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Wild und frei

Wild und frei

Titel: Wild und frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lane
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Rettungsvorhaben erleichtern. Sie brauchte lediglich das Brot und den Quilt durch die Gitterstäbe zu schieben und zu gehen. Beim Aufwachen würde der Wilde ihre Gaben entdecken, und falls er so klug war, wie er zu sein schien, würde er begreifen, dass es selbst unter den Engländern auch mitfühlende Menschen gab.
    Sie ging in die Hocke und stellte den Leuchter auf den Steinboden, um die Hände frei zu haben. Gerade wollte sie das Brot zwischen den Stäben hindurchschieben, als ein Rascheln im Schatten sie an die Ratten erinnerte. Unbewacht würde der Brotlaib nur die schrecklichen Nager anlocken, und sie würden in Scharen in das Verlies kommen. Das Brot wäre gefressen, noch ehe der Gefangene aufwachen und sie wegscheuchen könnte.
    Rowena zögerte, hin- und hergerissen. Sie könnte laut rufen und ihn aufwecken. Aber das wäre an sich schon herzlos, denn Schlaf war das einzige Geschenk Gottes, das diesem unglücklichen Mann geblieben war. Falls er gerade von seiner Heimat und seinen Lieben träumte, warum ihn aufwecken und wieder in das Elend zurückholen?
    Sie fasste den Entschluss, den Quilt und das Brot durch die Stäbe zu schieben. Dann würde sie die Arme hineinstrecken und beides zu einem Bündel zusammenrollen. Nichts würde die Ratten lange fernhalten, aber zumindest könnte der Quilt ihr Erscheinen verzögern.
    Der Quilt war so dick mit Wolle gefüttert, dass sie ihn auseinander falten und Stück für Stück zwischen den Stäben durchschieben musste. Während sie daran arbeitete, behielt Rowena den Strohhaufen im Auge, bereit, sich bei der leisesten Bewegung zurückzuziehen. Aber der schlafende Gefangene bewegte sich nicht und gab auch keinen Laut von sich. Offenbar war er zu erschöpft, um gefährlich zu werden.
    Während sie den Brotlaib durch den engen Zwischenraum schob, zitterten ihre Hände. Alles, was jetzt noch zu tun blieb, war, das Brot sicher in den Quilt einzuwickeln.
    Es wird nur einen Augenblick dauern, sagte sie sich, als sie sich vorbeugte und die Arme zwischen den Stäben hindurch in die Dunkelheit streckte. Ein paar schnelle Handgriffe, und dann …
    Ihre Gedanken überschlugen sich vor Schreck, als urplötzlich eine raue braune Hand aus dem Schatten hervorschoss, ihre Handgelenke packte und sie unvermittelt gegen die Gitterstäbe riss.

3. KAPITEL
    Rowena versuchte verzweifelt, das Gleichgewicht zu behalten, als der Wilde sie mit einem Ruck vorwärts zerrte. Ihr Kopf schlug gegen die Gitterstäbe, und der plötzliche Schmerz durchzuckte sie wie ein Blitz. Für einen Augenblick sank sie in sich zusammen, und die Kerzenflamme drehte sich vor ihren Augen. Als sie wieder bei klarem Bewusstsein war, versuchte sie mit aller Kraft, sich ihm zu entwinden.
    “Lass mich los!” fauchte sie ihn an und vergaß dabei völlig, dass er sie wohl kaum verstehen konnte. “Ich bin nicht dein Feind, du Dummkopf! Ich bin hier, um dir zu helfen.”
    Er umklammerte ihre Handgelenke noch fester. Sie spürte, dass er kurz davor war, ihre Knochen und Sehnen zu zerquetschen. Rowena wimmerte, als er sie noch dichter an die Gitterstäbe heranzog. Sie hätte schreien mögen, doch sie wusste, dass niemand im Haus sie hören konnte. Kein Geräusch drang aus diesem tiefen, dunklen Verließ nach oben.
    Jetzt sah sie das Gesicht des Wilden im Schein der verlöschenden Kerzenflamme. Seine Wangenknochen in dem hageren Gesicht schimmerten wie Bronze. Seine Augen blickten so kalt wie die eines Panthers. Sie nahm auch seinen Geruch wahr. Er roch wie ein gefangenes Tier.
    “Lass mich los”, keuchte sie, schwach vor Schmerzen. “Man wird mich suchen … und dich bestrafen …” Er knurrte etwas leise vor sich hin – einen kehligen, bedrohlich klingenden Laut, dessen Bedeutung Rowena nur raten konnte. Der Griff seiner gefesselten Hände verlagerte sich, und für einen Augenblick glaubte sie, dass er sie verstanden hatte. Aber nein – er legte nur ihre Handgelenke übereinander, damit er ein Stück seiner Kette darum schlingen konnte, um seine rechte Hand frei zu haben. Als Rowena seine Absicht erkannt hatte, war es bereits zu spät, sich zu befreien.
    Sie befand sich jetzt auf den Knien, den Körper gegen die Gitterstäbe gepresst. Das Gesicht des Wilden war nur eine Handbreit von ihrem entfernt. Rowena zitterte, als der Blick seiner schwarzen Augen sie zu durchbohren schien. “Sag mir, was du willst”, flüsterte sie und versuchte, ihre panische Angst zu verbergen. “Wenn es in meinen Kräften steht …”
    Sie

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