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Wiener Requiem

Wiener Requiem

Titel: Wiener Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Jones
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sagen, wie dass es sich nicht lohnen würde zu weinen oder sie solle sich keine Sorgen machen. »Weinen Sie sich ruhig aus«, sagte sie dann stattdessen.
    Schließlich versiegten die Tränen, und Alma Schindler sah Berthe mit großen Augen an.
    »Ich werden von bösen Vorahnungen geplagt, Frau Meisner. Was passiert, wenn Mama bei der Niederkunft stirbt? Sie ist doch eigentlich zu alt, um noch ein Kind zu bekommen. Diese Geburt kann gefährlich für sie sein. Dann sind meine Schwester und ich wirklich verwaist. Zuerst mein geliebter Vater und jetzt die Mama. Oder aber, und ich sage das nur sehr ungern, Mama wird ihre Aufmerksamkeit ganz dem neuen Kind zuwenden. Das wäre genau so schlimm, wie ein Waisenkind zu werden. Und mein Stiefvater wird mit diesem einfachen Akt der Zeugung meinen toten Vater in Mutters Gunst vollständig verdrängen. Ich weiß, dass ich wie ein verzogenes junges Dingklinge, wenn ich so von meinen Ängsten spreche, aber so ist es nun mal. Ich sollte Mamas neues Baby mit Freuden begrüßen, stattdessen graust mir davor.«
    Berthe spürte, wie sich ihr Herz der jungen Frau öffnete, die plötzlich so verwundbar erschien. War es das, was ihr Vater an jenem Abend gefühlt hatte? Hatte er darum Fräulein Schindler so großmütig behandelt?
    »Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen, Fräulein Schindler. Wir haben kaum Kontrolle über derartige Ängste. Und ich möchte mein kleines Geheimnis mit Ihnen teilen. Auch ich bin schwanger und zugleich erfüllt mit Freude und Ängsten. Ich habe Angst davor, dass ich, sobald ich Mutter geworden bin, nur noch dieses sein darf. Dass Mutterschaft für mich zu einer Art von Falle wird, weil die Gesellschaft meine Rolle ganz eng begrenzt. Und dass mein Ehemann die Erfüllung dieser Rolle ebenfalls von mir erwarten könnte.«
    »Sie sind eine sehr ehrgeizige Frau, Frau Meisner.« Alma Schindlers Augen funkelten, als sie dies sagte, obwohl sie noch gerötet vom Weinen waren.
    So hatte Berthe sich selbst nie eingeschätzt. »Ja«, sagte sie. »Ich glaube, das bin ich. Ich möchte eine eigene Person sein, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Alma Schindler zappelte geradezu vor Begeisterung über diese Äußerung.
    »Oh, das verstehe ich gut. Ich fühle nämlich genauso. Und ich verspüre Sterbensängste davor, mich in einen Mann zu verlieben, der meine Persönlichkeit, meinen Geist unterdrücken will.«
    »Aber könnten Sie denn jemals einen solchen Mann lieben?«, wollte Berthe verwundert wissen.
    »Natürlich. Jeder Mann, zu dem ich mich je hingezogen fühlte, war ein kraftvolles, dominierendes und kreatives Genie. Solche Männer dulden in ihrem Haushalt keine Talente neben sich.«
    Berthe fand, dass es in diesem Fall kaum eine schlechtere Wahl für Fräulein Schindler geben könnte als ausgerechnet Gustav Mahler. Wenn ein Mann vollständig über seine Karriere und seinen Haushalt herrschte, dann er.
    »So bin ich eben«, erklärte Fräulein Schindler strahlend. »Voller Widersprüche. Mein Verstand hat keine Macht darüber, wohin mein Herz mich führt.«
    »Dann würde ich Ihrem Herzen vielleicht eine Art Maulkorb verpassen«, sagte Berthe lachend. »Zumindest für die nächsten Jahre, bis Sie selbständig genug und eine starke Frau geworden sind.«
    »Bitte sagen Sie, dass Sie kommen werden«, bat Fräulein Schindler sie inständig.
    »Wohin soll sie kommen, meine Teure?«, fragte Herr Meisner, der von einem kleinen Verdauungsspaziergang zurückgekehrt war und jetzt ins Wohnzimmer trat. »Ich möchte hinzufügen, wie bezaubernd es ist, Sie wieder bei uns zu sehen.«
    »Ich freue mich auch sehr, Sie zu sehen Herr Meisner.« Alma stand auf, fast wie ein wohlerzogenes Mädchen, als der ältere Mann zu ihr trat.
    Er bedeutete ihr mit einer Handbewegung, sie sollte sitzen bleiben. »Wohin also soll es gehen?«, wiederholte er seine Frage.
    »Ich versuche gerade, Ihre Tochter davon zu überzeugen, mich heute Abend in die Hofoper zu begleiten. Ich habe Karten für den
Tannhäuser

    Sie berichtete kurz von der Krankheit ihrer Familie, und dass ihre Mutter ihren Ehemann nicht allein lassen wollte.
    »Eine ganz ausgezeichnete Idee«, meinte Herr Meisner. »Es wird Berthe guttun, wenn sie die Wohnung einmal für einen Abend verlässt. Es ist eine alberne, ja vorsintflutliche Vorstellung, dass eine Frau in diesen Umständen das Bett hüten müsste.«
    Er unterbrach sich plötzlich, weil er fürchtete, etwas Falsches gesagt zu haben.
    »Schon gut, Vater«, meinte Berthe und

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