Wiedersehen macht Liebe (German Edition)
er nicht recht, was er über etwas, das danach geschehen war, wissen sollte. Aber laut seinen Anwälten war sie in ihrem Wunsch, ihn zu sehen, äußerst beharrlich gewesen.
Und das hatte er noch viel interessanter gefunden.
Als er letzten Dienstag vom Gericht nach Hause gekommen war, hatte er zwei Dinge getan: Zuerst war er lange gelaufen. Dabei hatte er sich Zeit gelassen und war so weit gejoggt, wie er gewollt hatte, ohne sich Sorgen um elektronische Fußfesseln, US-Marshals oder den Strand stürmende SWAT-Teams machen zu müssen. Danach hatte er Rylann Pierce gegoogelt.
Er hatte sie bei LinkedIn gefunden. Dort stand, dass sie in San Francisco gearbeitet und gerade erst bei der Staatsanwaltschaft von Chicago angefangen hatte. Außerdem hatte er Pressemeldungen über verschiedene hochkarätige Fälle gelesen, an denen sie in Kalifornien gearbeitet hatte. Soweit er sagen konnte, hatte sie dort eine erfolgreiche Karriere gehabt und war dann plötzlich nach Chicago gezogen.
Er hatte das Gefühl, dass sich dahinter eine interessante Geschichte verbarg, aber um was es sich dabei handelte, verriet Google ihm nicht.
Kyle hörte ein Klopfen an der Tür. Er erhob sich von seinem Schreibtisch und ging durch die Wohnung zum Eingang. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er die ganze Zeit über gegrinst hatte, bis er sein Gesicht im Flurspiegel sah.
Komm mal runter, Schwachkopf! Sie ist doch nur ein Mädchen, das du mal nach Hause gebracht hast.
Vielleicht war das alles in Wahrheit ein bizarrer Zufall, und sie war wirklich hier, um über irgendeinen Fall zu reden. Oder vielleicht … ging es um etwas anderes. Vielleicht hatte sie die ganze Woche über an ihn gedacht, so wie er an sie gedacht hatte, und konnte sich einfach nicht länger von ihm fernhalten.
Sein Grinsen wurde breiter. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
Kyle öffnete die Tür, und da stand sie. Mit ihren langen dunklen Locken, dem Trenchcoat und den High Heels erinnerte sie ihn an eine Heldin aus einem Hitchcock-Film. Sie hatte eine Aktentasche dabei.
»Frau Anwältin«, gurrte er.
»Mr Rhodes«, erwiderte sie. Ihre Stimme klang ein wenig heiser.
So weit waren sie auch schon am Dienstag gekommen. Aber dieses Mal gab es keine Reporter, keine Kameras und kein Team aus Verteidigern. Dieses Mal waren es nur sie beide.
Kyle zog die Tür weiter auf. »Kommen Sie herein!«
»Danke, dass Sie sich mit mir treffen.« Sie schob sich an ihm vorbei. Als sie seinen Flur betrat, stieg ihm ein blumiger und femininer Duft in die Nase.
Er schloss die Tür, dann drehte er sich um und betrachtete sie. Vor neun Jahren war sie bereits sehr attraktiv gewesen, aber nun war da noch etwas anderes, etwas Kultiviertes und unbestreitbar Reizvolles.
Etwas, das ein Mann, der die letzten fünf Monate im Gefängnis verbracht hatte, kaum übersehen konnte.
»Es ist eine Weile her, Ms Pierce«, sagte er.
Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Eigentlich ist es erst eine Woche her.«
Er verschränkte seine Arme herausfordernd vor der Brust. »Sie haben mich vermisst, was?«
Sie öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, überlegte es sich dann jedoch anders. »Vielleicht sollten wir uns irgendwo hinsetzen und reden.«
Richtig. Über diese mysteriöse »Ermittlung«. Er deutete ins Innere seiner loftartigen Wohnung. »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause.«
Rylann betrat den Wohnzimmerbereich und schaute sich neugierig um. »Sieht so aus, als wäre bei Ihnen in den letzten Jahren alles gut gelaufen.« Sie warf ihm einen amüsierten Seitenblick zu. »Abgesehen von dieser kleinen Twitter-Sache.«
»Nur damit ich es weiß, auf wie viele Witze muss ich mich deswegen einstellen?«
»Es ist schon fast zu leicht«, erwiderte sie lachend. »Sie haben einmal gesagt, dass irgendwann jemand Panik und Chaos auslösen wird, wenn die Websites nicht anfangen, DoS-Attacken ernster zu nehmen. Wie vorausschauend von Ihnen.«
Kyle hielt inne. »Sie erinnern sich tatsächlich daran, dass ich das mal gesagt habe.«
Rylann machte eine kleine Pause, dann zuckte sie ungezwungen mit den Schultern. »Nur wegen des Twitter-Fiaskos.« Sie setzte sich auf einen der italienischen Ledersessel und stellte ihre Aktentasche auf den Boden.
Kyle setzte sich ihr gegenüber auf die Couch und sah zu, wie sie ihren Mantel ablegte. Darunter kam ein dunkelgraues Kostüm mit einer cremeweißen Seidenbluse zum Vorschein. »Bevor Sie irgendetwas sagen, sollten wir nicht länger um den heißen Brei
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