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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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sondern allein in die Wildnis gehen. Willst du das? Antworte mir!«
    »Nein«, sagte Orion. »Das will ich ganz gewiss nicht.«
    »Gut. Dann verstehen wir uns.« Paulus warf mir noch einen Blick zu. »Wenn dir was an ihm liegt, Mädchen, pass auf ihn auf, damit er sich dran hält.«
    Er war fertig. Ohne meine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und marschierte zum Lager zurück.
    Wir blieben reichlich perplex am Ufer stehen.
    »Was war das denn?«, fragte ich schließlich.
    »Das war der Tod unseres Gänsebratens«, sagte Orion und lachte.

24.
    Benni saß stumm auf seiner Matte. Klick, machten die Hölzchen, die er von einer Hand in die andere legte. Klick, klick. Vor Konzentration biss er sich auf die Lippe, ein feiner Faden Speichel tropfte ihm übers Kinn. Seit er seine Hölzchen wiederhatte, herrschte endlich Ruhe.
    Ich sollte auf ihn aufpassen. Aber besonders viel aufzupassen gab es eigentlich nicht. Benni würde sich nicht von der Stelle rühren, daher war diese Beschäftigung die langweiligste, die es im Lager gab. Sogar Pilze sammeln war besser als das hier. Nur wenn er auf Klo musste, gab es etwas zu tun – dann musste man schnell reagieren und ihn rechtzeitig nach draußen bringen. War man nicht schnell genug, tja …
    Jeska streckte den Kopf durch den Eingang. »Dein Freund wartet an der großen Kiefer auf dich.« Sie wurde wieder einmal glühend rot. »Ich bleibe solange bei Benni. Na los. Geh schon, bevor ich es mir anders überlege.«
    Draußen stand Jeskas Korb, in dem ihr kleines Messer bereitlag. Sie hatte sogar schon ein paar Wurzeln ausgegraben.
    »Also gut«, murmelte ich. »Was auch immer das soll.«
    Ich rechnete nicht damit, dass Orion ein Schäferstündchen plante, daher war ich neugierig, was er vorhaben könnte.
    Als ich am Baum eintraf, legte er gleich den Finger an die Lippen und bedeutete mir, ihm zu folgen. Selbst mit seinen Krücken stürmte er so rasch vorwärts, dass ich kaum hinterherkam und aufpassen musste, dass ich ihn im Nebel nicht verlor. Es hatte in der Nacht geregnet und dichte Schwaden waberten über den Waldboden, in denen man kaum ein paar Meter weit sehen konnte.
    Die Welt war weiß, und alle Geräusche klangen wie aus weiter Ferne. Nässe durchdrang meine Hosenbeine, und ich wünschte mir, ich hätte mich gestern nicht gedrückt, als Ricarda mir zeigen wollte, wie ich meine löchrigen Schuhe reparieren konnte.
    Ein paar dunkle Gestalten tauchten aus dem Weiß auf. Gabriel und … Merton?, hinter ihnen Jakob, der uns mit seinen ruhigen dunklen Augen fixierte. Und am Schluss schälte sich auch noch Lumina aus der undurchdringlichen Wolke und zwinkerte mir zu.
    »Gut«, sagte Gabriel. »Du hast sie mitgebracht.« Er hatte das Medaillon unter sein Hemd gesteckt, ich sah nur ein Stück des Lederbändchens an seinem Hals. »Freut mich, dass du es auch lernen willst.«
    »Was will ich lernen?«, fragte ich in ihre erwartungsvollen Gesichter hinein.
    »Zu schießen«, sagte Merton. »Dich zu wehren.«
    Orion lachte leise. »Na, liebst du mich genug, um mich davon abzuhalten?«
    Ich schlug ihn gegen den Arm. »Was soll das? Warum hast du mich hergebracht? Seid ihr alle verrückt?«
    »Nein«, sagte Gabriel ernst. »Sind wir nicht. Aber wir ziehen unser eigenes Ding durch. Eine Gruppe innerhalb der Gruppe, wenn du so willst. Wir sind kein Freiwild. Wann immer die Jäger auftauchen, schlagen wir zurück.«
    Ich hatte genug gesehen, um zu wissen, dass er das ernst meinte. »Damit bringt ihr alle in Gefahr!«
    »Ich weiß«, sagte Gabriel. Obwohl er der Jüngste war, war er hier ganz klar der Sprecher. »Aber noch ist Paulus der Anführer. Wenn die nächsten Wahlen anstehen, werden wir sehen, ob das so bleibt.«
    »Du willst gegen ihn antreten? Um deinem Vater eins auszuwischen, bringst du alle diese Menschen in Gefahr?«
    Gabriel war so jung, aber sein Gesicht hatte nichts Weiches oder gar Kindliches. »Nein«, sagte er leise, »dafür nicht.«
    »Fangen wir endlich an?«, fragte Lumina ungeduldig.
    »Wie kommt ihr überhaupt auf die Idee, ich würde mitmachen?« Ich konnte es immer noch nicht fassen, was hier ablief. Wir würden noch alle in der Wildnis landen! Vor meinen inneren Augen streiften die Jäger durchs Dickicht, auf der Suche nach Rache.
    »Immerhin hast du eine gewisse Sympathie für unsere Sache gezeigt«, sagte Jakob. »Du hast sogar die Schuld auf dich genommen, um von Gabriel abzulenken.«
    Ich starrte ihn an. »Du wusstest es?«
    »In der Tat. Wir haben damit

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