Wilddiebe im Teufelsmoor - Wer raubte das Millionenpferd? - Vampir der Autobahn
an sich drückte: Eine Zweiliterflasche mit
billigem Wein.
„Aha!“,
sagte Tim drohend. „Wohl ein bißchen Wildwest gespielt, wie? Hättest meinem
Freund beinahe das Auge ausgeschossen, du Wolkenschieber. Und mir die Hände
zerkleinert. Wo ist die Waffe? Karl, steig doch mal hoch und sieh nach.“
Während
Karl sich die Leiter griff, begann der Penner zu schlottern.
„Auf Ehre,
Jungs! Ich schwör’s euch bei meinem letzten Schluck. Nie nicht würde ich keine
Puste niemals anfassen. Und schon gar nicht auf euch schießen. Das waren
doch...“
Er stockte.
Der ist
harmlos! Inzwischen hatte Tim ihn eingestuft. Verkommen, ja. Sieht aus wie ein
Abfallmensch. Außerdem — wie dem die Hände zittern! Nie und nimmer kann der ein
Gewehr halten, geschweige denn zielen. Da hilft auch kein Zielwasser. Aber — er
weiß was.
„Wer?“ Tim
mäßigte den Ton, ging auch wieder zu der Anrede über, die einem Erwachsenen
zukommt, ungeachtet seines Ranges in der menschlichen Gesellschaft. „Was haben
Sie gesehen, Herr Schubiak? Oder soll ich Pulle sagen?“
„Ja.
Öhhhhhh — Pulle. Alle nennen mich Pulle. Die beiden Typen waren das. Dort vorn
bei der Buche haben sie ihre Maschinen abgestellt. Haben ihre Helme draufgelegt
und sind dann mit einem Donnerbolzen — Luftgewehr, glaube ich — hin zum Moor.
Haben sich hinter Büsche gehockt und geballert. Dreimal, glaube ich. Auf Vögel,
dachte ich. Auf euch also?“
„Ja, auf
uns. Und mein Freund wurde im Gesicht verletzt.“
Schubiak
sah Klößchen an und nickte. „Tut’s weh?“, fragte er mitfühlend.
„Ich doch
nicht!“, fauchte Klößchen ihn an.
„Willi
sieht immer so aus“, erklärte Tim und verkniff sich ein Grinsen.
Karl, der
noch auf der Leiter stand, zeigte die Streifschussschramme.
Schubiak
musste die Heckenschützen beschreiben. Danach gab es keinen Zweifel mehr.
Schütt und Satori waren die Täter, die beiden Typen, die vorhin im Gasthof
gesessen und sich hartherzig über Hansis Ende amüsiert hatten.
„Dann war’s
Rache“, sagte Tim. „Und die galt mir. Weil ich die beiden damals festhielt, als
sie den Busfahrer fertigmachten.“
„Denen
traue ich auch zu“, meinte Karl, „dass sie nicht nur auf uns schießen. In der
Zeitung ist doch von diesem unbekannten Heckenschützen die Rede. Vielleicht
sind’s zwei.“
„Jedenfalls
wird Gabys Vater sich dafür interessieren“, nickte Tim. Er blinzelte Karl zu.
Der
verstand das richtig und stieg in das Futtersilo hinauf, um alle Zweifel
auszuschalten. Wusste man denn, ob Pulle wirklich die Wahrheit sagte?
Vielleicht hätte er als Märchenonkel den ersten Preis gemacht.
Er nahm
gerade einen Schluck aus der Weinflasche, als Karl plötzlich brüllte.
„Waaas? Das
gibt’s doch nicht.“
„Ein
Gewehr? Waffen?“, rief Tim.
„Das nicht.
Aber... aber“, antwortete Karl stotternd, „hier ist Hansis Geweih!“
Schubiak
ließ die Weinflasche fallen. Sie zersplitterte zwischen seinen Füßen.
6. Gaby wird vom
Unhold gejagt
Tränen
liefen über Gabys Gesicht. Ihr Atem ging stoßweise.
Sie floh
vor ihrem Verfolger. So schnell ihre Füße sie trugen, rannte sie durch das
schaurige Moor.
Wohin? Sie
wusste es nicht, hatte jede Orientierung verloren, ahnte aber, dass die
Richtung verhängnisvoll war.
Hier ging
es nicht zum Gasthof zurück. Hier ging es tiefer und tiefer ins Moor hinein.
Breiter wurden die Schlenken, alle randvoll mit Wasser. Sumpfiger wurden die
Bulten.
Und er war hinter
ihr. Sie hörte ihn nicht. Aber sie spürte ihn.
Als ihre
Lungen stachen, blieb sie stehen und blickte sich um.
Hatte sie
ihn abgehängt? Er war nicht zu sehen. Hoffnung keimte auf. Vielleicht hatte er
aufgegeben.
Er war
häßlich wie die Nacht. Nur für Sekunden hatte sie sein verwüstetes, rohes
Gesicht gesehen. Der Schreck ließ sie auch jetzt nicht los. Sie zitterte noch.
Ihr wurde
bewusst, dass sie den Campingbeutel verloren hatte. Ja, gleich zu Anfang. Wo
sie hatte warten sollen — dort lag er wohl noch. Oder hatte der Kerl ihn
genommen?
Schauer
rannen Gaby über die Haut. Aus großen Augen blickte sie angstvoll umher.
Wer war
dieser Kerl? Ein Verrückter? Ein Wilddieb? Weshalb hatte er sie verfolgt? War
er der Heckenschütze?
Plötzlich
sah sie ihn. Sein Schemen tauchte aus dem Grau des Regens auf. Im selben
Augenblick schien er sie zu entdecken. Mit langen Sprüngen setzte er auf sie
zu. Sein Mantel — oder Umhang — breitete sich aus, als lande Graf Dracula, der
Vorläufer aller
Weitere Kostenlose Bücher