Wild auf Fußball
Ella ist wie hypnotisiert.
Aber dann sieht sie ihren Bruder. Wie Rumpelstilzchen sieht der aus. Fehlt nur noch, dass er auf einem Bein herumhüpft und
zetert.
Ella zögert, nickt. Sie wird den Elfmeter schießen.
Sie nimmt den Ball, stolziert an Lino vorbei.
»Pass auf, dass du nicht hinfällst«, raunt er ihr zu. »So wie deine Knie zittern.«
Jetzt, wo er's sagt, merkt Ella wirklich, wie weich ihre Beine auf einmal sind. Sie legt den Ball auf den Elfmeterpunkt, rückt
ihn sich zurecht.
Sie holt tief Luft. Bloß nicht Lino angucken! Nur den Ball und das Tor.
Sie geht fünf Schritte zurück. Dann nimmt sie Anlauf und schießt, trifft den Ball mit dem rechten Innenrist. Wunderbar angeschnitten!
Der Torwart hechtet in die falsche Ecke!
» Toooooor! «, rufen die Zuschauer. »Toooor!« Malle umarmt Ella. Ihre Knie knicken ein. Bonita wirft sich auf sie und geht mit ihr zu
Boden. 2:1 für Victoria!
Die ganze nächste Woche erzählt Lino überall herum, dass der Elfmeter gar kein Elfmeter war und das Spiel eine große Kungelei
gewesen sei, schon allein weil die Hechel gepfiffen hat. Als Biologielehrerin!
»Die kennt sich vielleicht mit Eichhörnchen aus, aber nicht mit Fußball, sonst hätte sie nie so einen Elfmeter gegeben.«
»Nun hör doch mal auf damit«, sagt Papa abends in der Küche. »Das war doch nur ein Freundschaftsspiel!«
»Lino hat nur Freundschaftsspiele«, sagt Ella und versteckt sich hinter Mama. Die will gerade den Auflauf zurück in den Backofen
schieben, weil die Kruste noch nicht ganz fertig ist.
Die beiden Männer stehen sich gegenüber.
»Na, also«, sagt Papa. »Was regst du dich dann so auf?«
Lino kocht. Seine Augen funkeln. Man siehtihm an, dass er seine Schwester am liebsten gleich mit in den Backofen schieben würde.
»Totaler Beschiss war das!«, schreit er so laut, dass Papa zusammenzuckt. »Das Spiel hat doch nur stattgefunden, weil die
mir meine Mannschaft kaputtmachen wollen!« Er zeigt auf Ella. »Und die blöde Hechel war bestochen! Hat den Elfmeter gepfiffen,
weil sie Geld dafür kriegt!«
»Klar«, sagt Papa und grinst. »Sie gehört bestimmt einer russischen Fußballmafia an.«
»Nun red ihm doch nicht so was ein, Martin!«, sagt Mama und verbrennt sich die Finger am Backofen.
»Du kannst froh sein, dass es nur der Elfmeter war«, sagt Ella. »Wenn Frau Hechel alle deine Fouls gesehen hätte, wärst du
rucki, zucki vom Platz geflogen.« Sie reibt ihren Fuß. »Mein Knöchel ist immer noch angedätscht!«
»Nicht nur dein Knöchel! Guck dir doch mal deinen Eierkopf an!«
»Nun ist's aber gut hier, ihr zwei!« Papa haut mit der flachen Hand auf die Arbeitsfläche, dass die kleinen Löffel Samba tanzen.
»Ich kann eure ewige Streiterei nicht mehr ertragen! Und du, Lino, fühl dich nicht so auf den Schlips getreten. Du hast Ellas
Mannschaft doch selbst herausgefordert, wenn ich das richtig verstanden habe.«
Mama lässt kaltes Wasser über die Brandstelle laufen und nickt.
»Na also.« Papa legt einen Arm um Lino. »Dann muss man auch verlieren können, mein Sohn. Nun komm mal langsam wieder auf den
Teppich!«
Lino schubst den Papaarm von seiner Schulter und rennt in sein Zimmer. Keine zwei Minuten später kommt er wieder raus, stapft
durch die Küche, durch den Flur und - wummmms! - das war die Haustür.
»Der hat echt 'nen Lattenschuss!«, murmelt Ella.
Sie sitzen ohne Lino am Abendbrottisch. Mama hat eine Brandblase am linken Zeigefinger und Papa sagt, er hätte gar keinen
Appetit mehr.
»So geht es nicht weiter«, sagt er. »Ella, du darfst Lino nicht immer so reizen. Ihr seid doch Geschwister!«
Mama nickt und pustet auf ihre Brandblase. Ella schaut auf das unberührte Besteck und den leeren Teller von Lino. Wo er wohl
hingegangen ist? Vielleicht trommelt er seine Mannschaft zu einer Krisensitzung zusammen. Nach dieser Niederlage sind sogar
sein Beulenkumpel und die Nummer 8 kurz davor, zu Victoria zu wechseln. Das weiß Ella von Bonita. Und die weiß es von Malle.
Ella fragt sich die ganze Zeit, warum sie das eigentlich nicht selbst von Malle erfahren hat. Wieso erzählt er so was nur
Bonita? Immerhin hatten sie schon zweimal Training nach dem Spiel und er hätte Gelegenheiten genug gehabt, mit ihr zu reden.
»Gibst du mir bitte mal die Tasse rüber?«, fragt Papa. - Keine Reaktion. - »Ella! Träum nicht und hilf mit, das Geschirr abzuräumen.
Es ist schon Viertel vor acht.«
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