Wienerherz - Kriminalroman
Tür.
»Ich gehe schon!«, sagte Niklic.
Petzold hörte, wie ihre Freundin öffnete, redete. Dann fiel die Tür wieder ins Schloss.
»Lia, hilfst du mir bitte einmal?«
Neben der Tür im Flur fand Petzold zwei große Kartons.
»Die sind irrsinnig schwer«, erklärte Niklic mit einer Geste auf ihren behinderten Arm. »Keine Ahnung, was da drin ist. Ich habe nichts bestellt.«
Sie untersuchte das Etikett.
»Den Absender kenne ich auch nicht.«
Sie sah erschrocken hoch.
»Und wenn es Paketbomben sind?«
»Keine Sorge«, erklärte Petzold. Sie wuchtete den ersten Karton hoch und schleppte ihn in die Küche, wo sie ihn auf dem Tisch abstellte. Er wog mindestens zwanzig Kilo. Dann holte sie den zweiten.
»Was macht dich so sicher?«, fragte Niklic.
»Paketbomben sind nicht so schwer. Da würden sie doch sofort auffallen.« Sie riss einen Karton auf.
»Siehst du. Papier. Kopien.«
Niklic, die zurückgewichen war, kam näher und untersuchte den Inhalt.
»Was ist das? Sieht aus wie Kopien eines Notizbuches. Diese Handschrift ist ja kaum zu lesen.«
Petzold beobachtete, wie sich Niklics Augenbrauen zusammenzogen. Schließlich legte ihre Freundin das erste Blatt zur Seite und riss das nächste heraus, überflog es, legte es weg, nahm das dritte, sah endlich Petzold an.
»Da beschreibt jemand detailliert Abläufe des Temvolt-Deals, Namen, Daten, Kontonummern! Als ob er oder sie dabei gewesen wäre.«
Jetzt horchte auch Peloq auf.
Hektisch durchwühlte Niklic weitere Seiten, ohne sie durcheinanderzubringen.
»Lieber Himmel, da stehen noch ganz andere Dinge!«
Petzold kümmerte sich um den Kaffee, der Niklics Aufmerksamkeit verloren hatte.
»Ich hörte«, sagte sie beiläufig, ohne von den Tassen aufzusehen, die sie gerade zubereitete, »Florian Dorin führte Aufzeichnungen über seine Geschäfte in einer Art Tagebücher.«
»Aber die hat er sicher gut versteckt. Oder sie liegen bei der Staatsanwaltschaft. Wo die brisanten Teile irgendwann verloren gehen.«
Niklic schwieg eine Sekunde, in der sie begriff.
Petzold stellte die Kaffeehäferl auf den Tisch.
Niklic sah sie entgeistert an.
»Da will wohl jemand vermeiden, dass etwas verloren geht«, sagte Petzold mit Unschuldsmiene. Sie hob abwehrend die Hände. »Mich brauchst du nicht zu fragen. Ich weiß von nichts!«
Fassungslos starrte Niklic auf die Blätter in ihren Händen.
»Das müssen die Aufzeichnungen von mehreren Jahren sein …«
»Zehn. Hört man. Aber, wie gesagt, ich weiß von nichts. Alles nur Gerüchte.«
»Was sagen die Gerüchte noch?«
»Dass ich jetzt meinen Kaffee trinke. Und diese Papiere nie gesehen habe.«
»Okay, Themenwechsel. Was ist mit diesem Kollegen von dir?«
»Nächstes Thema.«
Held
Draußen war es noch dunkel. Er sah erbärmlich aus in diesen eng anliegenden Hosen und Oberteilen aus eigenartigen Hightech-Materialien. Auch wenn ihr Schnitt angeblich ergonomisch bedingt war und der Schweißaufnahme diente, hatte Freund seinen wahren Zweck sofort beim ersten Anprobieren durchschaut. Statt den Körper einzuhüllen, stellte er erbarmungslos jede Figurschwäche bloß. Seine Beine, die er noch für den trainiertesten Teil seines Körpers gehalten hatte, wirkten spindeldürr. Sein Hintern, einst Claudias Freude, eigenartig wackelig, sein Bauch dagegen, als hätte er einen schlaffen Fußball unter das Top gesteckt. Auf diese Weise zwang ihn das Outfit, so lange zu trainieren, bis der Körper darunter wieder in einer Form war, die ihn nicht der Lächerlichkeit preisgab.
Die Alternative war, das Zeug auszuziehen und in einer Lade verrotten zu lassen. Ein Gefallen, den ihm der Kunststoff natürlich nie tun würde.
»Mein Held«, flüsterte Claudia und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. »Du wirst sehen, danach fühlst du dich wie neugeboren.«
Sie selbst trug noch ihren Morgenmantel.
Leise fluchend bückte er sich und schnürte die Laufschuhe zu.
Unten auf der Straße atmete er tief die kalte Novemberluft ein. Dann lief er los.
Dank
Auch dieses Mal bedanke ich mich bei den Mitarbeitern der Behörden, die mich bei meinen Recherchen unterstützten. Da dies ein Roman und keine Dokumentation ist, ordnete ich tatsächliche Ermittlungsabläufe den dramaturgischen Erfordernissen unter, wofür ich um Verständnis bitte. Danken muss ich natürlich auch jenen, die mir das notwendige Hintergrundwissen über die nichtpolizeilichen Inhalte vermittelten, sei es durch ihre Veröffentlichungen oder im persönlichen Gespräch. Man
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