Wikinger der Liebe
jubelte.
»Lass den Ast los und halt dich an mir fest«, bat H awk.
Sie nickte. Doch sie konnte ihre verkrampften Hände kaum bewegen. Behutsam löste er ihre Finger vom Treibholz, presste sie an sich und schwamm mit ihr zum Ufer. Seine Krieger wateten ihm entgegen und halfen ihm, Krysta an Land zu bringen.
Vorsichtig bettete er sie ins Moos. Ihre Augen waren geschlossen, die Atemzüge viel zu flach. Als Thorgold mit einem Umhang herbeieilte, griff Hawk danach, wickelte Krysta hinein und begann, ihre Glieder zu reiben. Eine Zeit lang rührte sie sich nicht. Aber dann hob sie den Kopf, erwiderte seinen angstvollen Blick und berührte seine raue Wange. »Du musst dich rasieren.«
Hawk blinzelte, und es dauerte eine Weile, bis er den Sinn ihrer Worte verstand. Dankbar und erleichtert brach er in Gelächter aus. »Wenn dir das auffällt, kann’s nicht allzu schlimm um dich stehen.«
»Mir geht’s gut«, versicherte sie und verdarb die Wirkung ihrer Worte, indem sie erfolglos versuchte, sich aufzurichten.
Hawk drückte sie ins Moos zurück. »Beweg dich nicht! Wahrscheinlich bist du mit blauen Flecken übersät. Ein Wunder, dass du noch lebst! In Zukunft sollte ich dich einsperren, wann immer ich dich allein lassen muss.«
Krysta murmelte etwas Unverständliches. Als er sich zu ihr neigte, wiederholte sie ihren Vorschlag.
»Gut, darüber werde ich nachdenken«, versprach er grinsend. »Mit dir hinter Schloss und Riegel zu sitzen, zweifellos gibt’s ein schlimmeres Schicksal.« Er hob sie hoch, setzte sie auf sein Pferd und stieg hinter ihr auf.
»Vielleicht ist Udell hinter mir her«, warnte sie ihn.
»Damit rechne ich sogar.« Einen Arm schlang er um ihren Körper, seine andere Hand ergriff die Zügel. An der Spitze seines Trupps ritt er zur Straße zurück, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Bevor er seinen Feind jagte, musste er Krysta in Sicherheit bringen. Von wilder Verzweiflung getrieben, würden die Mercier ihre Pferde zu Schanden reiten, um ihre Geisel wieder einzufangen. Eine Stunde später bestätigte sich dieser Verdacht, denn der Hund begann zu bellen. Hastig lenkte Hawk sein Pferd zwischen die Bäume am Straßenrand, gefolgt von seinen Kriegern und Thorgold.
Nach der knappen Warnung war der Hund verstummt. Aufmerksam beobachtete er, wie die Ritter abstiegen und ausschwärmten.
»Bleib bei ihr, Thorgold«, befahl Hawk. Der alte Troll nickte und führte Krysta tiefer in den Wald hinein. Als sie protestierte, brachte er sie energisch zum Schweigen. Hawk schaute ihnen nach, bis sie im Unterholz verschwanden. Dann wandte er sich zur Straße. Allzu lange musste er nicht warten. Donnernde Hufschläge kündigten Udells Ankunft an. Schon vor langer Zeit hatte er eine Zeichensprache entwickelt, um seinen Männern lautlose Anweisungen zu geben. Dank dieser Methode war er schon mehrmals tödlichen Gefahren entronnen.
Weder Udell noch seine Männer sahen das Seil. Quer über die Straße gespannt, ließ es die ersten Pferde straucheln. In wilder Panik bäumten sich die Tiere auf und warfen die Reiter ab. Nachdem Udell unsanft auf dem Boden gelandet war, erhob er sich sofort mit gezücktem Schwert. Blitzschnell stürzte sich Hawk auf ihn. Während seine Krieger die anderen Mercier bekämpften, postierte er sich so geschickt, dass er den Verräter von dessen Komplizen abschnitt, damit sie ihm nicht beistehen konnten.
Als Udell seinen Gegner erkannte, wich alles Blut aus seinem Gesicht. Aber auch er besaß die Erfahrung zahlreicher Schlachten. Wie er sich verhalten musste, wusste er. Seine einzige Hoffnung lag im Angriff. Mit beiden Händen schwang er sein breites Schwert hoch. Hawk wehrte die Attacken einfach ab. Mühelos parierte er jeden Schwertstreich, beinahe überwältigt von seinem Wunsch, den Tod des Schurken hinauszuzögern. O ja, die Versuchung war groß, aber der Gedanke an Krysta bewog ihn, sich anders zu besinnen. Sie brauchte dringend seine Fürsorge und Ruhe.
Während er sein Schwert hob, verflogen Hass und Rachsucht innerhalb einer Sekunde, sie wurden verdrängt von tiefer Dankbarkeit für Krystas Rettung. Nichts anderes zählte. Zum ersten Mal, seit er von ihrer Entführung gehört hatte, atmete er befreit auf. Und in seiner Seele entstand ein leuchtender Gedanke - o Herr, Dein Wille geschehe.
18
Plötzlich schien Udell zu versteinern. Die Augen weit aufgerissen, starrte er Hawk an. Was er sah, erfüllte ihn mit kaltem Grauen. Aber er fand wenig Zeit, um darüber
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