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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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ja, sicherlich.«
    Sie entschwanden zwischen den Regalen, beide gleichermaßen voneinander entzückt.
    »Komm«, sagte ich zu Lucky, und er widersprach mir nicht, als wir in den Fahrstuhl stiegen und nach oben fuhren. Er wies mich nicht darauf hin, dass es verboten war, als ich die Tür zum Dach aufstieß, sondern ging sogar voraus. Der Himmel war bewölkt, leichter Nieselregen fiel auf uns herab. Ich sah mich nach Blumen um, fand aber keine. Dafür waren das Moos und die Flechten noch da und überzogen die niedrigen Mauern mit Leben.
    »Lucky …«
    »Ich erinnere mich an alles«, sagte er. »Wie wir hier hochgegangen sind. Ich weiß noch jedes Wort, das ich zu dir gesagt habe.«
    Das war fast mehr, als ich zu hoffen gewagt hatte. »Wirklich?«
    »Aber«, fügte er nachdenklich hinzu, »es ist seltsam … ich finde keinen Bezug mehr dazu. Ich sehe uns beide wie in einem Film oder einem Theaterstück, als würde ich Schauspielern bei der Arbeit zuschauen. Es hat keine Bedeutung. Erwartest du, dass es eine hat?« Er streckte die Hand aus und legte sie an meine Wange. »Ich möchte dich küssen, Pi.«
    »Warte.« Ich hielt seine Hand fest. »Lucky, wenn du das alles noch weißt …« Sie konnten einem nicht die Erinnerungen stehlen. Aber die Gefühle beeinflussen, das konnten sie sehr wohl. Sie konnten Wichtiges in Unwichtiges verwandeln, Licht und Schatten in graue Wolken. Sie konnten uns wegnehmen, wer wir waren.
    »Wir standen hier. Du hast mir eine Blume geschenkt.«
    »Ja«, sagte er. »Weiß ich auch noch. Ich weiß, dass du dich gefreut hast, Pi. Aber … es ist verrückt, findest du nicht? Wir hatten wilde Gefühle. Ich weiß, dass wir welche hatten, dass da etwas war … aber nun sind sie weg.«
    »Wie fühlt es sich an für dich, dass sie weg sind?«, fragte ich und legte meinen Mund an seine vertrauten Hände. Ich küsste seine Fingerspitzen.
    Er liebt mich nicht. Er liebt mich nicht mehr …
    Aber ich konnte es nicht glauben, konnte es nicht hinnehmen. Alles an ihm war so vertraut, bis hin zu seiner Verwirrung. Eigentlich war er mir mein ganzes Leben lang ziemlich durcheinander vorgekommen, bis auf jene kurzen, intensiven Tage ohne verabreichtes Glück.
    »Leer«, sagte er leise. »Ich fühle mich leer. Aber ich bin zufrieden damit, weißt du? Leidenschaft ist gefährlich und tödlich. Es ist gut, dass sie uns davon befreit haben.«
    Wie oft konnte ein Herz brechen? Doch ich weigerte mich, den Schmerz zuzulassen, die Hoffnung aufzugeben, denn tief in ihm drin war er immer noch mein Lucky.
    »Als wir im Sommer hier waren, hast du anders gesprochen. Da wolltest du lieber sterben, als wieder so zu leben wie alle in Neustadt. Du wärst lieber vom Dach gesprungen, als wieder in den Glücksstrom einzutauchen.«
    Er dachte darüber nach.
    »Lucky!«, rief ich. »Oh bitte, es muss doch gehen, dass du wieder fühlst wie damals, wenn du nur willst!«
    »Wie wunderschön du bist«, flüsterte er. »Ich mag dich, Pi. Ich habe dich schon immer gemocht, schon als wir Kinder waren. Von allen Menschen auf dieser Welt mochte ich dich immer am liebsten.«
    »Lucky«, sagte ich, und ich weinte, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, es nicht zu tun. »Ich wünsche mir so sehr, du wärst mitgekommen. Ich wollte dich nicht im Stich lassen. Du hättest nie gewollt, dass du wieder … so bist. Da draußen in der Wildnis … wenn du da gewesen wärst!«
    Dann hätte ich nie …
    Dann würde ich nicht …
    Denk nicht an Orion, befahlen die klaren Gedanken.
    »Wir sollen nicht darüber reden«, protestierte er.
    Aber natürlich konnte ich nicht anders. »Würdest du diesmal mitkommen? Wenn ich einen Weg fände, nach draußen, bist du dabei?«
    »Das klingt nach einem Abenteuer.« Lucky lachte leise. »Aufregend. Du verstehst es, mir die Dinge schmackhaft zu machen, Pi. Du und ich, allein irgendwo da draußen … Ob es Moon sehr stören wird? Sie hängt an mir wie eine Klette.«
    Er versuchte wieder, mich zu küssen, und diesmal ließ ich es zu. Wir waren auf dem Dach. Hier hatte er mir gesagt, dass er mich liebte.
    Sein Kuss verriet mir, dass er es nicht tat. Oder war ich es selbst, die sich dem Gefühl nicht hingeben konnte? Ich versuchte es. Lucky und ich. Genieß es, dachte ich. Doch die klaren Gedanken waren unerbittlich. So küsst er auch die anderen Mädchen, sagten sie. Genauso. Jede, die hübsch genug ist, und das sind so gut wie alle. Du weißt, dass du ihm nichts bedeutest, also mach dir nichts vor.
    Ich konnte jedoch eine

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