Wiedersehen in Virgin River
Gott, das ist unglaublich“, murmelte er. „Ein Teil von dir muss doch, wenn auch vielleicht nur für fünf Minuten, das Gefühl gehabt haben, dass das hier eine große Sache war.“
Sie legte eine Hand auf sein Knie, sah zu ihm hoch und sagte: „Nicht einmal für fünf Minuten. Ich hatte ihn angebettelt, das Haus nicht zu kaufen. Ständig hat er sich über die Kosten geärgert, diese ganzen Rechnungen. Aber er musste es unbedingt haben. Möchtest du mit reinkommen? Dich einmal umsehen?“
Das wollte er nicht. In einem Zimmer über der Dorfbar hatte er sie untergebracht. Ein Schlafzimmer ohne jede Annehmlichkeit. In einem kleinen Ort ohne Schule. „Nee, ich habe genug gesehen. Ich werde hier draußen auf dich warten und Christopher bei mir behalten.“
Während sie die Haustür mit ihrem Schlüssel öffnete und hineinging, lehnte sich Preacher an den Truck und dachte darüber nach, wie es für jemanden wie Wes sein musste, all dies zu verlieren. Die Frau, das Kind, das große schicke Haus? Ob es ihm je in den Sinn kam, dass er alles noch haben könnte, wenn er nur behutsam gewesen wäre?
Vier kleine weiche Leinentaschen stopfte Paige mit Kleidung für sich selbst und Christopher voll. Sie nahm ein paar Spielsachen und Bücher mit, und nachträglich fiel ihr dann noch sein Dreirad mit den großen Rädern ein, dass sie mit auf die Ladefläche warf. Dann fuhr Preacher sie auch schon aus der Stadt hinaus. Als sie L. A. etwa zwei Stunden weit hinter sich gelassen hatten, streckte sie den Arm aus und legte ihre Hand auf die von Preacher. „Gott, welche Erleichterung. Ich hoffe, dass ich nie wieder durch diese Haustür gehen muss.“
„Es ist zu schade, all das zu haben und es dann zu verlieren. Es ist doch ganz der amerikanische Traum. Jeder hält das für das perfekte Leben. Eine Familie, Erfolg, Krempel.“
„Ist das in etwa auch deine Vorstellung von dem großen Traum, John?“
Er lachte. „Meine Vorstellung ist sehr viel kleiner.“
Eine ganze Weile betrachtete sie sein Profil. Dann sagte sie sehr leise: „Ich wette, sie ist nicht wirklich kleiner. Aber vielleicht sehr viel weniger kompliziert.“
Jetzt nicht mehr, dachte er. Seine Vorstellung vom perfekten Leben, dem Besten, was das Universum ihm bieten könnte, saß direkt neben ihm. So nah und doch so unerreichbar.
Sein ganzes Leben hatte Rick in Virgin River verbracht, war jahrelang mit denselben Kindern zur Schule gegangen und bei seinen Schulkameraden sehr beliebt. Er war ein Senior im Endspurt auf den Abschluss, als seine Highschool-Erfahrung einen drastischen Umweg einschlug. Jetzt holte er jeden Morgen ein schwangeres Mädchen ab und nahm sie mit zur Schule.
Liz war kaum noch als das Mädchen zu erkennen, das im letzten Jahr ein paar Monate in Virgin River verbracht hatte. Tatsächlich wirkte die schwangere Zehntklässlerin jünger als die Neuntklässlerin mit den kurzen Röcken und den hochhackigen Stiefeln vom letzten Jahr. Damals schien sie sehr viel weltgewandter zu sein. Heute zeigte sie nicht mehr her, was sie hatte. Sie war scheu, verlegen und verletzlich. Eben einfach ein kleines schwangeres Mädchen und vollkommen auf Rick angewiesen.
Soweit ihm das möglich war, blieb Rick in ihrer Nähe und versuchte, sie in die Klassenzimmer zu begleiten. Er konnte sie nicht allein lassen, sie dem Spießrutenlauf durch die kichernden Mädchen überlassen, von denen die Hälfte für ein Date mit Rick alles getan hätte. Manchmal kam er zu spät in seine eigene Klasse, weil er Liz in ihre gebracht hatte. Seine Lehrer waren nicht wirklich verständnisvoll. Er gab auch nicht vor, dass dies nur irgendein Techtelmechtel oder eine Cousine zweiten Grades wäre. Er machte sich gerade und stand zu ihr. Sein Mädchen und sein Baby. Er wünschte sich, das nicht tun zu müssen, aber er musste. Sonst hatte sie niemanden.
Es dauerte nicht allzu lange, bis er in eine Schlägerei geriet. Ein großmäuliger, dümmlicher Junior namens Jordan Whitley riss einen fiesen Witz über Rick, irgendwas davon, dass er „es jede Nacht treiben würde“, und das gab ihm den Rest. Rick stieß Whitley gegen die Spinde und versetzte ihm einen Schlag. Whitley gelang es, auch ihm einen zu verpassen, bevor die Lehrer sie wieder trennten. Als Rick am Nachmittag zur Arbeit in der Bar erschien, brachte er ein Veilchen mit.
„Was zum Teufel ist denn mit dir passiert?“, fragte Preacher.
„Nichts“, antwortete er. „Nur, dass so ein Arschloch seine Meinung über mein
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