Wiedersehen in den Highlands - Roman
des Wahnsinns taumelt, wie ich befürchte.«
»Die Trauer hat ihn fest im Griff, nehme ich an«, sagte der Pfarrer.
Und Henry schüttelte den Kopf und erwiderte: »Die Schuldgefühle.«
Betsy war nicht gänzlich verwundert, Mr. Turbot in der Scheune anzutreffen. Sie war jedoch entsetzt, zu seinen Füßen Tom auf den Knien zu sehen, das Gesicht gezeichnet von irgendeiner Emotion, die Betsy nicht zu deuten wusste. Der gütige alte Pfarrer strich Tom übers Haar, als wäre er ein Kind oder ein Hütehund. Henry zog Betsy in die kleine Gasse zwischen der Scheune und dem Cottage-Giebel und wandte sich in einem krächzenden Ton an sie, der eher Wut als Schmerz zu verraten schien.
»Halt du dich da raus, Betsy!«, befahl er ihr. »Und halt auch Janet raus! Sag ihr, dass Tom krank ist!«
»Ist er denn krank?«, fragte Betsy.
»Ich befürchte, er könnte den Verstand verlieren.«
»Soll ich nach Drennan laufen und Mr. Glendinning holen?«
»Tom ist bei Mr. Turbot besser aufgehoben«, erwiderte Henry. »Es ist eine Störung des Geistes, nicht des Körpers. Ich hoffe bei Gott, dass wir heute Abend nicht allzu viele Brüder empfangen müssen. Tom ist nicht in der Verfassung, irgendjemanden zu begrüßen.«
»Was hat er denn? Ist sein Herz gebrochen?«
»Er gibt sich die Schuld an Vaters Tod. Das ist unsinnig, ich weiß, doch sein Kopf ist voller düsterer Ahnungen.« Henry schlang einen Arm um ihre Taille und legte seufzend den Kopf an ihre Schulter. »Ich fürchte um seine geistige Gesundheit, Betsy, ich fürchte wirklich um sie.«
»Vielleicht wird er nach der Beerdigung genesen.«
»Vielleicht«, sagte Henry. »Aber bis dahin besteht er darauf, die ganze Nacht bei dem Leichnam zu sitzen. Ich wusste ja, dass Tom es sich sehr zu Herzen nehmen würde, aber ich hätte nicht gedacht, dass es so weit kommen würde.«
»Möchten Sie, dass ich bei ihm bleibe?«
»Nein, ich werde die erste Wache übernehmen«, antwortete Henry, »und meine Mutter die zweite. Janet werden wir da besser heraushalten. Sie würde Tom mit ihrem Geplapper nur aus der Fassung bringen. Meine Mutter und ich werden dafür sorgen, dass er nicht überstürzt handelt.«
»Überstürzt handelt?«
»Sich etwas antut«, sagte Henry.
Betsy lief es eiskalt über den Rücken. »Welchen Grund sollte er denn dafür haben?«
»Er ist besessen von dem Gedanken, dass er Daddy ermordet hat und Buße tun muss.«
»Wie kommt er denn nur darauf, wenn er sich gar nichts hat zuschulden kommen lassen?«
»Das weiß nur Gott!« Henry nahm Betsy beim Arm und führte sie in den Hof. »Tom ist nicht er selbst. Achte nicht auf ihn, ganz gleich, was er dir erzählt! Hast du mich verstanden, Betsy?«
»Das habe ich«, sagte sie, obwohl sie sich da alles andere als sicher war.
11
Wenn es einen Anblick gab, der Betsys Herz höherschlagen ließ, dann war es der Connor McCaskies, ihres riesigen, zerzausten Vetters, der den Weg hochgeritten kam. Er saß auf einem Pony, das zu klein für seine massige Gestalt zu sein schien, und hatte die langen Beine angezogen, damit seine Stiefel nicht auf dem Boden schleiften. Aber das Pony war kräftig genug, um nicht nur Conns Gewicht zu tragen, sondern auch zwei große, in grobes Leinen gewickelte Bündel, die über den Sattel geschnallt waren.
»Holla, mein Schatz!«, rief Conn. »Wo ist diese feierliche Totenwache, von der ich gehört habe? Gibt es dort einen Schluck zu trinken, ein warmes Feuer, um meine Knochen aufzutauen, und vielleicht auch einen Happen zu essen?« Er stemmte sich aus dem Sattel. »Ich bin am Verhungern.«
Betsy stürzte aus dem Cottage und warf sich so ungestüm in Conns Arme, dass er ins Taumeln kam. Er schlang die Arme um sie und hob sie in die Luft, und die Begrüßung entwickelte sich zu einem wilden Tanz, dessen ungebührliche Ausgelassenheit Tom schließlich aus seiner Totenwache riss.
Am Samstagabend waren ein halbes Dutzend Freimaurer den Hügel hochgestapft, zusammen mit einigen von Toms Kumpeln aus dem Junggesellen-Club. Es hatte eine Art Feier gegeben, eine zurückhaltende Angelegenheit. Tom hatte sich geweigert, die Scheune zu verlassen, und war kaum höflich zu diesen braven Seelen gewesen, die sich eingefunden hatten, um ihr Beileid zu bekunden. Nachdem die Trauergäste gegangen waren, hatte Henry den Bruder überreden können, ein paar Happen gekochten Schinken zu essen und sie mit Whisky hinunterzuspülen; und danach war Tom mit einem leisen Stöhnen umgekippt und auf dem schmutzigen Boden
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