Wiedersehen in den Highlands - Roman
neben dem Sarg eingeschlafen. Ein Kissen unter dem Kopf und in eine Decke gewickelt, hatte er die ganze Nacht durchgeschlafen, und als die Familie zur Kirche aufgebrochen war, war Betsy zurückgeblieben, um auf ihn aufzupassen.
Conn streckte ihm die Hand hin.
Tom schüttelte sie schlaff.
»Das ist mein Vetter aus Irland«, sagte Betsy. »Sie erinnern sich doch sicher an ihn?«
»Aye, er hat unser Vieh gekauft.«
Conn, der grundsätzlich nichts auf Förmlichkeiten gab, legte Tom einen Arm um die Schulter. »Es muss ein sehr trauriger Tag für Sie sein, Mr. Brodie, und für Ihre Familie. Es war mir leider nie vergönnt, Ihren Vater kennenzulernen, doch nach allem, was man hört, muss er ein guter Mann gewesen sein.«
»Das war er, Mr. McCaskie.«
»Meine Freunde, von denen Sie hoffentlich einer sind, nennen mich Conn.«
»Wenn Sie mich bitte entschuldigen, Conn«, sagte Tom, »ich habe einer dringenden Pflicht nachzukommen.« Und mit diesen Worten steuerte er auf das Nebengebäude zu, das die Latrine verbarg.
»Wie hast du erfahren, dass Mr. Brodie tot ist?«, fragte Betsy.
»Deine Mutter hat es mir erzählt, sobald ich angelegt hatte.«
»In Ayr?«
»Port Cedric. In letzter Zeit schleichen zu viele Steuerbeamten über die Kais von Ayr, um dort anzulegen. Die Krone hat eine Belohnung für Informationen zu Schmuggelfrachten ausgesetzt, das heißt, jeder, der nicht einer von uns ist, könnte leicht einer von ihnen sein.«
»Ist das eine Fracht, die du da auf dem Pony hast?«
Connor lachte. »Nein, mein Schatz, da habe ich eine Kiste mit Wein, in Flaschen abgefüllt, und ein Fass mit französischem Brandy für die Brodies. Ich dachte, die Trauergäste würden von nah und fern nur so herbeiströmen. Aber in dem Punkt habe ich mich offenbar verschätzt.«
»Tom wacht über den Leichnam seines Vaters und will sich durch nichts davon abbringen lassen«, erklärte Betsy. »Er gibt sich die Schuld an dem, was geschehen ist.«
»Nach allem, was ich höre, sollte Tom erleichtert sein. Gehört die Farm jetzt nicht ihm?«
»Bedauerlicherweise gehört sie noch immer Hewitt«, sagte Betsy. »Es muss nach wie vor eine Pacht bezahlt werden, spätestens im nächsten Frühjahr.«
Tom kam vom Nebengebäude zurück und knöpfte sich auf dem Weg die Hose zu. »Betsy, wo ist meine Mutter?«
»Zur Kirche gegangen, alle drei.«
»Oh, aye, es ist ja Sonntag«, murmelte Tom. »Sorg dafür, dass Mr. McCaskie etwas zu essen bekommt! Ich muss mich wieder meinen Gebeten widmen. Morgen wird mein Vater unter die Erde gebracht – und mir bleibt nicht mehr viel Zeit.«
»Viel Zeit wofür?«, fragte Conn.
Aber Tom war schon wieder auf dem Weg in die Scheune. Den Kopf hielt er tief gesenkt.
Es gab keine Sammlung von Liebesbriefen in der Handvoll Bücher, die sich ihr Vater im Laufe der Jahre zugelegt hatte. Mangels einer Vorlage, an die sie sich halten konnte, schlug Rose ein paar Akkorde auf der Harfe an, um sich inspirieren zu lassen, und versuchte, sich vorzustellen, was für einen Brief Heloïse an Abelard geschrieben haben könnte, wenn sein Vater eben gestorben wäre.
Es war nicht leicht, Beileid und ewige Liebe zugleich auf einer einzigen Seite zum Ausdruck zu bringen, und sie benötigte vier Entwürfe, bis sie überzeugt war, den richtigen Ton getroffen zu haben. Sie verbrannte die Entwürfe und ließ die Asche zum Fenster hinauswehen, dann versiegelte Rose den Brief und versteckte ihn unter dem Fuß der Harfe, wo ihn vermutlich nicht einmal die wachsame Mrs. Prole finden würde.
Papa war nicht in der besten Stimmung, was kaum verwunderlich war.
Mrs. Prole hatte ihn auf dem Boden in der Diele liegen lassen, bis er Anzeichen von Erholung hatte erkennen lassen, und ihn dann auf die Knie hochgezerrt und mit Rose’ Hilfe in sein Schlafzimmer verfrachtet. Schimpfend und fluchend hatte sie ihn entkleidet, ihm das Gesicht gewaschen, ihn in ein zerschlissenes Betttuch anstelle eines Nachthemdes gewickelt und aufs Bett gerollt. Rose hatte sich früh zurückgezogen, um mit ihrem Liebesbrief zu ringen, und sah ihren Vater erst wieder, als er am Sonntagmorgen um kurz nach neun in Morgenrock und Pantoffeln in den Salon geschlurft kam.
»Guten Morgen, Papa«, zwitscherte sie fröhlich. »Hast du gut geschlafen?«
»Er hat schlecht geschlafen«, rief Eunice Prole aus der Küche. »Er hat sich hin und her gewälzt und geschnarcht wie ein Sägewerk. Hast du ihn nicht gehört?«
»Das kann ich nicht behaupten«, antwortete Rose
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