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Wiedersehen in den Highlands - Roman

Wiedersehen in den Highlands - Roman

Titel: Wiedersehen in den Highlands - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Stirling
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laut.
    Ihr Vater griff nach einem Stuhl, setzte sich an den Tisch und hielt sich die Hände vors Gesicht. »Gütiger Himmel, Mädchen«, stöhnte er. »Dämpfe deine Stimme!«
    »Schmerzt dich der Kopf?«
    »Aye.«
    »Soll ich dir einen Schnaps gegen den Kater bringen?«
    »Nein, nein! Gott, nein!«
    Mrs. Prole tauchte auf. Sie hielt ein Brandyglas mit einer klebrigen Flüssigkeit in der Hand. »Ich habe genau das Richtige, um seinen Magen zu beruhigen«, sagte sie. »Hier, Neville, trink das, dann wird es dir gleich besser gehen.«
    »Was ist das?«
    »Sahne von der Milch, rohe Eier, Zitronensaft und ein Schuss Essig.«
    »Oh, Gnade! Erbarmen!«, murmelte er, erhob sich und stürzte aus dem Salon und durch die Diele zur Toilette, wo er würgend blieb, während Rose zu Ende frühstückte.
    »Ich nehme an«, sagte sie schließlich, »Papa wird nicht zur Kirche gehen?«
    »Nach dem Geräusch zu urteilen, ist sein Magen in einem schlimmeren Zustand als seine Seele«, erwiderte Mrs. Prole. »Nein, er wird nicht zur Kirche gehen. Wir werden ohne ihn aufbrechen.«
    »Wäre es nicht besser, wenn Sie in seiner Not bei ihm blieben?«
    »Und dich soll ich allein durch die Straßen laufen lassen?«
    »Was soll mir im Haus des Herrn denn schon widerfahren?«
    »Es ist nicht das Haus des Herrn, das mir Sorgen bereitet«, antwortete Eunice Prole. »Es ist der Unfug, den du nach dem Kirchbesuch anstellen könntest. Wenn wir die Vormittagspredigt versäumen, dann werden wir eben am Nachmittag zu der anderen Kirche gehen.«
    »Ich halte nicht viel von der anderen Kirche«, sagte Rose. »Ich ziehe es vor, auf unserer eigenen Kirchenbank zu sitzen, vor allem da ich etliche Gebete zu sprechen habe.«
    »Für die Seele eines Hawkshill-Farmers, den du nicht einmal gekannt hast?«
    »Für meinen Seelenfrieden«, erklärte Rose, »und Ihren, meine liebe Mrs. Prole.«
    »Lass meinen Seelenfrieden aus dem Spiel! Wenn du auf Teufel komm ... ich meine, unbedingt heute Vormittag zur Kirche gehen willst, dann wirst du mit mir gehen oder gar nicht.«
    »Und Papa, mein armer Papa?«
    »Lass ihn schmoren«, sagte Eunice.
    Die Veränderung, die mit Lucas Fergusson vorgegangen war, war verblüffend. Erstens einmal hatte er sich die Haare schneiden lassen, und zwar hatte er sich nicht der üblichen Schur unterzogen, sondern sich einen anständigen, fachmännischen Schnitt von einem reisenden Barbier verpassen lassen, der Lucas’ Strohmatte zu entzückenden Locken arrangiert und die Farbe mit Pomade und dicken Puderschichten hervorgehoben hatte. Außerdem hatte Lucas sich einen hohen Hut mit schicker Krempe zugelegt, eine Krawatte, ein Paar Ziegenlederhandschuhe, ein Seidentaschentuch, das wie ein Highland-Hochwasser aus seiner Tasche hervorquoll, und insbesondere einen Malacca-Gehstock mit einem silbernen Knauf.
    Rose war nie näher als vierhundert Meilen an Londons Haymarket herangekommen, aber es schien ihr, als hätte Mr. Fergussons einziger Sohn den Haymarket nach Drennan gebracht, und wenn sein Aufzug nicht ganz so aufdringlich gewesen wäre, dann wäre sie vielleicht mehr davon beeindruckt und weniger amüsiert gewesen.
    Die Gemeindekirche von Drennan war weitaus prächtiger als das bescheidene Gotteshaus in Hayes. Sie besaß nicht nur Pfeiler, sondern auch eine eindrucksvolle Dienstboten-Empore sowie eine Anzahl vermieteter Sitzreihen, die wie Rippen von den Seitenschiffen abgingen und an die gepolsterten Logen des Landadels angrenzten. Die Fergussons waren zwar kein Landadel, aber durchaus wohlhabend und besaßen eine lange Bank nahe dem Sockel der Kanzel. Die etwas weniger begüterten Hewitts hatten eine Bank deutlich weiter hinten inne.
    Rose und Mrs. Prole hatten bereits Platz genommen, als die Fergussons ihren Auftritt hatten. Lucas schlurfte nicht, wie sonst meist, mit hängendem Kopf das überfüllte Mittelschiff hinunter; er verharrte im Vorraum, bis Mutter und Vater Platz genommen hatten, und stolzierte dann mit mehr Selbstbewusstsein als Eleganz so gemächlich durch das Mittelschiff nach vorn, dass jeder Mann, jede Frau und jedes glupschäugige Kind ihn eingehend mustern konnte.
    Natürlich hätte er den Gehstock nicht mit in die Kirche bringen sollen, und er hätte nicht sein Taschentuch schwenken sollen wie ein geschniegelter Tabakschnupfer auf einer Promenade in Brighton, aber der arme Bursche wusste es eben nicht besser, dachte Rose, und nachdem er die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, konnte man es ihm nicht

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