Wikinger der Liebe
Pelzdecken. Einfach nur dazuliegen, dieses reine Entzücken entlockte ihm ein Stöhnen. Irgendwann in seinem Leben musste er genauso müde gewesen sein. Wann? Bevor ihm das einfiel, übermannte ihn der Schlaf.
In Krystas Träumen rüttelte der Wind an den Fensterläden. Sie drehte sich auf die andere Seite, streckte einen Arm aus, spürte irgendetwas Hartes und murmelte sinnlose Worte vor sich hin. Aber sie erwachte nicht. Etwas später hörte sie ein schrilles Kreischen. Sie rannte über eine Wiese voller Blumen, die eine unsichtbare Macht zu Boden streckte. Und dann kam sie zu einer majestätischen Eiche. Wie gelähmt vor Entsetzen beobachtete sie, wie ein grausiges Ungeheuer einen Zweig nach dem anderen abriss und in ihre Richtung schleuderte. Dagegen konnte sie sich nicht wehren. Und so blickte sie hilflos dem Tod ins Auge. Gerade noch rechtzeitig wurde sie von einer starken Hand ergriffen. Schützende Wärme hüllte sie ein. Und der Traum versank im Nichts.
Die Festung hielt den tosenden Elementen stand. Nur ein paar Ziegel flogen von den Dächern. Aber die steinernen Mauern - um eine Feuersbrunst zu verhindern, hatte Hawk jede Hütte, jede Werkstatt und jeden Laden aus Stein errichten lassen - behaupteten sich auch während dieser Katastrophe. Sicher und geborgen lauschten Männer und Frauen dem Sturm und dankten der weisen Voraussicht ihres Herrn. Die Kinder schliefen in der Nähe ihrer Eltern, friedlich und ungestört.
Nicht so Krysta. Plötzlich richtete sie sich in der Dunkelheit auf, von der Erkenntnis wachgerüttelt, dass sie etwas Wichtiges vergessen hatte. Noch halb benommen vom Schlaf taumelte sie aus dem Bett. Draußen ächzte der Wind und peitschte prasselnde Regentropfen gegen die...
...gegen die Fensterläden. Die waren geschlossen. Wann sie dafür gesorgt hatte, erinnerte sie sich nicht. Sie war wohl zu erschöpft gewesen, um es bewusst zu tun. Erleichtert kehrte sie zum Bett zurück und wollte wieder unter die Decken kriechen. Doch dann hörte sie ein leises Stöhnen und erstarrte. Da kein einziges Kohlenbecken brannte, herrschte tiefes Dunkel im Zimmer. Sie ertastete eines der großen eisernen Becken auf einem Dreifuß. Mit Feuerstein und Zunder entfachte sie eine Flamme. Allzu viel sah sie noch immer nicht. Es dauerte eine Weile, bis sich ihre Augen an das schwache Licht gewöhnten. Langsam wanderte ihr Blick durch den Raum und blieb an den Umrissen einer Gestalt hängen, die mitten im breiten Bett lag.
Eine Hand auf den Mund gepresst, unterdrückte sie einen Schrei. O Gott... Seit sie das Turmzimmer bewohnte, schlief sie nicht mehr nackt, so wie früher. Aber am vergangenen Abend war sie nach ihrem Bad zu müde gewesen, um ein Nachthemd anzuziehen. Hastig zerrte sie eine Pelzdecke vom Fußende des Betts und wickelte sich hinein. Auf leisen Sohlen schlich sie etwas näher und versuchte festzustellen, wer der Eindringling war. Vielleicht Raven, vom Gewitter erschreckt, oder eine verängstigte Aelfgyth? Nein, für beide erschien, ihr die Gestalt viel zu groß. Es gab nur einen einzigen Menschen, der so breite Schultern besaß, eine so muskulöse Br u st, die sie jetzt oberhalb der Decken erkannte.
Hawk. In ihrem Bett. Ohne sie um Erlaubnis zu bitten. Glaubte er, nur wegen der Verlobung dürfte er solche Rechte beanspruchen? Wenn ja, warum hatte er dann bisher darauf verzichtet? Dachte er, es würde sie nicht stören, weil sie keine richtige Lady war? Sicher würde sich eine dieser echten, vornehmen Ladys in so einer Situation die Seele aus dem Leib schreien.
Aber Krysta gab keinen Laut von sich. Die Augen zusammengekniffen, musterte sie ihn. Welch ein wohlgeformter Körper, der Unterschied zu ihrem eigenen faszinierte sie, weckte ungehörige Wünsche... Um sich darauf zu besinnen, dass er am falschen Ort war, musste sie ihre ganze innere Kraft aufbieten.
Immer heftiger rüttelte der Sturm an den Fensterläden. In den Pausen zwischen den einzelnen Windstößen hörte sie das Rauschen der Brandung am Strand. Nie zuvor hatte sie ein so wildes Unwetter erlebt. Damit ließen sich nicht einmal die Blizzards im winterlichen Vestfold vergleichen. Schließlich stand sie neben dem schlafenden Hawk. Was sollte sie tun? Sie fühlte sich immer noch müde. Außerdem war das ihr Bett.
Vorsichtig schob sie eine der Decken zurück. Dann merkte sie, dass sie sich in den Pelz gehüllt hatte. Darin würde sie nicht schlafen können, es wäre zu heiß. Sie müsste ein Nachthemd an- ziehen. Wenn sie’s nicht
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