Wiedersehen in Kairo
ausgezogen. Manfred war seine große Liebe gewesen, nun, jedenfalls die letzten drei Monate. Missmutig schlenderte er durch den Stadtpark und hörte leises Gelächter hinter den Büschen. Früher hatte er da mitgemacht, aber Manfred hatte es nicht gewollt. Für Manfred war er treu geblieben – meistens. Aber dann war Mario aufgetaucht, dieser Schönling! Natürlich Italiener, mit einem Body wie Sonnenöl-Werbung, braun gebrannt, sprühend vor Charme.
Mathias, intelligent, prima Kumpel, aber leider etwas blässlich, dünnes Haar, Körper von den vielen Vorlesungen in der Uni leicht gebeugt, hatte da keine Chance gehabt.
Als Mathias so seinen trüben Gedanken nachhing, stand plötzlich ein Wesen vor ihm mit langer, roter Perücke, angeklebten Wimpern und einem tiefen Dekolleté über dem Silikonbusen, Strapsen und schwindelerregenden Pumps, winkend.
»Hallöchen, hallöchen, ich bin die Fee vom CSD.«
»Ha, ha«, sagte Mathias. »Was für eine originelle Anmache. Ich stehe nicht auf Transvestiten oder Tunten.«
»Alle männlichen Feen sind Tunten. Ich heiße Lilli, und du hast heute drei Wünsche frei.«
»Toll. Du willst eine Fee sein? Wo hast du denn deinen Zauberstab?«
»Na, du kannst Fragen stellen! Wo Feen wie ich so ihre Zauberstäbe haben, aber zeigen tu ich ihn nicht, na jedenfalls nicht hier.«
»Wäre wahrscheinlich sowieso nicht viel zu sehen«, brummte Mathias. »Lass mich in Ruhe, ich habe Liebeskummer.«
»Weiß ich doch. Der blonde Manfred. Du glaubst gar nicht, wie oft ich schon Liebeskummer hatte. Kaum habe ich sie ins Bad gelassen, sind sie durchs Toilettenfenster wieder raus und haben auch noch die Seife mitgenommen. Naja, das war, bevor ich Fee geworden bin. Fee vom CSD. War meine einzige Chance. Wünschen hilft ja nur an Feiertagen, weiß man aus den Märchen.«
»Ich glaube nicht an Märchen. Ich glaube an gar nichts mehr.« Mathias schniefte.
»Fang bloß nicht an zu heulen, sonst fange ich auch an, und dann verschmiert mein Mascara.« Lilli tupfte sich vorsichtig die Wimpern. »Zwei Stunden habe ich für dieses kleine Kunstwerk gebraucht. Feen müssen nun einmal gut aussehen.«
»Du siehst prima aus«, sagte Mathias lahm.
»Wie nett von dir. Danke. Du bist ein so höflicher Junge. Also wünsch dir endlich was, schließlich habe ich heute noch woanders zu tun. Was meinst du, wie viele gebrochene Herzen und Beziehungen wieder auf der Tagesordnung stehen. Ich sage dir, Fee bei den Schwulen zu sein, ist reinste Akkordarbeit. Keine freie Stunde. Ich meine, die Hetero-Feen haben auch ihr Pensum, sicher, aber bei denen gibt es schließlich nicht diese vielen süßen Verlockungen, Saunen, Darkrooms, du weißt schon, wovon ich rede.«
Mathias lächelte versonnen. »Wäre schon schön, so drei Wünsche freizuhaben.«
»Du musst sie nur aussprechen.« Lilli klimperte mit den Wimpern. »Allerdings musst du klug und mit Bedacht wählen, so ist das immer mit den Feenwünschen.«
»Na gut«, grinste Mathias, »als Erstes möchte ich noch besser aussehen als Mario.«
Er hatte es kaum ausgesprochen, da war er eine Mischung aus Arnold Schwarzenegger und Antonio Banderas. Mathias sah an sich hinunter und konnte es nicht glauben. »Es hat gewirkt«, flüsterte er.
»Was hast du denn geglaubt?«, sagte Lilli und feuchtete sich die Lippen. »Und dein zweiter Wunsch?«
»Nun ja, ich …« Mathias wurde rot. »Ich möchte zu jeder gewünschten Zeit einen Steifen haben.«
Da sprangen ihm schon die Knöpfe von der Hose, und Lillis Augen bekamen Glanz.
»Oh, oh«, stöhnte Mathias, »das ist ja unglaublich. Das ist – als Drittes möchte ich gleich, dass …«
»Halt!«, rief Lilli und fuchtelte mit den Armen. »Nicht so schnell. Der dritte Wunsch will reiflich überlegt sein, bedenke das.«
»Ja, du hast recht«, keuchte Mathias.
Da kamen plötzlich Mario und Manfred Arm in Arm herbeigeschlendert. »Sieh dir dieses Prachtexemplar von einem Mann an«, sagte Mario zu Manfred. »Da kann man ja neidisch werden.«
Mathias glühte vor Stolz. Er ließ sich bewundern und tat, als kenne er die beiden nicht. Der schöne Mario wollte ihn gleich zu einem flotten Dreier einladen, und Mathias bebte vor Entzücken. »Vielleicht schaue ich mal vorbei«, sagte er lässig und flüsterte Lilli zu: »Danke! Du hast mir einen Lebenstraum erfüllt. So eine Fee wie dich möchte ich immer bei mir haben.«
»Wunsch erfüllt!« jauchzte Lilli, fiel Mathias um den Hals und drückte ihm einen dicken Kuss auf die
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