Wilde Chrysantheme
wie sein Herr; wild warf er den Kopf hoch und zog die Lippen über der grausamen Kandare zurück. Als ihm sein Reiter einen Peitschenhieb über die Flanke versetzte, warf der Hengst den Kopf mit einem schrillen Wiehern zurück, bäumte sich auf der Hinterhand auf und raste dann die unebene, mit Kies bestreute Auffahrt hinunter, als wären Luzifers sämtliche Höllenhunde hinter ihm her.
George hatte sogar noch weniger Unterstützung von den Forsetts erhalten, als ihm ursprünglich vorschwebte. Er verfluchte Sir Brian als einen arroganten, überheblichen Widerling, der sich in alles einmischen musste und nicht einmal den Anstand besaß, ihm seine Hilfe bei der Suche nach seinem unbeherrschten, mordenden, flüchtigen ehemaligen Mündel anzubieten.
Juliana.
George zog die Zügel an, als er sein Pferd durch das Tor lenkte und hinaus auf die Landstraße.
Juliana.
Ihr Bild stieg vor seinem geistigen Auge auf und erfüllte ihn mit einem Ansturm heißer, rotglühender Wollust. Gierig leckte er sich über die Lippen. Er hatte sie von dem Augenblick an begehrt, seit er sie damals das erste Mal am Arm seines völlig vernarrten, sabbernden Vaters gesehen hatte. Die massige Gestalt von Sir John hatte Juliana im Vergleich dazu elfenhaft erscheinen lassen, als sie an seiner Seite ging; aber sie hatte nicht die üppige Rundung ihrer Brüste unter dem züchtigen Mieder des Kleides kaschieren können, den verführerischen Schwung ihrer Hüften unter dem schlichten ländlichen Kleid, in dem sie auf ausdrücklichen Wunsch von Lady Forsett angereist war.
Der Anblick ihres Haares hatte ihn ebenso erregt wie die reizvollen Kurven ihres Körpers. Eine flammendrote, wilde Masse seidiger Locken, die auf ein hemmungsloses und leidenschaftliches Naturell hinzudeuten schien. Zuerst war sie freundlich zu ihm gewesen, hatte ihn mit einem warmen Ausdruck in ihren herrlich grünen Augen angelächelt, aber dann hatte er einen Fehler gemacht und sich dazu hinreißen lassen, die lüsternen Phantasievorstellungen, die ihn des Nachts verfolgten, in die Tat umzusetzen. Er hatte sie zu küssen versucht, und sie hätte ihm beinahe die Augen ausgekratzt. Von dem Tag an war ihr Blick kühl und argwöhnisch gewesen, und ihre Stimme hatte ihren perlenden Beiklang der Fröhlichkeit verloren – sie war spröde und abweisend geworden.
Das hatte Georges Lüsternheit keineswegs gedämpft, aber Zorn und Demütigung über die Zurückweisung steigerten auch seine Bösartigkeit. Jetzt betrachtete er die Braut seines Vaters als einen verhaßten Eindringling. Eine raffinierte, heimtückische Hexe, die Sir John Ridge in seiner Senilität mit den Verheißungen ihres jungen, straffen Körpers umgarnt und in die Ehefalle gelockt hatte. Und im Austausch für jene Verheißungen war sie mit lebenslänglichem Wohnrecht im Witwensitz belohnt worden und darüber hinaus mit zweitausend Hektar besten Landes, ganz zu schweigen von sämtlichen Einkünften, die die dichten Wälder und Pachthöfe abwarfen.
George hatte sich die bedächtigen Erklärungen seines Vaters angehört, warum dieser Georges Erbe weggab. Er hatte heftig dagegen protestiert, und dennoch ohne Erfolg. Sir Brian Forsett hatte hartnäckig darauf bestanden, daß einzig unter diesen Zugeständnissen er sein Mündel heiraten ließe. Und Sir John war bereit gewesen, zu allem ja und amen zu sagen, nur um jenen süßen Körper in seinem Bett zu haben.
Nun, er hatte seinen Willen bekommen, und auch die Quittung dafür. George grub seine Fersen brutal in die Flanken seines Grauschimmels. Juliana war spurlos verschwunden und ihr ehemaliger Vormund nach wie vor im Besitz ihrer Vermögensverwaltung. Der arme George hatte das Nachsehen und musste sich mit der Hälfte seines rechtmäßigen Erbes begnügen.
Aber wenn er Juliana ausfindig machen könnte, dann würde ihr Verbrechen sie von ihrem Erbe ausschließen. Es sei denn, sie war schwanger. Wenn sie sich vor Gericht auf ihren Zustand beriefe, würden die Richter sie nicht zum Tode verurteilen. Und ihr Kind würde die Vermögenszuteilung erben. Andererseits, wenn sie mit Sir George Ridge verheiratet werden könnte – die trauernde junge Witwe, so überaus passend mit dem Sohn ihres verstorbenen Ehemannes vermählt – dann würde es keine Rolle spielen, ob sie schwanger war oder nicht. Die wertvollen Ländereien und das Vermögen würden wieder an die Familie Ridge zurückfallen, und er, George, würde Juliana in sein eigenes Bett bekommen.
Ob sie dazu ihr
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