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Wiedersehen in Stormy Meadows

Wiedersehen in Stormy Meadows

Titel: Wiedersehen in Stormy Meadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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den Parkplatz einbiege. Natürlich muss ich bei seinem Anblick an Rob denken.
    Wieder ein Weihnachten ohne dich. Wir hatten nur zwei Weihnachten zusammen.
    Ich fühle mich beraubt. Die schmerzhafte Leere, die ich in der Magengrube spüre, hat nichts damit zu tun, dass ich seit gestern Morgen nichts mehr gegessen habe.
    Nachdem wir geheiratet hatten, versuchten wir es mit einem Familienweihnachten. Rob und ich und Cassie. Sogar meine Mutter Laura lud ich ein. Ich hatte sie schon seit Jahren nicht mehr zu Weihnachten besucht, und ich muss zugeben, dass ich den Anruf bei ihr bis kurz vor den Festtagen aufschob. Natürlich hatte sie inzwischen etwas anderes vor, aber ihr spürbares Bedauern, dass sie diese Pläne so kurzfristig nicht umstoßen konnte, löste bei mir eine leise Reue aus.
    Seit ich mich bemühe, einen Zugang zu Cassie zu finden, bin ich Laura gegenüber etwas weniger kritisch. Bei jenem ersten Weihnachten mit Robs Tochter hatte ich Zeit und Mühe investiert, um Geschenke zu finden, die ihr wirklich gefallen würden. Es war ein Versuch, Cassie für mich zu gewinnen. Doch am Weihnachtstag bedachte sie alle meine Gaben nur mit einem verächtlichen Lächeln oder mit einem kalten, gleichgültigen Blick.
    Ich erinnere mich, dass Rob mich in der Küche in die Arme nahm und sich für meine Mühe bedankte. »Nächstes Jahr wird es besser«, murmelte er und hauchte mir einen Kuss auf den Kopf.
    Ich denke an Cassie, ihre Magerkeit, ihre traurigen Augen. Sie muss sich genauso verloren und verängstigt fühlen wie ich. Plötzlich überfällt mich das Verlangen, etwas wie ein Weihnachtsfest zu bieten. Ich gehe zurück zu den Regalen, die ich vorher nicht beachtet hatte, und werfe eine Schachtel Cracker in den Einkaufswagen. Ich kaufe sogar einen kleinen künstlichen Weihnachtsbaum, an dessen Zweigspitzen bunte Lichter aufblinken. Warum, weiß ich selbst nicht, denn er ist einfach nur scheußlich.
    Ich versuche, mir vorzustellen, was Cas vielleicht mögen könnte. Ich weiß ja nicht einmal, was ihr schmeckt. Die meisten Teenager haben eine Vorliebe für Fritten, Chips und Tiefkühlpizzas, aber gilt das auch für sie? Ich belade meinen Einkaufswagen mit Joghurt und Obstsaft, was sie beides in rauen Mengen zu sich nimmt, und füge Nudeln, Salat und Schokolade hinzu. Falls Cassie die Sachen nicht isst, werden sie jedenfalls nicht verkommen, das weiß ich.
    Auf dem Heimweg halte ich bei McDonald’s. Ich weiß nicht, ob Cas tatsächlich scharf auf Junkfood ist, aber ich besorge ihr ein Happy Meal. Ich muss über die Bezeichnung schmunzeln, denn ich wünschte mir, dass Essen sie glücklich machen könnte.
    Als ich zurückkehre, taucht Cas aus ihrem Zimmer auf, wie ein wildes Tier, das von Essensdüften angelockt wird. Ich überreiche ihr die McDonald’s-Tüte. Erst sieht sie mich an, als wäre ich eine Terroristin, die ihr eine tickende Bombe andrehen will. Doch dann streckt sie ihre schmale Hand aus.
    »Oh, danke.«
    Überrascht schaue ich zu, wie sie die Tüte nimmt und damit polternd zurück nach oben geht. Dann fällt die Zimmertür ins Schloss wie immer.
    Es ist Abend, und wie gewöhnlich sitze ich in einem bequemen grauen Trainingsanzug und dicken Socken zu Hause auf dem Sofa. Mein Handy klingelt. Petra ist dran.
    »Was machst du gerade?«
    »Ich trinke Wein und gucke fern.«
    »Wo ist der Satansbraten?«
    »Nenn sie nicht so, Petra. Sie ist in ihrem Zimmer und hört laute Musik.« Ich öffne die Tür und halte das Handy so, dass Petra erahnen kann, in welcher Lautstärke Cassie ihre Eminem-CD abspielt.
    »Das ist wirklich laut«, stimmt Petra mir zu, als ich das Handy wieder ans Ohr halte und die Tür mit einem Fußtritt schließe. »Und was guckst du gerade?«, fragt sie dann.
    »Eine Wiederholung von Inspektor Morse .«
    »Und was für einen Wein trinkst du?«
    »Einen ausgezeichneten Châteauneuf-du-Pape.«
    »Ist noch was übrig?«
    Ich hebe die Flasche an und betrachte den Flüssigkeitspegel. »Ungefähr ein Drittel.«
    »Dann bringe ich lieber noch ’ne neue Pulle mit.« Petra legt auf.
    Eine halbe Stunde später höre ich das Türschloss, und Petra kommt herein. Immer noch schallt ohrenbetäubende Musik aus Cassies Zimmer. Die Wohnzimmertür öffnet sich und lässt den Krach hereinfluten, schließt sich dann wieder und dämpft das Schlimmste ab, doch ich spüre, wie die Bässe durch die Decke hämmern. Als würde ein kleineres Erdbeben das Haus erschüttern.
    Petra grinst mich an, zieht den Mantel aus und

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