Wikinger der Liebe
versetzten. Dann blieb er wohlweislich im Hintergrund, während Hawk seine Streitkräfte in zwei Gruppen teilte und mit unbeirrbarem Auge die tödlichsten, zielstrebigsten, willensstärksten Krieger auswählte, die ihn begleiten sollten. Auf seinen Befehl übergaben sie den anderen das gesamte Gepäck, das ihren Galopp verlangsamen würde.
Für Thorgold wurde ein Pferd herbeigeholt. Behände schwang er sich auf den Rücken des Hengstes und pfiff nach dem Hund, der vor ihm in den Sattel sprang. Mit einem kurzen Blick vergewisserte sich Hawk, dass sein Trupp zum Aufbruch bereit war. Dann spornte er seinen Grauschimmel an. Von seinen Leuten gefolgt ritt er in halsbrecherischer Geschwindigkeit nach Winchester zurück. Nur ein einziger Gedanke trieb ihn an, er musste die geliebte Frau lebend antreffen.
Immer noch an Händen und Füßen gefesselt, lag Krysta im Bug eines Bootes, in das man sie unsanft verfrachtet hatte. Da ein Knebel in ihrem Mund steckte, musste sie nicht nur ihre Furcht, sondern auch eine wachsende Übelkeit bekämpfen. Ihr Gebet, Alfreds Wache möge die Entführer aufhalten, bevor sie Winchester verließen, war nicht erhört worden. Zu Fuß und im Schutz nächtlicher Schatten entkamen Udell und seine Leute den Patrouillen. Was einem feindlichen Heer missglückt wäre, gelang ihnen. Außerhalb der Stadt eilten sie zu einem Boot, das sie am Ufer des Flusses Itchen erwartete.
Die ganze Nacht ruderten sie dahin. Noch bevor die Sonne aufging, hatten sie sich viele Meilen von der königlichen Residenz entfernt. In langen dunklen Stunden wandte sich Udell immer wieder zu seiner Gefangenen und erklärte ihr, was er mit ihr machen wollte. Seine Absichten beschrieb er in allen Einzelheiten, wie schrecklich sie leiden würde, welche Maßnahmen verhindern würden, dass sie zu schnell starb. Allmählich erschienen ihr auch seine Worte wie Folterqualen, und ihre letzten Hoffnungen auf Hilfe schwanden.
Aber als er in seinen grausamen Plänen schwelgte, zeigte sie keine Angst. Schließlich näherte sich das Boot dem Ufer. Krysta schickte ein stummes Gebet zum Himmel und sammelte ihre ganzen inneren Kräfte, um zu ertragen, was auf sie zukommen würde.
Verglichen mit Udells haarsträubenden Drohungen, erschien ihr die Wirklichkeit eher harmlos. Auf einer kleinen Lichtung am Flussufer warteten Pferde. Ein paar Männer schauten sich besorgt um, nahmen einen Beutel voller Münzen entgegen und verschwanden im Wald. Im grauen Licht der Morgendämmerung eilten die Mercier zu den Pferden. Nach wie vor gefesselt wurde Krysta zu einem der Tiere gezerrt. Anscheinend sollte sie über den Sattel geworfen werfen.
Sie begann zu stöhnen, so laut es der Knebel gestattete. Verdutzt ließen die Männer die Arme der Gefangenen los, und sie sank zu Boden. Erst jetzt erregte ihr schriller Protest Udells Aufmerksamkeit. »Heiliger Himmel, mit Eurem Gejammer werdet Ihr noch die Toten wecken! Vielleicht sollte ich Euch sofort erwürgen, dann hätte ich’s hinter mir.«
Während der langen Bootsfahrt hatte Krysta genug Zeit gefunden, um nachzudenken, und ihre eigenen Schlüsse gezogen. Udell hatte sie sicher nicht nur aus Rachsucht - praktisch vor den Augen der königlichen Wache entführt. Herausfordernd starrte sie ihn an und protestierte so lange, bis er ihr den Fetzen wütend aus dem Mund riss.
»Bei Gott, ich schwöre Euch, ich töte Euch auf der Stelle!«
»Nein, das werdet Ihr nicht tun.« Obwohl ihre Lippen schmerzten, zwang sie sich weiterzusprechen und richtete sich so hoch auf, wie es ihre gefesselten Fußknöchel gestatteten. »Weil Ihr mich als Geisel braucht!«
»Freut Euch nicht zu früh, ich brauche Euch nur, um Euch den Garaus zu machen.«
»Dazu werdet Ihr Euch später entschließen. Jetzt noch nicht. Hawk wird Euch verfolgen, das wisst Ihr.«
Eine Zeit lang musterte er sie schweigend. »Er reitet in die falsche Richtung. Bis er das merkt, sind wir längst in Mercia, und dann müsst Ihr sterben.«
»Nur weil Ihr Eure Heimat erreicht, werdet Ihr mich nicht ermorden. So dumm seid Ihr nicht. Auf dieser Welt gibt es keine Grenze, die Hawk aufhalten würde.«
Udells Gelächter klang etwas unbehaglich. Seine Hände in die Hüften gestemmt, starrte er Krysta an, die Augen von unverhohlenem Hass erfüllt. Beinahe wäre sie zurückgewichen. Doch sie riss sich zusammen und straffte den Rücken, erhob sich auf die Knie und bekämpfte den brennenden Schmerz in ihren gebundenen Gliedern. Tapfer hielt sie dem Blick ihres
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