Wiedersehen in den Highlands - Roman
würde, sobald er die Hosen herunterließ. Aber ihr hübsches Gesicht, ihre anmutige Gestalt und ihr zarter Teint rissen ihn dennoch aus seiner üblichen Trägheit und veranlassten ihn, einen Versuch zu wagen.
»Ich werde singen, wenn Sie spielen, Miss Hewitt«, hörte er sich vorschlagen.
»Nein«, antwortete Miss Hewitt rundheraus.
»Werden Sie dann einen Spaziergang mit mir unternehmen?«
»Einen Spaziergang?«, echote Rose. »Ich gehe nicht mit Gentlemen spazieren.«
»Dann eine Ausfahrt«, beharrte Lucas, »in unserer Kutsche.«
»Großer Gott!«, sagte sein Vater. »Lucas, was ist denn in dich gefahren?«
»Wir könnten hinunter zur ... zur Brücke fahren«, platzte Lucas heraus.
»Danke, Lucas«, sagte Rose. »Ich habe die Brücke gesehen und, offen gestanden, nicht das Bedürfnis, sie wiederzusehen.«
»Morgen?«
»Morgen ist Sonntag«, rief ihm Rose in Erinnerung.
»Oh, aye, ganz recht«, meinte Lucas. »Dann Montag?«
Sie zögerte. »Wie es der Zufall will, bin ich am Montag noch frei von Verpflichtungen.«
»Nein«, sagte die Frau. »Oh, nein, das bist du nicht.«
»Ich bitte Sie, Mrs. Prole«, warf Walter Fergusson ein, »was kann es denn schaden ...«
»Brodies Vater wird am Montag beigesetzt.« Eunice Prole schob den Stuhl zurück und rappelte sich hoch. »Sehen Sie denn nicht, Mr. Fergusson? Das ist nur wieder eine ihrer Finten, um sich kostenlos nach Hayes kutschieren zu lassen und Tom Brodie zu treffen.«
»Ah ja.« Sein Vater nickte. »Sehr raffiniert, Rose, wirklich sehr raffiniert.«
»Ich werde Sie nach Hayes fahren«, bot Lucas galant an.
»Das wirst du fein sein lassen«, sagte sein Vater, und bevor Lucas begriff, was eigentlich los war, zog er ihn schon am Arm hoch. »Und was Sie betrifft, Rose Hewitt, wenn Sie denken, Sie könnten das gutmütige Wesen meines Sohnes zu Ihrem Vorteil ausnutzen, wann immer es Ihnen passt, dann empfehle ich Ihnen, noch einmal nachzudenken.«
»Vorteil?«, wiederholte Lucas. »Was denn für einen Vorteil?«
»Schon gut, mein Sohn, schon gut«, sagte sein Vater und zerrte ihn durchaus unsanft, wie Lucas fand, und unter Protesten fort.
Tom und Mr. Turbot, der Gemeindepfarrer, standen seit Jahren miteinander auf dem Kriegsfuß. Der Kirchenmann hatte sich an die Beleidigungen gewöhnt, bei denen sein Angesicht und vor allem sein Körpergeruch mit dem eines Fischs verglichen wurden. Er vermied es geschickt, aus Passagen zu predigen, die einen Bezug zu dem unglückseligen Seemann Jonas hatten, und achtete genau auf seine Bemerkungen gegenüber den jüngeren Angehörigen der Gemeinde. Aber ansonsten fand er sich damit ab, das Opfer einer Reihe von Fischerwitzen zu sein, von denen nur wenige originell oder amüsant waren.
Die Ankunft der jungen Brodies in Hayes hatte diese Beleidigungen allerdings um ein boshaftes Element erweitert, denn Tom Brodie schien zu glauben, dass die Church of Scotland ausschließlich existierte, um ihn davon abzuhalten, mit jedem weiblichen Wesen Unzucht zu treiben, nach dem ihm der Sinn stand. Außerdem war Tom offenbar der Meinung, dass er, Angus Turbot, persönlich verantwortlich dafür war.
Und so beschlich Mr. Turbot ein etwas beklommenes Gefühl, als er am Samstagnachmittag nach Hawkshill hochritt, um der Witwe Trost zuzusprechen. Zu seinem Erstaunen sah er keine Pferde im Hof stehen und hörte keine Gesprächsfetzen aus dem Cottage, und als er sein Pony am Zügel zum Scheunentor führte, wunderte er sich über den Anblick, der sich ihm bot.
Der Sarg des alten Mannes war mit weißen Leintüchern ausgelegt und stand auf brusthohen Auflageböcken in einem Halbkreis von Kerzen, die man in Flaschen gesteckt hatte. Im Laufe seiner vierzig Jahre im geistlichen Stand hatte Mr. Turbot schon so manchen Leichnam gesehen, der weitaus weniger würdevoll aufgebahrt gewesen war, aber was ihn wirklich stutzen ließ, war der Anblick Tom Brodies auf den Knien; die Hände hatte er wie zum Gebet gefaltet. Die Worte des Gebets konnte Angus Turbot allerdings nicht verstehen, denn die Stimme des jungen Mannes klang lallend, als hätte er getrunken – was gut möglich war, wie Mr. Turbot fand, da er Tom Brodie seit etlichen Jahren kannte.
Henry Brodie stand mit verschränkten Armen hinter dem Sarg.
Als er den Pfarrer entdeckte, rief er: »Gott sei Dank, Mr. Turbot! Sie sind eben noch im rechten Augenblick gekommen. Treten Sie ein, Sir, treten Sie ein, und sehen Sie, ob Sie meinen Bruder wieder zu Verstand bringen können, der am Rande
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