
Mrs. Prole hob einen Arm, dann senkte sie ihn wieder. Sie richtete jedoch einen Zeigefinger auf Rose und befahl der Tochter des Hausherrn in einem halb warnenden, halb gebieterischen Ton, ihre Zunge zu hüten.
»Oder was?«, lächelte Rose. »Oder was, meine liebe Mrs. Prole?«
Die Haushälterin hatte keine Antwort auf diese Frage parat, und gründlich verwirrt von Rose’ wissendem Ton zog sie sich nach unten zurück, um noch einen Schwung Scones zu backen.
»Lucas, was für eine angenehme Überraschung!« Rose Hewitt hielt dem jungen Mann die Hand hin, aber er schien nicht zu wissen, was er damit anfangen sollte. Rose schenkte stattdessen Daddy Fergusson ihr einnehmendstes Lächeln. »Wie aufmerksam von Ihnen, Lucas zu diesem Besuch mitzubringen, Mr. Fergusson! Es ist viele Jahre her, seit Ihr Sohn und ich uns einander zuletzt persönlich begegnet sind – bei einer Predigt in St. Quivox, wenn ich mich recht erinnere. Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, er ist zu einem überaus gut aussehenden jungen Mann herangewachsen.«
»Tatsächlich?« In der vergeblichen Hoffnung, ihn erröten zu sehen, warf Walter Fergusson einen Blick auf seinen einzigen Sohn. »Aye, Miss Hewitt, ich nehme an, da haben Sie recht.«
»Ich bitte Sie, Mr. Fergusson, lassen Sie uns auf die Förmlichkeiten verzichten! Bitte nennen Sie mich Rose, wie Sie es getan haben, seit ich ein kleines Mädchen war, als Sie Mama besuchten, wenn Papa nicht zu Hause war, und mich, wie ich mich erinnere, in die Wange kniffen und mir Naschwerk gaben.« Rose wies mit einer Hand zur Tür. »Apropos Papa, ich muss mich in seinem Namen entschuldigen. Ich nehme an, er wurde in der Manufaktur aufgehalten – oder Ihre Ankunft war vielleicht verfrüht.«
»Ein klein wenig vielleicht«, räumte Walter Fergusson ein, »eine Minute oder zwei.«
»Eine Viertelstunde, glaube ich«, sagte Rose. »Aber was spielt Zeit schon für eine Rolle, wenn alte Freunde wieder zusammengeführt werden?«
»Aye, alte Freunde«, knurrte Lucas in Erwiderung auf einen Rippenstoß seines Vaters. »Recht haben Sie, Miss ... äh ...«
Rose fragte sich, ob Lucas ihren Namen schon vergessen hatte oder ob er gar nicht wusste, in wessen Salon er gezerrt worden war, ganz zu schweigen von dem Grund dafür.
Sie hatte nicht lange gebraucht, um zu begreifen, dass ihr Vater versuchen würde, sie an den erstbesten Bewerber mit irgendeinem Stammbaum zu verheiraten, jetzt, da bereits ein zerlumpter Liebhaber in den Kulissen lauerte. Fergussons minderbemittelter Sohn war genau die Art Bursche, die Papa auswählen würde, da Zweckmäßigkeit das Gebot der Stunde und der Idiot so passend zur Hand war.
Im Ruhezustand waren Lucas Fergussons Züge unauffällig. Seine Wimpern schienen einen Ton zu hell zu sein, und sein Mund war einen Hauch zu mädchenhaft, aber Rose hatte schon hässlichere junge Männer in der Stadt und ihrer Umgebung gesehen. Erst wenn man seine Augen sah, so blass, dass sie fast durchsichtig zu sein schienen, und so leer wie ein unbewohntes Haus, begriff man, dass im Kopf des jungen Mr. Fergusson in Sachen Intelligenz nicht allzu viel los war.
»Wollen wir mit dem Tee vielleicht noch warten?«, fragte sie. »Es sind nur noch fünf Minuten bis vier Uhr, und ich rechne jeden Augenblick damit, dass Papa zur Tür hereinstürmt. Aber wenn Sie sehr großen Hunger haben, werde ich die Haushälterin anweisen, unverzüglich aufzutragen.«
»Tee?« Lucas leckte sich die Lippen. »Gibt es auch Kuchen, ja?«
»Scones mit Brombeergelee«, antwortete Rose. »Mögen Sie Scones, Lucas?«
»Ich mag Kuchen.«
»Nun, vielleicht wird es auch Kuchen geben«, erwiderte Rose. »Sagen Sie, Mr. Fergusson, welcher Art ist das Geschäft, das Sie veranlasst, uns mit einem angekündigten Besuch zu beehren? Betrifft es Flachs oder Getreide oder vielleicht Vieh?«
»Nein, es ... äh ...«
»Betrifft es mich?«
»Warum sollte es denn Sie betreffen?«, entgegnete Walter Fergusson. »Hat Ihr Daddy irgendetwas Unpassendes gesagt?«
»Mein Daddy hat gar nichts gesagt«, antwortete Rose. »Aber da Ihre Frau nicht mitgekommen ist, dachte ich, Sie hätten vielleicht selbst die Rolle des Vermittlers übernommen.«
»Um wobei zu vermitteln?«, fragte Walter vorsichtig.
»Um sicherzustellen, dass auch alles seine Ordnung hat«, sagte Rose. »Ich finde eine
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