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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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ansetzen wollte. »Ich denke, das sollten Sie sich lieber noch einmal gründlich überlegen«, erwiderte er. »Sie brauchen eine sichere Zuflucht, und die haben Sie hier. Da ist es ja wohl nicht zuviel verlangt, wenn wir Sie bitten, sich an die Regeln des Hauses zu halten.«
    Juliana wandte sich ab und starrte ausdruckslos zum Fenster hinaus, von dem Gefühl ihrer Niederlage überwältigt. Die Drohung war unmißverständlich. Wenn einer von den Dennisons zur Polizei ging und ihre Geschichte erzählte, würde es nicht lange dauern, bis man ihre wahre Identität festgestellt hätte. Der Wirt der »Glocke« in der Wood Street würde sich erinnern, daß die Postkutsche aus Winchester zur gleichen Zeit wie die Kutsche aus York eingetroffen war. Und sich den Rest zusammenzureimen bedeutete für die Polizei ein Kinderspiel.
    »Kommen Sie, meine Liebe.« Mistress Dennisons Stimme klang freundlich und schmeichelnd. Sie legte Juliana sanft eine Hand auf den Arm. »Ich werde nach Bella läuten, damit sie Ihnen beim Ankleiden hilft. Das Kleid wird Ihre Augen und Ihr Haar wundervoll zur Geltung bringen, das verspreche ich Ihnen.«
    »Das hat unter diesen Umständen nicht den geringsten Anreiz für mich, Ma'am«, gab Juliana unwirsch zurück, aber sie wandte sich wieder den Dennisons zu. »Wenn Sie so fest entschlossen sind, mir meine Jungfräulichkeit rauben zu lassen, dann kann ich offenbar nicht viel tun, um Sie daran zu hindern.«
    »Seien Sie doch nicht so unerhört mißtrauisch«, schalt Elizabeth, während sie Julianas Arm tätschelte. »Mein Mann und ich werden Ihnen nichts aufzwingen. Ihre Angelegenheit liegt in den Händen des Herzogs von Redmayne, und Sie können mit ihm verhandeln, wie immer Sie wollen.«
    Julianas Augen wurden schmal. »Sie wollen mir weismachen, daß Sie keinerlei Interesse, weder finanzieller noch sonst irgendwelcher Art, an den Plänen des Herzogs für mich haben? Verzeihen Sie mir, Madam, wenn ich das bezweifle. Eine Kupplerin erwartet, für ihre Dienste bezahlt zu werden, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Kaum zu glauben, was für ein störrisches, übellauniges Geschöpf das Mädchen ist!« erklärte Mistress Dennison ihrem Ehemann. »Ich wünsche Seiner Gnaden viel Freude mit ihr.« Empört warf sie ihren kunstvoll frisierten Kopf zurück und rauschte hinaus, gefolgt von Richard.
    Vielleicht war es doch etwas unklug, diese beiden zu verärgern, von denen mein augenblickliches Wohlergehen und meine Sicherheit abhängen, dachte Juliana mit einer reumütigen Grimasse. Sie ging zum Bett hinüber und begann, die Kleidungsstücke einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Passend zu dem jadegrünen Abendkleid gab es einen apfelgrünen, mit Rüschen besetzten Seidenunterrock, eine Unterhose und ein Hemd aus besticktem Batist, seidene Strümpfe und Strumpfhalter, ein Paar langer, mit Spitzen besetzter Abendhandschuhe und jene lächerlichen hochhackigen Seidenpumps.
    Nachdem sie sich auf das Bett gesetzt hatte, schob sie einen baumwollbestrumpften Fuß in einen Schuh. Er passte perfekt. Vermutlich hatten sie ihre Stiefel als Modell benutzt. Ihre Füße waren so groß, daß sie ihre Schuhgröße unmöglich mit dieser Präzision hätten erraten können. Nachdenklich streckte Juliana ihr Bein aus und betrachtete den Schuh mit schiefgelegtem Kopf. Er ließ ihren Fuß tatsächlich uncharakteristisch elegant aussehen. Aber ob sie auch darin laufen konnte? Sie schlüpfte in den zweiten und stand dann zaghaft auf. Nicht minder zaghaft machte sie einige Schritte vorwärts und schwankte gefährlich auf den hohen Absätzen. Die Schuhe zwickten jetzt ganz furchtbar, quetschten ihre Zehen zusammen und drückten schmerzhaft an ihrem Spann.
    »Oh, Miss, sind sie nicht entzückend?« rief Bella von der Tür her, als sie geschäftig ins Zimmer eilte, einen Krug dampfend heißen Wassers in den Händen. »Möchten Sie nicht ein Bad vor dem Dinner nehmen? Ich könnte einen Lakaien anweisen, einen Badezuber heraufzubringen.«
    Juliana ließ sich wieder auf das Bett sinken und schlüpfte aus den Pumps. Ihr letztes Bad hatte sie an ihrem Hochzeitsmorgen genommen. Es wäre vielleicht ratsam, sich auf das vorzubereiten, was immer der Abend für sie bringen mochte. Wie eine Opferjungfrau, dachte sie mit einem unerwarteten Anflug von Belustigung. Ihr Sinn für Humor erwies sich häufig fehl am Platze und hatte ihr in der Vergangenheit ungefähr ebensoviel Ärger eingebracht wie ihre ungebärdigen Füße. Aber unter diesen

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