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Wiedersehen in den Highlands - Roman

Wiedersehen in den Highlands - Roman

Titel: Wiedersehen in den Highlands - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Stirling
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verdenken, dass er den Augenblick des Ruhmes genoss.
    Rose war jedoch weniger zur Nachsicht geneigt, als er an ihrer Bank innehielt und sich mit einer schwungvollen Verbeugung, die ihn zum Glück endlich von seinem Hut befreite, über Mrs. Proles Schutzwall vorbeugte, Rose mit beiden Augen zuzwinkerte und ihr einen wunderschönen Tag wünschte. Er rundete seinen Gruß mit einer ausladenden Geste ab, die seine Verbundenheit mit der schönen Maid aus der Thimble Row zum Ausdruck brachte und scharfsinnigen Beobachtern seine Absichten klar offenlegte.
    »Was war das denn eben?«, zischelte Mrs. Prole.
    »Offenbar hat unser Freund Lucas Fergusson sich selbst entdeckt.«
    »Dann sollte er diese Entdeckung besser wieder vergessen, bevor er sich zum Gespött der Leute macht«, sagte Mrs. Prole. »Was ist denn los mit dem Burschen?«
    »Es ist ein Erwachen, glaube ich«, wisperte Rose.
    »Ein Erwachen?«
    »Ich nehme an, er hat sich verliebt.«
    »In dich?«
    »Natürlich in mich«, sagte Rose. »In wen denn sonst?«
    Vier Meilen weiter nordwestlich, in Hayes’ schäbiger, kleiner Kirche, war Mr. Turbot mitten bei seinem Morgengottesdienst. Obwohl er keineswegs dazu verpflichtet war, holte er bei seiner Bekanntgabe von Matthew Brodies Tod zu einer Lobeshymne aus, bei der Agnes nach ihrem Taschentuch greifen musste. Angus Turbot pries die Ausdauer des Mannes, seine Hingabe an seine Familie, seinen unerschütterlichen Glauben an Gott, einen Glauben, der ihn schweres Leid ohne Klage hatte ertragen lassen, in dem sicheren Wissen, dass er bald in die Himmelsgemeinschaft aufgenommen werden und sich ewiger Ruhe im Schoße des Herrn erfreuen würde.
    Aus irgendeinem Grund trafen ausgerechnet diese Worte Henry Brodie völlig unvorbereitet. Er brach in Tränen aus und kauerte, mit dem Arm seiner Schwester um seine Schultern, zitternd und schluchzend da, sodass selbst diejenigen Männer und Frauen, die für die Brodies nichts übrighatten, tief gerührt waren. Henry hatte sich noch nicht ganz gefangen, als der Gottesdienst zu Ende war und die versammelte Gemeinde auf die Straße strömte. Heute wurde nicht geflirtet oder feixend von amourösen Angelegenheiten geredet. Die Mädchen, die sich normalerweise noch vor der Kirche herumgedrückt hätten, in der Hoffnung, Toms Blick aufzufangen, wandten sich rasch ab vom Anblick des völlig aufgelösten Henry mit dem tränenverschmierten Gesicht und den bebenden Lippen. Agnes und Janet wurden von den Damen der Gemeinde umringt.
    Es war an Peter, Henry vor dem Gedränge zu schützen. Er hakte den Bruder seines Freundes bei sich unter und führte ihn in eine Seitenstraße. »Ist es wegen Tom?«, fragte er.
    »Aye, es ist wegen Tom«, gab Henry zu. »Es ist immer wegen Tom, oder? Tom hier, Tom da, und leidet der arme Tom? Nun, er war auch mein Vater, Peter, und so stur er mitunter auch sein konnte, habe ich ihn doch geliebt.«
    »Davon bin ich überzeugt.«
    Henry wischte sich die Augen mit dem Ärmel und seufzte. »Hat Tom dir von dem Versprechen erzählt?«
    »Nein«, murmelte Peter unbehaglich. »Nein, das hat er nicht.«
    »Ganz zum Ende hin, fast mit seinem letzten Atemzug, sagte mein Daddy: ›Kümmere dich um Tom, mein Sohn! Kümmere dich um Tom!‹ Und dann haben wir ... und dann starb er.«
    »Das beweist, dass dein Vater dir vertraut hat, Henry.«
    »Mag sein, aber verdammt, Peter, ich wünschte, seine letzten Worte wären ein Segen gewesen, kein Fluch, denn sich um Tom zu kümmern, das ist ein Fluch«, meinte Henry. »Er wird sich verkriechen, bis irgendeine Frau ihm gefällt, und dann wird er Daddys Tod als Ausrede benutzen, um sich mit Trinken und Unzucht wieder zu erniedrigen.«
    »Urteile nicht zu hart über ihn, Henry. Wir heben alle gern hin und wieder ein Glas, und wir sind alle sehr interessiert an den Damen. Das ist in unserem Alter ganz natürlich und nicht besonders erniedrigend.«
    »Es wird erniedrigend sein, wenn wir die Farm verlieren«, widersprach Henry. »Ich wünschte, du hättest meinem Bruder nicht gesagt, was die alte Frau dir erzählt hat. Das hat ihn auf einen halb wahnsinnigen Pfad der Buße getrieben, und das zu einer Zeit, als ich seine Hilfe gut hätte gebrauchen können.«
    »Ich nehme an, du glaubst nicht, was meine Tante mir erzählt hat?«
    »Nicht ein verdammtes Wort«, sagte Henry. »Aber Tom – oh, Tom war schon immer so ›sensibel‹ gegenüber dem Unsichtbaren, was heißt, dass er abergläubischem Gefasel genauso leicht erliegt wie jedes

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