Wikinger meiner Träume
Dragon einige Stunden später sein Haus betrat. Er hatte gebadet und saubere Kleidung angezogen. Doch das spielte keine Rolle. Verschwitzt und schmutzig sah er genauso großartig aus. Rycca widerstand dem Impuls, an seine Brust zu sinken. Stattdessen füllte sie einen Kelch mit Wein, den sie ihm reichte. Er nahm ihn entgegen, nickte ihr dankbar zu und erwärmte ihr Herz mit einem anerkennenden Blick.
Nur mühsam lenkte sie ihre Gedanken in andere Bahnen. »So Leid es mir tut, ich muss dich mit einem - unerfreulichen Zwischenfall in der Weberei behelligen. Ich finde, du solltest davon erfahren. Und ich möchte dich um die Erlaubnis bitten, die Tür des Schuppens mit einem stabilen Schloss zu versehen.«
Dragon stellte den Kelch beiseite, an dem er genippt hatte, verdrängte die Frage, wann er seine Gemahlin ins Bett locken konnte, und runzelte die Stirn. »Was ist passiert?«
Das teilte sie ihm in knappen Worten mit. Noch bevor sie ihren Bericht beendete, vertieften sich seine Stirnfalten. Ruhig und gefasst stand er vor ihr, ganz der gebieterische Herr von Landsende. Trotzdem fühlte Rycca, wie nahe ihm die Besorgnis erregende Neuigkeit ging. »Und es gibt keine Anhaltspunkte, die auf den Schuldigen hinweisen würden?«
»Nein, keinen einzigen. Aber ich muss dir noch etwas erzählen. Gestern ist mir in der Stadt ein Mann aus Wolscroft begegnet. Ob er mit dieser Sache zu tun hat, weiß ich allerdings nicht.«
»Mit Mercia machen wir keine Geschäfte. Also hat kein Bewohner von Wolscroft einen Grund, hierher zu kommen. Es sei denn, er besucht unsere Küste deinetwegen. Bist du sicher, dass du ihn wieder erkannt hast?«
»Vielleicht irre ich mich«, gab Rycca zu. »Ich sah ihn nur ganz kurz. Jedenfalls glich er dem Mann, an den ich mich erinnere.«
»Dann müssen wir ihn aufspüren«, entschied Dragon. »Würdest du ihn beschreiben?«
Nachdem sie seinen Wunsch erfüllt hatte, seufzte er. »Also ähnelt er etwa jedem dritten Mann ins Landsende. Keine besonderen Merkmale?«
»Zumindest ist mir nichts aufgefallen. Aber wenn er mir noch einmal über den Weg läuft, würde ich ihn erkennen.«
»Bevor wir der Sache auf den Grund gegangen sind, darfst du dich nicht mehr in der Stadt blicken lassen.«
Sie wollte widersprechen, dann wurde sie von Dragons Miene eines Besseren belehrt. Weder seiner Frau noch sonst jemandem stand es zu, gegen seine Autorität aufzubegehren. Außerdem musste sie ihm zustimmen. Falls tatsächlich ein Mann aus Wolscroft nach Landsende gereist war, führte er sicher nichts Gutes im Schilde.
»Vielleicht ist die Zerstörung der Webstühle und Stoffe nur ein Einzelfall«, bemerkte sie.
»Hoffen wir's. Meine Krieger werden sich nach fremden Leuten in Landsende erkundigen. Wenn der Mann immer noch hier ist, finden wir ihn.«
Oder er hat bereits das Weite gesucht, dachte sie. Doch das sprach sie nicht aus. Vorerst schüttelte Dragon die Sorge ab wie einen nassen Mantel. Sein Lächeln beschleunigte Ryccas Puls, und er nahm sie in die Arme.
Später lag sie ermattet im Bett und spürte, dass er aufstand. Fast unmerklich bewegte er sich, schlüpfte in seine Kleider und verließ das Haus. Als sie kurz danach vor die Tür trat, sah sie einige Krieger zur Stadt hinabreiten. Falls sich der Mann aus Wolscroft immer noch in Landsende herumtrieb, würde er ihnen nicht entrinnen.
Aber er wurde nirgends entdeckt, weder an diesem Tag noch am nächsten. Inzwischen waren die Webstühle wieder instand gesetzt worden, und die Frauen ersetzten die zerfetzten Stoffe.
»Mylady!« Bekümmert eilte Magda zu Rycca in den Stall, die zitternden Hände vor der Brust gefaltet. »Tut mir Leid -ein Problem in der Küche...«
Wieder einmal hörte Rycca auf, Grani zu striegeln, und folgte der Frau.
»Das verstehe ich nicht«, klagte Magda, während sie den Hof durchquerten. »Vielleicht ist's ein Zufall - wenn ich auch daran zweifle.«
Sie betraten das niedrige Gebäude. Neben der Tür stand ein großes Salzfass, erst an diesem Morgen auf Ryccas Wunsch aus einem Lagerraum hierher gebracht. Dieses Salz sollten die Frauen zu einer Lake verarbeiten, um das Gemüse nach der Ernte einzulegen, die bald beginnen würde.
»Das Fass habe ich selbst geöffnet«, erklärte Magda und entfernte den Deckel. »Zunächst dachte ich, alles wäre in Ordnung. Warum auch nicht? Bevor wir die Vorräte in den Speisekammern verstauen, werden sie sorgfältig überprüft. Und dann stieg mir ein eigenartiger Geruch in die Nase.« Sie nahm eine
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