Wilde Glut - Singh, N: Wilde Glut
Joshua in ihr Schweigen hinein. »Wird Drew nun dein Gefährte?«
Indigos Wölfin fuhr die Krallen aus. »Wie kommst du eigentlich darauf«, fragte sie den Jungen, der so weit unter ihr stand, »dass du das Recht haben könntest, mir eine solche Frage zu stellen?«
Joshua zuckte zusammen. »Ach, vergiss es. Ich denke mir halt meinen Teil.«
Die Wölfin zog die Krallen ein. »Vergiss nicht die morgige Sitzung.«
»Werde ich schon nicht.« Er stand auf. »Ach, Indigo … danke noch mal.«
Nachdem er gegangen war, saß Indigo noch eine Weile am Wasser. Gefährte. Sie wusste, dass Drew ihr bestimmt war, doch allein der Gedanke daran, auch diesen letzten Schritt zu tun … nahm ihr den Atem und ließ die Wölfin unruhig umherstreifen.
»Indigo!«
Überrascht blickte sie auf, Mercy kam auf sie zu. Sie trug eine weiße Bauernbluse mit einer Stickerei aus roten Rosen und ausgewaschene Jeans. Dunkle Sommersprossen bedeckten die elfenbeinfarbene Haut. Im Gegensatz dazu schien das rote Haar heller geworden zu sein, blonde Strähnchen leuchteten hier und da auf.
»Seit wann seid ihr wieder da?«, rief Indigo, sprang auf die Füße und zog Mercy in ihre Arme. Eigenartigerweise war die Leopardin eine ihrer engsten Freundinnen – noch seltsamer war es, dass diese Zuneigung auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie waren beide die einzigen dominanten Frauen in hohen Rängen in ihren jeweiligen Rudeln, und es war verdammt gut, jemanden zu haben, der aus eigener Erfahrung wusste, womit sie sich tagtäglich auseinandersetzen mussten.
Mercy löste sich aus der Umarmung und sah Indigo an. »Wir sind gerade eben angekommen. Riley spricht mit Hawke und Drew, aber ich habe deine Witterung aufgenommen und bin dem Geruch gefolgt.«
»Willst du dich nicht setzen?«
Mercy nickte, und sie ließen sich auf dem Boden nieder. »Es ist schön, wieder zu Hause zu sein.«
Indigo warf ihr einen fragenden Blick zu. »Ist unser Territorium denn auch dein Zuhause?«
»Ich bin da zu Hause, wo Riley gerade ist«, sagte Mercy. »Zum Beispiel auch bei meinen Eltern. Auf dem Weg hierher haben wir dort vorbeigeschaut. Und natürlich auch bei den Leoparden – Dorian würde mir nie vergeben, wenn es nicht so wäre.«
Indigo lachte, dann stellte sie eine Frage, die ihr immer wieder durch den Kopf gegangen war. »Warum haben du und Dorian nie … du weißt schon?«
»Gott, das wäre so gewesen, als würde ich mit einem meiner Brüder schlafen.« Mercy schüttelte sich. »Aber du bist doch diejenige mit den tollen Neuigkeiten. Drew und du, na so was! Riley hat gesagt, es rieche nach Paarungstanz.«
Indigo atmete tief durch, versuchte das Gefühlschaos hinter flapsigen Worten zu verstecken. »Ich hab keine Ahnung, wie es passieren konnte. Er hat sich einfach bei mir eingeschlichen.«
Mercy tätschelte ihre Schulter. »Ja, das kann er perfekt. Aber – « Sie zögerte kurz. » – er hat auch ein großes Herz.«
»Das weiß ich.« Indigo schluckte, Mercy sah plötzlich so ernst aus. »Aber ich habe schreckliche Angst.« Das war die Wahrheit, und vor ihr stand wahrscheinlich die einzige Person, die das verstehen konnte.
Mercy hielt sich nicht mit Gemeinplätzen auf. Sie zog die Knie an und nickte. »Ja, es ist ziemlich beängstigend«, gab sie ehrlich zu, »wenn man denjenigen trifft, der alle Verteidigungsmechanismen unterlaufen kann, vor dem deine Seele bloßliegt. Unsere Tiere mögen das überhaupt nicht, selbst der Gedanke daran schreckt sie ab.«
»Dieser Teil von mir würde ihn am liebsten so lange anknurren, bis er endlich begreift, dass ich es nicht wert bin«, gab Indigo zu. »Doch im Grunde weiß ich, dass er das nie tun würde – dafür würde ich ihn am liebsten in Grund und Boden küssen.«
Mercy schnaubte. »Hört sich ganz nach Drew an.« Die Leopardin schwieg kurz, dann sagte sie: »Ich weiß nicht, ob ich dich darauf hinweisen soll … aber dir ist doch klar, dass Drew noch nicht seine volle Stärke erreicht hat?«
Indigos Kopf fuhr so schnell herum, dass ihr schwindlig wurde. »Wie bitte?«
»Riley hat mir erzählt, dass Drew, seit er erwachsen ist, jedes Jahr noch an Stärke zugelegt hat, bislang ist kein Ende abzusehen.«
Sie hatte es gewusst, zumindest geahnt – hatte aber nie darüber nachgedacht, was dieser Umstand für sie beide bedeutete. »Er könnte dominanter als ich werden.« Ihre Wölfin war verwirrt.
»Genau.« Mercy nahm einen Kieselstein in die Hand. »Würde dich das stören?«
Indigo öffnete den Mund, um zu
Weitere Kostenlose Bücher