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Wiedersehen in Kairo

Wiedersehen in Kairo

Titel: Wiedersehen in Kairo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Nachthemden und stellte seine Tasche mit der Januarausgabe auf den Boden. Eine Weile trampelte er sich warm, dann holte er seine Zeitungen heraus.
    Der Anblick Krauses ließ Berger an seine peinlichen Halluzinationen denken. Verdammt! Er musste diesen Kerl endlich loswerden. Er öffnete die Tür. »Hallo, Sie!«
    »Frohes neues Jahr, Herr Berger!«, rief Krause fröhlich. »Wie wäre es mit einer Zeitung?«
    »Hör mal«, versuchte es Berger mit der vertraulichen Masche, »wie viel Geld brauchst du diesen Monat? Hundert? Zweihundert? Ich gebe dir dreihundert, abgemacht? Dafür verkaufst du dein Blatt diesmal woanders, ist das klar?«
    »Vierhundert«, sagte Krause prompt. Berger seufzte, nickte, holte das Geld und blätterte Krause vier Scheine in die Hand. Krause ließ sie in seiner Manteltasche verschwinden, nahm seine Tasche und verließ die Passage.
    Ein teurer Handel
, dachte Berger,
aber meine Seelenruhe ist es wert. Der soll nur nicht denken, dass er im Februar dieselbe Masche mit mir
 …
Er stutzte, denn auf dem Boden lag eine Januarausgabe von ›Hinz Kunzt‹. Aus der Tasche gefallen oder absichtlich liegen gelassen, egal! Berger wollte damit nichts mehr zu tun haben. Mit dem Fuß wollte er sie beiseiteschieben, doch ein Windstoß hob sie kurz in die Luft, dann blieb sie so liegen, dass Berger die Schlagzeile lesen konnte: Jugendstilvilla in Klein-Flottbek ein Raub der Flammen. Mit zitternden Händen hob Berger die Zeitung auf. Er las weiter: In der letzten Nacht ist die Villa des Modezars Berger in der Baron-Voght-Straße bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Die Polizei vermutet Brandstiftung.
    Berger stieß ein irres Lachen aus und zerknüllte das Blatt. »Nicht mit mir!«, rief er mit schriller Stimme, und die vornehmen Passanten drehten sich nach ihm um. »Nicht mit mir! Ich weiß es genau, wenn ich noch mal hinsehe, ist der Artikel weg. In Wirklichkeit ist überhaupt nichts passiert.« Dann ging er auf die Straße und stopfte die Zeitung in einen Papierkorb.
    Am nächsten Morgen ging es Berger schon besser, denn seine Villa stand noch, und Krause war nicht erschienen. Berger dekorierte gerade liebevoll die Spitzenunterwäsche, als das Telefon klingelte. Hannelore war am Apparat, und sie weinte und schluchzte dermaßen, dass Berger aus ihren abgehackten Sätzen nur mit Mühe einen Zusammenhang herstellen konnte. Bleich und fassungslos sank er auf seinen Bürostuhl.
    Hannelore hatte bei einer Freundin in der Stadt übernachtet. In dieser Nacht wurde ihr Ferrari gestohlen, den sie in einem Parkhaus abgestellt hatte. Der Dieb hatte im Auto ihre Anschrift gefunden und noch in der gleichen Nacht die Villa leergeräumt. Dabei hatte er absichtlich oder aus Versehen die Gardinen in Brand gesteckt. Die Feuerwehr konnte lediglich die Ausbreitung des Feuers verhindern, von der Villa standen nur noch die Grundmauern.
    In Bergers Augen stand ein irrer Glanz. »Die Zeitung«, murmelte er, »ich muss die Zeitung haben.« Er taumelte hinaus zum Papierkorb, der war bereits geleert. Ohne Jacke und Mantel lief er in klirrender Kälte hinaus, hastete kreuz und quer durch die Stadt. Als er endlich einen Verkäufer entdeckte, war er vollkommen durchgefroren. »Eine Januarausgabe, schnell!«
    »Nun mal sutsche, wird ja nicht so eilig sein.« Der Mann gab ihm eine. Berger drückte ihm einen Zehner in die Hand. »Stimmt so.« Dann stellte er sich in eine windgeschützte Nische und hielt mit klammen Fingern die Zeitung vor sein Gesicht. Er fand nichts über eine abgebrannte Villa, aber etwas anderes fesselte seine Aufmerksamkeit. Er las: Hartherziger Ladenbesitzer vertreibt obdachlosen Hinz-Kunzt-Verkäufer aus seiner Passage. Otto Krause, der schon seit den ersten Tagen der Zeitung dabei ist, musste seinen Platz vor dem Geschäft am Jungfernstieg räumen, weil der Modezar Berger glaubte, seinen Kunden den Anblick eines Obdachlosen nicht zumuten zu können. Otto Krause ist jetzt ins Hanse-Viertel gezogen. Doch die Ladeninhaber haben auch dort bereits gegen seine Anwesenheit protestiert.
    Berger zerfetzte die Zeitung und lachte hysterisch. Doch dann trat ein gehässiges Funkeln in seine Augen. Im Hanse-Viertel saß die fette Konkurrenz. Und Berger wusste, was denen blühte, die einen Otto Krause vertreiben wollten.

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