Wiedersehen in Stormy Meadows
gehen?«, fragt sie schließlich. »Haben wir noch Zeit?«
»Ja, natürlich, Cas, wir haben alle Zeit der Welt. Wir sind beide frei und unabhängig, schon vergessen? Keine Arbeit, keine Schule.«
Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht.
Wir überqueren Stormy Meadows und die dahinter liegenden Weiden und steuern auf Smuggler’s Cottage zu. Will sie sich noch einmal das Haus ansehen, das schon bald unser neues Zuhause sein wird? Doch kaum ist es in Sicht, biegt Cassie nach rechts ab. Ich folge ihr auf die Landzunge, auf der sie stehenbleibt, den Blick auf die Stelle gerichtet, an der das Land unter uns in den Strand übergeht.
»Was ist los, Cas? Irgendwas stimmt doch nicht, oder? Wenn du es dir anders überlegt hast, ist das kein Drama, wir müssen nicht hierherziehen. Wir müssen überhaupt nichts machen, was du nicht willst.«
»Nein, nein, darum geht es nicht.«
»Sicher?«
»Ganz sicher. Ich will so schnell wie möglich wieder hierherkommen. Und du?«
»Ich auch.«
»Und deine Arbeit?« Sie kann es offenbar nicht glauben, dass ich den Job, dem ich mich bisher mit Leib und Seele verschrieben hatte, einfach so aufgebe.
»Wahrscheinlich wird sie mir schon ein wenig fehlen. Ich bin es nicht gewöhnt, so viel Freizeit zu haben, aber ich werde mich um die Häuser kümmern, was so einiges an Zeit beanspruchen wird, und außerdem werde ich wahrscheinlich wieder schreiben … Aber dieses Mal für mich selbst.« Ich muss an das Manuskript denken, das darauf wartet, von mir in Angriff genommen zu werden.
Cas runzelt zweifelnd die Stirn.
»Das ist genau das, was ich gerne tun möchte«, versichere ich.
Sie nickt. Ich setze mich auf den Boden. Ein Stechen in der Brust erinnert mich daran, dass ich erst kürzlich einen Unfall hatte.
»Und du?«, frage ich sie. »Was willst du mit der vielen Zeit anfangen? Bis du im September auf der Schule in Truro anfängst, ist es ja noch lange hin.«
»Ich weiß«, sagt sie, und beim Gedanken daran verbreitert sich ihr Lächeln schlagartig. »Und weißt du, was ich machen will? Ich will reiten!« Sie beobachtet mich aufmerksam von der Seite. »Und ich will malen. Malen ist der Hammer. Ich liebe es. Ich könnte Künstlerin werden. Connor sagt, ich hätte das Zeug dazu. Er sagt, ich hätte einen Blick für Details.«
»Das hat er mir auch schon gesagt«, lächle ich.
Sie kniet sich vor mich ins Gras, nimmt meine Hände und sieht mir tief in die Augen.
»Connor ist ein toller Mann, Nat.«
»Ich weiß.«
Das ist es also.
»Wegen Connor brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Cassie –«, erkläre ich, doch sie unterbricht mich.
»Ich bin nicht besonders fair zu dir gewesen, Nattie, noch nie. Ich war ein Ekel, die ganze Zeit, und du … Du hast alles getan, um mich glücklich zu machen. Egal, wie scheiße ich mich verhalten habe, wie zickig ich war, wie schwer ich dir das Leben gemacht habe – du hast alles mitgemacht. Und jetzt will ich, dass du glücklich wirst!«
»Mit Connor?«, frage ich vorsichtig.
»Ja, mit Connor. Ich glaube, das würde ihn freuen. Nein, ich weiß, dass es ihn freuen würde. Er ist wunderbar, Nat. Er ist lieb und witzig und einfach klasse. Er würde dich glücklich machen.«
»Er würde uns glücklich machen«, entgegne ich und streiche ihr über die Wange. »Dich und mich, Cas. Uns gibt’s jetzt nur noch im Doppelpack.«
»Ach, ich bin also so was wie Übergepäck?«
Gerade will ich ansetzen, das Missverständnis aufzuklären, als ich begreife, dass sie Witze macht.
»Bitte, Nat. Ich meine, ich weiß ja, dass du nicht meine Erlaubnis brauchst, aber wenn du dich nur wegen mir zurückhältst, dann finde ich das doof. Ich will deinem Glück nicht im Weg stehen.«
»Aber ich –«
Sie legt mir einen Finger auf die Lippen. »Kein Aber. Ich weiß schon, was du sagen willst, du willst, dass wir Zeit miteinander verbringen. Ich will das auch, ehrlich, und das werden wir auch, versprochen, aber das heißt doch nicht, dass du Connor deswegen auf Eis legen musst. Ich meine, ich habe ja schließlich auch andere Sachen zu tun – ich habe Chance und Tuff, ich will auch Zeit mit Laura verbringen und mit Luke …« Ihr Lächeln bekommt einen verschwörerischen Anstrich. »Vielleicht könnten wir mal ein Doppeldate veranstalten.«
Hoffnungsvoll strahlt sie mich an. In ihrem Blick liegt ein so tiefes Vertrauen, dass meine Verunsicherung sich in Luft auflöst.
»Ich möchte wirklich, dass du dich mit ihm zusammentust, Nattie, wenn es das ist, was du
Weitere Kostenlose Bücher