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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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gerechnet, die Jäger dort im alten Lager anzutreffen. Deine Versuche, mich möglichst unauffällig davon abzuhalten, waren … höchst aufschlussreich.« Sieh an. Selbst der griesgrämige Jakob war dazu fähig, unverschämt zu grinsen.
    »Wir sind so weit«, sagte Orion schlicht.
    Jakob legte drei Waffen ins Gras. Links lag eine merkwürdige Vorrichtung, die eine vage Ähnlichkeit mit einem exotischen Musikinstrument hatte, daneben zwei Gewehre mit unterschiedlich langen Läufen.
    »Eine Armbrust. Unsere bevorzugte Jagdwaffe, mit dem unschätzbaren Vorteil, dass man nahezu lautlos damit schießen kann. Wie wichtig das ist, muss ich dir nicht erklären. Bolzen kann man herstellen, und man kann sie suchen und immer wieder verwenden.« Er sprach zu Orion und mir, doch während Ersterer aufmerksam zuhörte, musste ich an mich halten, um nicht aufzuspringen und wegzurennen.
    Ich würde diese Leute nicht verraten, aber ich fürchtete mich vor dem, was sie vorhatten.
    »Findet ihr wirklich, das ist richtig?«, fragte ich Lumina. »Die anderen müssten doch Bescheid wissen, wenn jemand getötet wird.«
    Sonst war sie immer so freundlich zu mir, doch jetzt zischte sie mich an: »Wenn du auch jemanden durch die Regs verloren hast, sprechen wir weiter.«
    Sie haben Star getötet und mir mein Leben gestohlen, wollte ich einwenden. Und Lucky. Sie haben mir Lucky genommen.
    Doch ich schwieg, denn ich konnte mit niemandem über Lucky reden. Lucky stand hinter mir und küsste mich auf den Nacken und flüsterte mir Dinge ins Ohr, die ich nicht hören wollte.
    Ich würde auch mit ihnen kämpfen, wenn ich hier wäre, sagte er. Das weißt du doch, Pi, oder?
    Natürlich wusste ich das. Der Lucky mit den brennenden Augen, der mir den Sonnenaufgang zeigte, mich küsste und mich zur Flucht überredet hatte, würde sich nicht lange bitten lassen.
    »Das hier sind Waffen, die wir den Jägern abgenommen haben«, sagte Gabriel. »Von denen haben wir nicht viele. Wir benutzen sie zur Verteidigung. Der entscheidende Nachteil ist die fehlende Munition; eine Kugel, die verschossen ist, ist ein für alle Mal weg.«
    »Worin unterscheiden sie sich?« Orion kniete sich umständlich hin, legte seine Krücken ins nasse Gras und nahm das kürzere Gewehr auf, um es zu untersuchen. Mein Herz schlug unwillkürlich schneller. Was, wenn er sich daran verletzte, wenn sich ein Schuss löste?
    »Das hier gefällt mir noch besser.« Er griff nach einer langen, glänzenden Jagdflinte. »Die Waffe, mit der die Jäger kommen. Ein Achter, stimmt’s? Damit kann man achtmal schießen, ohne nachzuladen.«
    Sie beobachteten ihn, wie er das Gewehr in der Hand wog. »Willst du auch mal?«, fragte er mich.
    »Nein, danke«, wehrte ich rasch ab. Wenn es nach mir ging, wollte ich dieses Ding nicht einmal anfassen.
    »Ich zeige dir, wie man es hält.« Jakob kniete sich neben Orion und machte es ihm vor. »Wir haben nicht genug Munition, um ausgiebig damit zu üben. Aber wenn die Jäger kommen, brauchen wir Kämpfer, die das Lager beschützen. Da muss jeder Schuss sitzen.«
    »Und ihr meint, ich könnte so ein Kämpfer sein?«, fragte Orion. »Ein Jäger der Jäger?«
    »Was wir auch tun, wir nennen uns nicht Jäger«, sagte Merton streng.
    »Und sie sind auch keine«, fügte Lumina leise hinzu. »Mörder, das sind sie. Es gibt keine Jäger und keine Jagd und kein Wild. Das sind alles ihre Worte.«
    »Ihre Worte?«, fragte Orion. »Wie können Menschen Wörter besitzen? Jedes Wort, das ich ausspreche, gehört mir.«
    Die Männer wechselten einen Blick. »Als Neunziger …«, begann Merton, aber die anderen schüttelten warnend die Köpfe.
    »Was wisst ihr eigentlich über mich, was ich nicht weiß?«, fragte Orion und legte das Gewehr wieder hin. »Was soll dieses Gerede darüber, dass ich ein Soldat wäre? Warum will Paulus mich nicht einmal Gänse schießen lassen?«
    »Nimm es«, sagte Jakob, ohne auf die Fragen einzugehen. So leise seine Stimme auch war, so eindeutig der Befehlston darin. »Steck dir vorher das hier in die Ohren, der Schuss ist laut. Halte es so, wie ich eben. Dorthin legst du den Finger. Du musst das Ziel anvisieren.«
    »Wo ist es? Bei dem Nebel sieht man doch nichts.«
    »Wir haben eine Zielscheibe an den Baum dort drüben gehängt.«
    Gabriel verteilte kleine Pfropfen, die wir uns in die Ohren stecken sollten. Sofort begann die ganze Welt zu rauschen. Es war ein Gefühl, in dem man sich hätte verlieren können, das Gefühl grenzenloser Einsamkeit,

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