Wikinger meiner Träume
hoffen...
»Was hast du gesagt?« Ihre Stimme klang wie Samt, ein bisschen heiser. Zärtlich berührte sie sein Gesicht.
»Dass es - mir Leid tut.«
»Warum denn, um Himmels willen?« Eben noch verschleiert, schauten ihre Augen kristallklar zu ihm auf. Dann lachte sie leise. »Ich glaube, alle meine Knochen sind geschmolzen.«
Erleichtert seufzte er auf, stimmte in ihr Gelächter ein und streckte sich neben ihr auf dem Bett aus. In jeder Hinsicht war ihm seine Kriegerin ebenbürtig. Das hätte er wissen müssen. Er zog sie an sich und streichelte ihren schmalen Rücken. Zufrieden schmiegte sie sich an ihn. Aber wenig später änderte sich ihre Stimmung. Auf einen Ellbogen gestützt, betrachtete sie ihn. »Vorhin warst du so - angespannt.«
Als ihre Worte in sein Bewusstsein drangen, war er schon halb eingeschlafen. Ohne die Augen zu öffnen, lächelte er. »Angespannt? Steinhart, meine Süße. Anders kann ich nicht beschreiben, was ich...«
Spielerisch schlug sie auf seine Brust, und er blinzelte müde. »Das meine ich nicht«, erwiderte Rycca. »Du hattest es furchtbar eilig, die Halle zu verlassen.«
»Weil ich dich lieben wollte.«
»Wie nett... Aber normalerweise bleibst du länger an der Tafel sitzen. Diesmal konntest du's kaum erwarten... Und irgendetwas schien dich zu bedrücken.«
Offenbar brauchte seine Frau keine besondere Gabe, um seine Gefühle zu verstehen. Doch sie besaß noch ein anderes Talent, das ihn beunruhigte. Er drehte sich zur Seite, umarmte sie und strich über ihre Wange. »Was du mir heute mitgeteilt hast - war das ernst gemeint?«
»Was denn?«
»Dass du stets die Wahrheit erkennst.«
»Ja, natürlich. Du musst es doch gemerkt haben, während du Trygyv ins Verhör nahmst...«
»Aber du hast Olav verteidigt, einen Dänen. Und das gab mir zu denken.«
Daran hatte sie nicht gedacht - in ihrem Eifer, einen unschuldigen Jungen zu retten. Gewiss, er gehörte dem Volk an, das ihr Angst und Schrecken einjagte. »Das wurde mir nicht bewusst.«
Wortlos drückte er sie noch fester an sich. Durfte er hoffen, sie würde die Vergangenheit begraben? War das möglich, wenn sie von jenen seltsamen Fähigkeiten beherrscht wurde? Was bedeutete es, in einer Welt zu leben, wo sich die Wahrheit stets allzu deutlich von der Lüge unterschied? So etwas konnte er sich nicht vorstellen. Und er wollte seine Frau auch nicht hintergehen. Trotzdem missfiel ihm der Gedanke, er würde mit jedem Wort, das er sagte, seine Seele entblößen. In gewissen Situationen musste ein Mann seine Geheimnisse hüten.
Natürlich wollte er nicht unaufrichtig sein. Aber in Zukunft würde er seine Worte sorgfältig wählen, bisweilen ihren Sinn verschleiern. Dazu müsste ein Mann imstande sein, ohne das Vertrauen seiner Frau zu missbrauchen, ohne befürchten zu müssen, sie würde ihn einen Lügner nennen. Von dieser Ungewissheit gequält, hatte er Rycca frühzeitig aus der Halle in sein Haus geführt, um sie zu besitzen und sicherzugehen, dass sie ihm gehörte. Was dann geschehen war, hatte er allerdings nicht erwartet. Und die Erkenntnis, wie leicht er die Kontrolle verlieren konnte, beunruhigte ihn immer noch.
»Seit wann glaubst du, den Menschen anzumerken, ob sie die Wahrheit sagen oder lügen?«, fragte er.
»An eine Zeit, wo es anders war, erinnere ich mich nicht mehr.«
»Hast du auf Wolscroft niemals versucht, dein eigenartiges Talent zu offenbaren?«
Schläfrig schüttelte Rycca den Kopf. »Für Wahrheit oder Lüge interessierte sich mein Vater nicht. Er verurteilte die Menschen, so wie es ihm gefiel - ganz egal, ob sie tatsächlich eines Vergehens schuldig waren. Genauso willkürlich ließ er Verbrecher laufen, wenn sie ihm Geld gaben oder andere Dienste erwiesen. Daran hätte ich mit dem Geständnis meiner Fähigkeiten nichts geändert. Stattdessen wäre ich wegen Hexerei verurteilt und ertränkt worden.«
Dragon verfluchte den brutalen Lord of Wolscroft und küsste Ryccas Stirn. Wie konnte man einer so schönen, bezaubernden Tochter die Hölle auf Erden bereiten? Das verstand er nicht. Und wenn ein Mann eine solche Ehefrau gewonnen hatte - musste er sie nicht beschützen und umsorgen? Dazu war er fest entschlossen. Trotzdem verflog sein Unbehagen nicht. Niemals würde er vergessen, dass sie sich gegen diese Ehe gesträubt hatte. Denn sie wollte frei sein. »Rycca?«
»Hm?«, murmelte sie im Halbschlaf.
»Schon gut.« Jetzt wollte er sie nicht länger stören, und er hoffte, auch er würde Ruhe
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