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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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schreckliche, lähmende Verzweiflung, von der sie instinktiv wußte, daß sie ihr größter Feind war.
    Lilly und sie mussten ihre eigenen sechs Hanfstränge bearbeiten und sich Rosamunds teilen, wenn sie sie vor dem Pranger bewahren wollten – oder schlimmer noch, vor dem Auspeitschen am Schandpfahl. In diesem gräßlichen Kerker, in dem der Abschaum der Menschheit hauste, mussten die Schwachen unweigerlich zugrunde gehen. Juliana wußte, daß sie selbst in der Lage sein würde, sich gegen den Gefangenenaufseher zu behaupten und gegen die brutale Maggie, solange sie bei Kräften blieb und beharrlich gegen das niederdrückende Gefühl der Hilflosigkeit ankämpfte. Lilly würde ebenfalls schwer in die Knie zu zwingen sein. Aber Rosamund hatte keine Chance. Ihr Mut war bereits gebrochen, das Schauspiel ihres völligen seelischen und körperlichen Zusammenbruchs würde für heitere Kurzweil unter den erbärmlichen Kreaturen sorgen, die hier vor sich hin vegetierten.
    Sir John Fielding betrachtete seine Besucher mit höflicher Verwunderung. »Lady Edgecombe unter den leichten Damen, die ich in die Besserungsanstalt Tothill Bridewell geschickt habe? Mein lieber Sir, da müssen Sie sich irren!«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Tarquin, seine Lippen so schmal und angespannt, daß sie wie ein Messerrücken wirkten. »Rotes Haar, grüne Augen. Groß für eine Frau.«
    »Ah ja, ich erinnere mich. Ein ziemlich dreist dreinblickendes Frauenzimmer«, erklärte der Richter, während er sich nachdenklich übers Kinn strich. »Jetzt, wo Sie es erwähnen, fällt mir wieder ein, daß sie etwas an sich hatte, was so gar nicht zu der üblichen Art von Dirnen zu passen schien. Aber warum wollte sie sich nicht zu erkennen geben? Wie konnte es geschehen, daß sie in einer Spelunke aufgegriffen…«
    »Verzeihen Sie, wenn ich unterbreche.« Quentin trat vor. »Ich glaube, es muß etwas mit Julianas Interesse am Status der Straßenhuren zu tun haben.« Er hüstelte diskret. »Sie war sehr aufgebracht über das Elend der jungen Lucy, wie du dich vielleicht erinnerst, Tarquin. Hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sie aus dem Hofmarschallgefängnis herauszuholen. Bei Lichte besehen, wäre es typisch für sie, wenn sie beschlossen hätte, ihr… ihre Studien auszudehnen, wenn ich es mal so ausdrücken darf.«
    Tarquin nickte nervös. »Ja, das wäre sicherlich typisch.«
    »Was wollen Sie damit sagen, Mylord?« Sir John sah verwirrt aus. »Ich verstehe nicht so recht, worauf Sie hinauswollen. Welches Interesse könnte denn eine Dame der Gesellschaft am Leben einer Dirne haben?«
    »Die Lebensumstände dieser Frauen und die Ungerechtigkeit ihrer Situation beschäftigen Lady Edgecombe ganz außerordentlich«, erklärte Quentin ernst.
    »Also, da will ich aber verdammt sein. Sie hat sich aufgemacht, um die Gefallenen zu bekehren, wie?« Sir John griff nach seiner Kaffeetasse und schlürfte das starke Gebräu mit Genuß.
    »Wahrscheinlich keine Bekehrung, Sir John«, erwiderte Quentin, während er an seinem eigenen Kaffee nippte. »Juliana ist eher ein praktisch denkender Mensch.«
    »Nicht, wenn es um ihre Selbsterhaltung geht«, warf Tarquin grimmig ein.
    »Nun, wenn sie solchen Leuten wie Cocksedge und Mitchell in die Quere kommt, dann ist es kein Wunder, daß sie den Zorn der Dämonen erregt hat«, stellte Sir John fest. »Es geht mich ja nichts an, Sir, aber Seine Lordschaft sollte die Zügel bei seiner Ehefrau wirklich etwas kürzer halten.«
    »Oh, glauben Sie mir, Sir John, von jetzt ab nur die kürzesten Zügel und die engste Kandare«, versprach Tarquin. Er stellte seine Kaffetasse ab und erhob sich mit einer abrupten Bewegung. »Wenn Sie mir nun eine richterliche Anordnung für ihre Freilassung ausstellen würden, Sir, könnten wir uns gleich auf den Weg machen.«
    »Ja, Euer Gnaden. Selbstverständlich!« Der Richter winkte seinen düster gekleideten Sekretär herbei, der die Unterredung mit flatternden Ohren verfolgt hatte. »Stellen Sie den Schein aus, Hanson. Sofortige Haftentlassung von Lady Edgecombe.«
    »Ihre Ladyschaft hat sich meines Wissens Juliana Beresford genannt, Sir«, erinnerte ihn der Sekretär. »Der Name steht auch in den Einweisungspapieren.«
    »Ich nehme an, sie dachte, es könnte peinlich für dich werden, wenn sie ihre wahre Identität zu erkennen gäbe«, murmelte Quentin seinem Bruder zu.
    »Juliana ist in der Tat ein Muster an Rücksichtnahme«, bemerkte Tarquin bissig.
    Sie warteten – der Herzog mit

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