Wild und gefaehrlich
aus dem Zimmer gerauscht und hatte Jenny mit offenem Mund zurückgelassen.
Daher bemühte Jenny sich, Callie so viel Freiraum zu geben, wie sie benötigte, indem sie ihr aus dem Weg ging. Sie gewöhnte sich an, früh aufzustehen, zu duschen, sich anzuziehen und sich aus dem Staub zu machen, ehe Callie ihre lila Schlafmaske abnahm und dem Bett entstieg. Es war ein anstrengendes, ermüdendes Schattenleben, und Jenny war es allmählich leid, sich immer Gedanken darüber machen zu müssen, wann Callie wohl nicht im Zimmer war und sie sich reinschleichen konnte.
»Alles okay?« Easy schlug den Kragen seines Blazers hoch, um den schräg fallenden Regen abzuhalten. Auf seinen Doc Martens von undefinierbarer Farbe – Schwarz? Braun? Schlammfarben? – bildeten sich kleine nasse Flecken. Eins der zerschlissenen Schnürbänder war aufgegangen und schleifte matschverkrustet hinterher, während er die Schuhspitzen in den Kiesbelag des Weges stieß. Selbst seine Schuhe waren göttlich.
»Ja, schon.« Jenny ließ ihren Schirm zur Seite gleiten und hob ihr Gesicht in den regennassen Himmel. New York fehlte ihr, ein bisschen wenigstens. Ihre neuen Gummistiefel wären ideal, um in den Pfützen herumzuplanschen, die sich jetzt vor ihrem Haus an der Kreuzung West End Avenue und 99. Straße bildeten.
Easy schien es nichts auszumachen, plötzlich nass geregnet zu werden. Er trat näher an sie heran, und als sie ihm das Gesicht zuwandte, sah sie Regentropfen in seinen Wimpern glitzern, und eine Strähne seiner braunen Locken klebte ihm über der Stirn. »Du bist so verdammt niedlich.« Er beugte sich vor und rieb seine feuchte Nase sanft an ihrer, ehe er sie küsste.
Jenny dachte an Callie. Sie musste zugeben, wenn sie miterleben müsste, wie Easy mit einer anderen zusammen war, sie würde die andere auch hassen. Sie konnte Callie keinen Vorwurf machen, die trotz ihres umwerfenden neuen Haarschnitts und den schicken neuen Klamotten immer noch litt. Aber Jenny konnte es nicht ändern. Easy war unglaublich, und wenn sie die Freundschaft mit Callie aufgeben musste, um mit ihm zusammen zu sein, dann war es eben so. Easy war es absolut wert.
»Bei dir klingelt’s«, murmelte Jenny leise und rückte von Easy ab, als sie spürte, wie das Handy in seiner Blazertasche vibrierte.
»Hab nichts gehört.« Easy grinste, legte Jenny die Hände um die Taille und zog sie wieder an sich.
»Wenn’s was Wichtiges ist?«
»Wichtiger als das hier?«, murmelte er. »Unmöglich!«
So blieben sie stehen, im Regen, direkt vor Dumbarton, und küssten sich eine kleine, süße Ewigkeit. Jenny stand auf der untersten Stufe und musste dennoch das Kinn heben, um Easy in die Augen zu sehen. Und zum abertausendsten Mal verscheuchte sie den Gedanken, wie viel einfacher es für Callie gewesen war, ihn zu küssen – denn die war fast fünfzehn Zentimeter größer.
Aber wenn Jenny selbst schon solche Mühe hatte, nicht andauernd an das Ex-Liebespaar Easy und Callie zu denken, wie sehr musste dann die verlassene Callie leiden! Oder vielleicht war es ja besser, Easy einmal besessen und ihn wieder verloren zu haben, als ihn überhaupt nie besessen zu haben? Jenny war sich da nicht so sicher. Und herausfinden wollte sie es ganz gewiss nicht.
Eulen.Net
SMS-Eingang
AlanSt.Girard:
sah gerade Marymount ganz versunken mit Miss Rose im Coffee- Roasters käffchen schlürfen – ist sie die mieze, mit der ihr ihn im ritz beim vögeln erwischt habt?
TinsleyCarmichael:
ts, was für eine galante art, sich auszudrücken. die antwort ist: nein.
AlanSt.Girard:
warum spuckst du’s nicht aus, zum kuckuck?
TinsleyCarmichael:
weil geheimnisse mehr wert sind als klatsch, dummi. und mein untrügliches gefühl sagt mir, die info könnte irgendwann mal sehr nützlich sein.
AlanSt.Girard:
hast du gegen mich auch was in der hand?
TinsleyCarmichael:
ha! wer weiß... gib schön acht, immer nett zu mir sein, ASG.
2 Eine Waverly-Eule macht sich Zufälle zunutze
»Hey, Prinzessin«, kreischte Heath Ferro, als er in das Zimmer im zweiten Stock von Wohnhaus Richards polterte, das er mit Brandon Buchanan bewohnte. Seine alten dunkelblauen Pumas waren klatschnass und quietschten grässlich auf dem eben noch glänzend sauberen hellen Eichenboden. »Och«, krähte er, als er sah, dass die Vorhänge vorgezogen waren und Brandon zusammengerollt unter seiner extrem weibischen pfirsichfarbenen Chenille-Decke lag. »Dornröschen
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