Wiedersehen in den Highlands - Roman
Haare schauten unter der Mütze hervor wie die Stacheln eines Igels – und doch, fand Betsy, hatte er nie männlicher ausgesehen als in diesem Augenblick.
»Was starrst du denn so?«, fragte er.
Betsy wies mit einem Nicken auf die Säcke, die sie an diesem Morgen in aller Frühe hergebracht hatte. »Soll ich den Pferden ihr Heu geben?«
»Oh, aye«, sagte Tom, »die Pferde müssen gefüttert werden. Ich kümmere mich schon darum.« Schließlich sah er sie an. »Was stehst du denn noch hier herum? Hast du keine Arbeit zu erledigen?«
»Mehr als genug«, erwiderte Betsy. »Wollen Sie nicht, dass ich bleibe?«
»Hat Henry dich geschickt, damit du dich um mich kümmerst?«
»Nein.«
»Wo ist er?«
»Im Haus.«
»Redet mit meinem Vater, nehme ich an?«
»Aye«, sagte Betsy.
»Geht es ihm schlecht, meinem Daddy?«
»Aye, es geht ihm schlecht.«
»Und Henry?«
»Hat sich beruhigt.«
Tom wischte sich den Mund mit den Enden seines Schals ab. »Wenn er losgestürzt wäre, um Hewitt zu ermorden, dann wäre ich um meine Gelegenheit gebracht worden.«
»Gelegenheit?«, fragte Betsy. »Was denn für eine Gelegenheit?«
»Rose Hewitt zu heiraten«, antwortete Tom. »Rose würde sich nicht sehr gut machen an der Seite eines Mannes, dessen Bruder ihren Vater abgeschlachtet hat, oder?« Er riss das Päckchen auf und spielte mit dem Brot. »Meinst du etwa, ich habe Henry davon abgehalten, wutschnaubend loszustürmen, weil ich ein Gewissen habe? Nein, nein! Ich würde diesem Dreckskerl Hewitt selbst den Bauch aufschlitzen, wenn er nicht Rose’ Vater wäre.«
»Sind Sie in Rose Hewitt verliebt?«, wollte Betsy wissen.
Tom schürzte die Lippen und hob das Kinn. »Das bin ich allerdings«, antwortete er, »aber ich werde sie durch gutes Zureden aus den Klauen dieses Scheusals von Vater winden müssen, bevor er sie erdrückt.«
»Mit ihr durchbrennen, meinen Sie?«
»Wenn es darauf hinausläuft, aye.«
»Und Ihre Mammy, Ihre Schwester: Was wird aus ihnen werden?«
»Henry wird sich um sie kümmern.«
»Sie sind des Teufels, Tom Brodie«, sagte Betsy, »mit einem Mädchen durchzubrennen, das Sie kaum kennen, und es Ihrem Bruder zu überlassen, die Schulden Ihres Daddys zu tilgen. Ist das der Grund, weshalb Sie so versessen darauf sind, dieses Feld zu besäen – um Ihr Gewissen zu beruhigen? Aye, nun, ich denke, Ihr Daddy hat zu Recht Angst um Sie.«
»Mein Daddy wird den Monat nicht überleben«, gab Tom zurück. »Ich werde ihn anständig begraben, wie du es mir gesagt hast, aber danach«, er zuckte mit den Schultern, »danach werde ich frei sein, um in dieser elenden Welt meinen eigenen Weg zu gehen.«
»Und sie, Rose Hewitt, mitnehmen?«
»Sie ist, was ich will.«
»Ist das das Einzige, was zählt – was Sie wollen?«
In einem Anfall von Wut schleuderte er sein Essen auf den Boden. »Bei Gott«, fauchte er, »bist du zu dumm, um zu sehen, was vor deiner Nase vor sich geht, Betsy? Hat dieser Pferdetritt, als du klein warst, dein Gehirn denn völlig verwirrt?«
»Hören Sie auf«, sagte Betsy. »Um Himmels willen, Tom, hören Sie auf!«
»Dieser gebrochene Mann, mein Daddy, dieser verkümmerte Knochensack, ist kaum fünfzig Jahre alt – und er hat sich sein Leben lang für die Gewinne anderer abgerackert. Er hat Gott in Ehren gehalten, hat Seinen Namen gepriesen und um Vergebung für Sünden gebetet, die zu begehen er nie die Gelegenheit hatte. Und was hat es ihm eingebracht? Ein Bett in einer Hütte am Ende der Welt, wo er sich das Blut aus dem Leib hustet, während irgendein Schnösel, der sich nicht einmal selbst den Arsch abwischen kann, Geld von ihm eintreibt. Wo ist da der Dank für meinen Daddy? Wo ist sein Lohn? Sag mir das, Betsy McBride! Nun, ich werde nicht in diese Falle tappen. Was ich will, das werde ich mir nehmen.«
»Und den Preis dafür bezahlen?«, fragte Betsy, die die Tränen kaum noch zurückhalten konnte.
»Was ist denn der Preis? Zwanzig Schilling den Acre für einen Boden, der so sauer ist, dass er kaum Unkraut trägt? Ein Nicken von Gottes Stellvertreter in der Kirche am Sonntag? Die gute Meinung der Männer, die sich einen Dreck darum scheren, ob du lebst oder stirbst? Wo bleibt da die Würde, sag mir das! Nein, nein! Ich werde meinen Dank jetzt bekommen, ich werde mir meinen Lohn selbst schnappen.«
»Und in der Hölle dafür schmoren«, erwiderte Betsy. Damit wandte sie sich auf dem Absatz um und stolperte über die Furchen zurück zum Gatter. Sie rannte über den Acker,
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