Wiedersehen mit Vamperl
Beine kippten unter ihr weg. Sie versuchte um Hilfe zu rufen, aber eine harte Hand
hielt ihr den Mund zu.
Da schrie Herr Stanzer auf und ließ sie los.
Frau Lizzi fiel mit dem Rücken gegen die Wand, konnte sich gerade noch an einem Balken festhalten.
»Was habe ich nur getan?«, flüsterte Herr Stanzer. »Um Himmels willen, was habe ich getan?«
»Vamperl!«, schrie Frau Lizzi.
Herr Stanzer rang die Hände. »Jetzt ist sie verrückt geworden, und alles durch meine Schuld. Gütiger Himmel, was tu ich bloß?«
Er wankte zum Fenster und kämpfte mit dem verrosteten Riegel.
»Vamperl!«, wiederholte Frau Lizzi. »Wo bist du?«
Der Privatgelehrte hatte einen Teil des Riegels aus der Wand gerissen, aber das Fenster brachte er trotzdem nicht auf, so
sehr war es von Schmutz verkrustet. Er schluchzte vor sich hin.
Frau Lizzi beschloss ihn zu trösten. »Machen Sie sich keine Sorgen, mir geht’s gut, und wenn Sie mich kurz allein lassen,
wird es mir bald noch besser gehen. Ich komme gleich nach.«Zögernd, aber gehorsam kletterte Herr Stanzer hinunter.
Kaum hatte er den Raum verlassen, spürte Frau Lizzi einen Luftzug, gleich darauf wurde ihre Wange mit feuchten Küssen bedeckt.
»Vamperl!«, rief sie immer wieder. »Ach, wie ich mich freue!«
Vamperl kuschelte sich in ihre Halsgrube, zupfte an ihren Fingern, an ihren Haaren.
»Du hast ja keine Ahnung, wie sehr du mir gefehlt hast!«
Er fiepte in den höchsten Tönen.
»Ist Vamperlina auch da?«, fragte FrauLizzi, nachdem sie sich ein wenig gefasst hatte.
Sie ging zum Fenster, weil sie Vamperl richtig sehen wollte. Ohne viel Hoffnung rüttelte sie am Rahmen. Offenbar hatte Herr
Stanzer die Schmutzschicht doch gelockert, denn es gelang ihr, das Fenster zu öffnen.
Sonnenlicht flutete herein, erhellte den Raum bis in den letzten Winkel.
Vamperl krallte sich in Frau Lizzis Haaren fest und zog sie zu einem Balken. Da saß Vamperlina und links und rechts von ihr
hockten zwei Vampire, gerade so winzig, wie Vamperl gewesenwar, als sie ihn damals im Spinnennetz gefunden hatte!
Frau Lizzi spürte einen Knoten im Hals. Bevor sie noch schlucken konnte, rannen ihr dicke Tränen über die Wangen. »Ich hör
gleich auf«, schluchzte sie, aber sie konnte nicht aufhören, die Tränen quollen immer heftiger.
Vamperl begann ihre Tränen wegzuschlecken, aber gegen diesen Strom kam einer allein nicht an. Er fiepte kurz und dann hingen
auch Vamperlina und die beiden Kleinen an Frau Lizzis Wangen.
Einer von den Winzlingen kitzelte sie beim Trinken mit seinen winzigen Pfoten hinter ihrem Ohr und sie fing an zu lachen,
bis sie sich hinsetzen musste.
In der Ferne hupte Mirko dreimal.
»Ich muss gehen«, seufzte Frau Lizzi. »Aber ihr müsst mit mir kommen. Bitte! Ich würde mich so freuen!« Einladend öffnete
sie ihre Handtasche.
Vamperlina war offensichtlich nicht begeistert von dem Vorschlag, aber sie kroch zusammen mit Vamperl und ihren Kindern in
Frau Lizzis große Tasche.
Als Frau Lizzi am Fuß der Treppe ankam, stand Herr Stanzer mit ausgebreiteten Armen da, als glaubte er, er müsse sie auffangen.
Er musterte sie, schlug sich an die Stirn.
»Wie Sie strahlen! Jetzt müssen Sie zugeben, wer Sie wirklich sind. Ich kann nur um Ihre Vergebung flehen ...«
»Papperlapapp«, sagte Frau Lizzi.
Herr Stanzer bot ihr den Arm, wollte sie stützen, aber sie brauchte beide Hände für ihre offene Tasche.
Sie herrschte ihn an: »Hören Sie, Sie haben schon genug Mist gebaut, jetzt tun Sie, was ich Ihnen sage. Fragen Sie nicht,
sondern halten Sie einfach für 24 Stunden den Mund!«
Herr Stanzer schrumpfte wie ein Ballon nach einem Nadelstich. Dann ging er mit ausgebreiteten Armen hinter Frau Lizzi her,
als fürchte er, sie könne jeden Moment fallen und er müsse sie auffangen.
Die Reisegesellschaft starrte den beiden entgegen, überschüttete sie mit Fragen. Aber Herr Stanzer blieb stumm.
Frau Lizzi schenkte jedem ein strahlendes Lächeln und machte es sich auf ihrem Sitz bequem. Die Tasche hielt sie mit beiden
Händen auf dem Schoß.
Kuschelstunde
Frau Lizzi ging gleich auf ihr Zimmer. Vamperl kletterte als Erster aus der Tasche, half Vamperlina und den Kindern heraus.
Alle vier stellten sich in einer Reihe auf, Vamperl schubste die beiden Kleinen, die sofort einen schönen Diener machten.
Frau Lizzi streichelte ihre weichen Zottelhaare.
Wie Vamperl es fertigbrachte, Frau Lizzi mit Fiepen, Grimassen, mit Händen und Füßen zu
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