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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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funkelte den anderen rachsüchtig an. In Sir Brian Forsetts Tonfall schwang nur der Form halber Höflichkeit mit.
    Je länger Juliana frei herumlief und sich irgendwo versteckt hielt, desto länger würde Forsett ihr ererbtes Vermögen nach eigenem Gutdünken verwalten können. Man brauchte nicht viel Phantasie, um zu erkennen, daß er sich als ein Experte darin erweisen würde, Zinseinkünfte aus dem Fonds in seine eigene Tasche umzuleiten.
    »Oh, Sir George… gestatten Sie mir, Ihnen mein herzliches Beileid auszusprechen… was für eine schreckliche Tragödie!« Die scharfe Stimme von Lady Amelia Forsett eilte der Dame voraus, als diese die Bibliothek durch die offene Terrassentür betrat.
    Lady Amelia, eine große Frau von überheblichem Benehmen, deutete einen Knicks an. George, trotz seines Zorns von ihrer Erscheinung eingeschüchtert, erwiderte die Begrüßung in Form einer tiefen Verbeugung. Lady Forsett musterte ihn mit durchdringenden, blaßblauen Augen und schien ihn offensichtlich als unzulänglich einzustufen. Ein frostiges Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht bei Ihrer Unterredung mit meinem Mann gestört.«
    »Überhaupt nicht, meine Liebe«, versicherte ihr Brian glatt. »Sir George wollte sich ohnehin gerade verabschieden.« Er zog an der Klingelschnur.
    Amelia knickste erneut, und George, der damit entlassen war, ertappte sich dabei, wie er sich rückwärts aus der Bibliothek hinausbewegte in Begleitung eines Lakaien, der plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht war.
    »Was wollte der schwerfällige Tölpel von einem Kerl?« Amelia kam ohne Umschweife zum Thema, nachdem sich die Tür hinter ihrem Gast geschlossen hatte.
    »Meiner Ansicht nach möchte er Juliana so schnell wie möglich dem Henker ausliefern, damit er jenen Teil seines Erbes zurückfordern kann, den Sir John ihr als Vermögenszuwendung ausgesetzt hat.«
    »Großer Gott«, murmelte Lady Forsett angewidert. »Was für eine vulgäre Hast! Sein Vater liegt doch erst drei Tage im Grab.«
    »Die ganze Geschichte ist höchst abstoßend«, bestätigte ihr Gatte. »Es ist so ziemlich das Absurdeste…«
    »Typisch Juliana«, unterbrach ihn seine Frau, während sie entrüstet ihre dünnen Lippen schürzte. »Solch ein ungeschicktes, rücksichtsloses Geschöpf.«
    »Ja, aber wo
ist
sie?« fiel ihr Sir Brian gereizt ins Wort. »Warum sollte sie weglaufen? Sie kann doch unmöglich den Tod des Mannes verschuldet haben.« Er warf seiner Frau einen fragenden Blick zu. »Oder vielleicht doch?«
    »Wer kann das schon mit Sicherheit sagen?« Lady Forsett schüttelte den Kopf. »Sie war stets ein wildes und schwieriges Mädchen.«
    »Mit einem jähzornigen Naturell«, ergänzte ihr Gemahl stirnrunzelnd. »Dennoch fällt es mir schwer zu glauben, daß sie den alten Mann absichtlich…«
    »O nein, nicht absichtlich, das wohl kaum«, unterbrach ihn Lady Forsett. »Aber du weißt ja selbst, daß ihr ständig irgendein Mißgeschick passiert ist und sie immer die abwegigsten und gedankenlosesten Dinge angestellt hat. Und wenn ihr in ihrer wohlbekannten Unachtsamkeit der Bettwärmer aus der Hand gerutscht ist…«
    »Schon möglich.« Sir Brian kaute, noch immer zweifelnd, auf seiner Unterlippe. »Die ganze Sache verspricht bereits jetzt, sich zum Skandal des Jahrzehnts in unserer Grafschaft auszuwachsen. Es wäre scheußlich, wenn die Angelegenheit vor Gericht käme.«
    »Dann wollen wir hoffen, daß Juliana niemals gefunden wird«, erwiderte seine Frau kurz und bündig. »Ich bin überzeugt, daß der Vorfall dann ziemlich rasch in Vergessenheit gerät. Und wer macht sich schon die Mühe, nach ihr zu suchen, wenn wir es nicht tun?«
    »George Ridge.«
    »Ach ja… natürlich!« Lady Forsett ordnete einen verrutschten Stapel ledergebundener Folianten auf einem Beistelltischchen.
    »Jedoch besitzt er wohl kaum den Verstand, seine Suche mit Erfolg zu krönen«, erklärte ihr Ehemann. »Er ist nicht heller als sein armer Tölpel von Vater.«
    »Juliana dagegen…«
    »…ist so geistesgegenwärtig und gewitzt, wie man nur sein kann«, beendete Sir Brian den Satz für sie. Er lächelte trocken. »Wenn sie nicht gefunden werden will, dann wird es schon etwas mehr als einen George Ridge brauchen, um sie zu fangen, darauf gehe ich jede Wette ein.
    George Ridge runzelte noch immer wütend die Stirn, als er aus dem Stallhof von Forsett Towers hinausritt. Sein Reitpferd war ein grobknochiger Grauschimmel, von einem ebenso garstigen Wesen

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