Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
das Geländer, um sie zu schützen. Das Fellbündel rollte über den Boden und prallte gegen Rios Wade. Dann stellte der kleine Nebelparder die Tatzen auf den Boden, bohrte die gebogenen Krallen tief hinein und zog sie durch das Holz.
»Ich habe in den Bäumen nach Kratzspuren gesucht«, sagte Rachael, während sie sich vornüberbeugte, um die kleine Katze zu kraulen. »Aber ich habe keine gesehen. Warum macht ihr welche im Haus?«
»Durch das Kratzen markiert man nicht nur sein Revier, man schärft auch die Krallen und wird alte Hornscheiden los. Es ist ganz einfach notwendig, aber man hat uns gelehrt, dafür nicht die Bäume zu benutzen, an denen wir vorbeikommen, damit keine Wilderer angelockt werden. Sie sollen ruhig glauben, das wir nicht mehr da sind, einfach verschwunden, dann hören sie hoffentlich auf, Jagd auf uns zu machen. Wir haben uns angewöhnt, unsere Krallen im Haus zu schärfen, wo die Spuren nicht entdeckt werden können.« Rio grinste sie an und sah plötzlich geradezu spitzbübisch aus. »Fritz und Franz haben das von mir übernommen.«
»Stimmt ja, du bist hier die Mami.«
»He du.« Er schob die Katze, die sich an ihren Beinen rieb, mit dem bloßen Fuß beiseite. »Er fühlt sich einsam ohne Fritz. Normalerweise sind sie immer zusammen. Ich hatte gehofft, dass sie sich Weibchen suchen und ein oder zwei Junge mitbringen, aber das scheint sie nicht zu interessieren.«
»Das Leben mit dir ist eben viel interessanter«, bemerkte Rachael. »Wahrscheinlich geben sie vor all den anderen kleinen Katzen mit ihren Abenteuern an.«
Sie machten es sich Arm in Arm auf dem kleinen Sofa auf der Veranda gemütlich und hörten dem endlosen Regen zu. Ließen sich nach und nach von weißen Nebeln einhüllen, bis sie sich fühlten, als wären sie hoch oben in den Wolken. Rio hielt sie umschlungen. »Ich liebe dich, Rachael. Du hast etwas in mein Leben gebracht, das ich nie mehr missen möchte.«
Sie bettete den Kopf an seine Brust. »Mir geht es genauso.«
Franz sprang auf das Sofa, rieb seinen Kopf an ihnen
und versuchte, sich zwischen sie zu drängen. Rio fauchte den Nebelparder an. »Du bist zu schwer, Franz, leg dich unten hin. Du brauchst nicht aufs Sofa.«
Rachael lachte, denn Rio hatte die kleine Katze keineswegs weggeschoben, sondern ihr den Arm um den Hals gelegt. Beinahe augenblicklich kam Fritz leise jaulend auf die Veranda gehumpelt und scheuerte sich an ihren Beinen.
»Ist da jemand eifersüchtig?«, scherzte Rachael, während sie so nah wie möglich an Rio heranrückte, um dem Nebelparder Platz zu machen.
»Ermutige den kleinen Bösewicht nicht auch noch. Weißt du nicht mehr, dass er derjenige war, der dir ein Stück aus dem Bein gerissen hat?«, meckerte Rio.
»Der arme Kleine, er ist bloß einsam und fühlt sich nicht besonders.« Rachael half der Katze hoch und legte sie halb über ihren Schoß. »Wenn wir das Haus voller Kinder hätten, wären die sicher auch auf dem Sofa.«
Rio stöhnte und rutschte hin und her, bis er eine bequeme Stellung gefunden hatte. »Daran möchte ich im Augenblick nicht denken. Schlaf lieber.«
»Schlafen wir heute draußen?« Die Idee gefiel ihr. Der Wind rauschte durch die Bäume, so dass die Blätter um sie herum anmutig tanzten.
»Nur ein Weilchen.« Rio küsste sie aufs Haar und hielt sie einfach fest, rundum zufrieden, mit ihr und den Nebelpardern auf seiner Veranda zu sitzen und sich von der leisen Melodie des Regens einlullen zu lassen.
Kurz vor der Morgendämmerung erwachte er schlagartig, Verstand und Sinne waren sofort in Alarmbereitschaft. Irgendwo tief im Dschungel schrie eine Nachtschwalbe. Ein Muntjak bellte. Gibbons warnten lauthals
im Chor. Rio schloss noch einen Moment die Augen und genoss es, neben Rachael wach zu werden, mit den kleinen Katzen um sie herum. Er hasste es, sie wecken zu müssen, weil schon wieder Gefahr im Verzug war. Diese Situationen schienen einfach nicht abreißen zu wollen, dabei hatte Rachael schon genug mitgemacht. Er wollte sie beschützen, sie sollte sorgenfrei und glücklich leben.
Trotz seines großen Bedauerns tat er, was er tun musste. »Wach auf, sestrilla .« Er küsste sie aufs Gesicht, die Wimpern, die Mundwinkel. »Unsere Nachbarn schlagen Krach.«
Rachael horchte einen Moment, dann schlang sie die Arme fest um Rios Nacken. »Er ist da.« Helle Panik lag in ihrer Stimme.
Rio holte tief Luft und strich ihr das Haar zurück. Seine Berührung tat ihr gut. »Es ist nicht dein Bruder.« Sein Ton war
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