Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
Seiten an die Bäume heran, in die das Haus gebaut war. Rio nahm den Rucksack ab und legte ihn neben einem dicken Baumstamm ab.
Er blieb die ganze Zeit geduckt, denn er wusste, dass man ihn so im strömenden Regen kaum sehen konnte. Der Wind fegte heulend und seufzend durch die Bäume, riss an den Blättern und schleuderte kleine Äste und Zweige in alle Richtungen. Rio verhielt sich still und beobachtete das Haus eine Weile. Eine dünne Rauchfahne stieg aus dem Schornstein und verteilte sich rasch im hohen Blätterdach. Durch die wild zappelnden Blätter war hinter den Webtüchern an den Fenstern das matte Flackern eines kleinen Feuers zu sehen. Nichts regte sich im Innern. Wer auch geschickt worden war, um ihn zu töten, entweder glaubte er Rio noch ein gutes Stück weit entfernt, oder aber er lockte ihn mit einer sehr cleveren Falle. Rio pfiff durch die Zähne, um die Katzen auf sich aufmerksam zu machen, gab ihnen ein Handzeichen, einen schnellen Wink mit dem Finger, und alle drei suchten wie dunkle Phantome auf dem Boden unterhalb der Bäume nach Spuren, die von dem heftigen Regen noch nicht vernichtet worden waren.
Sie bewegten sich in immer enger werdenden Kreisen, bis sie das riesige Netz aus Wurzeln und Ästen unter dem Haus erreicht hatten. Rio spannte seine Muskeln an, die sich deutlich unter der Haut abzeichneten, sprang mit einem Satz in den Baum. Er landete in geduckter Stellung, perfekt ausbalanciert. Die Katzen schlichen lautlos über das dichte Astwerk zur Veranda. Trotz der vom Regen glitschigen Äste erreichte das Jägertrio das Haus mit gewohnter Leichtigkeit. Rio versuchte die Tür zu öffnen. Als sie nicht nachgab, zog er ein Messer aus dem Futteral zwischen seinen Schulterblättern. Ein Blitz zuckte und ließ die lange, rasiermesserscharfe Klinge hell aufleuchten. Rio steckte das Messer in den Türschlitz und hob langsam, Zentimeter um Zentimeter, den schweren, metallenen Innenriegel an.
Als die Tür sich öffnete und leise wieder geschlossen wurde, fachte der plötzliche kalte Luftzug die Flammen des Feuers an, so dass sie knisternd aufloderten, ehe sie sich wieder beruhigten. Rio wartete einen Herzschlag lang, bis seine Augen sich an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten. Dann schlich er lautlos durch das große Zimmer, darauf bedacht, jede knarrende Holzdiele zu vermeiden. Auf dem Bett wälzte sich eine schattenhafte Gestalt hin und her.
Rio warf sich bäuchlings auf den Boden, seine wilde Natur brach sich Bahn und schärfte seine Sinne. Seine Haut juckte, die Knochen schmerzten, und die Muskeln zerrten. Doch er drängte diese wilde Seite zurück, zwang sein Gehirn zu arbeiten, zu denken und vernünftig zu sein, während sein Körper sich nach der Verwandlung sehnte. Einen Augenblick lang war seine Hand mit Fell überzogen und bohrte ihre Krallen schon in den Holzfußboden, um sich dann aber schmerzhaft wieder zurückzuziehen.
Rio blieb reglos liegen, das Messer zwischen den Zähnen, und versuchte, die Schmerzen wegzuatmen und den Drang zur Verwandlung zu unterdrücken. Ohne Anweisung kauerten sich die Nebelparder beiderseits auf den Boden. Ihre beiden glitzernden Augenpaare konzentrierten sich auf die Gestalt unter der Bettdecke. An der Wand neben dem Bett, in Reichweite, konnte Rio seine Schrotflinte stehen sehen. Im Kamin zerfiel ein Holzscheit in glühend rote Kohlen. Licht erhellte den Raum und fiel ganz kurz auch auf das Bett, dann wurde es wieder dunkel.
2
R achael erwachte und wusste sofort, dass sie in Gefahr schwebte. Es roch nach nassem Fell und dazu nach irgendetwas Ungezähmten, das Gefahr bedeutete. Es herrschte absolute Stille, doch der Eindruck, nicht allein zu sein, war so stark, dass sie instinktiv nach dem Gewehr griff. Da schloss sich eine eisenharte Faust um ihr Handgelenk. Die Waffe wurde ihr mit spielerischer Leichtigkeit entrissen, ihr unsichtbarer Angreifer besaß offenbar unglaubliche Kräfte. Rachael wand den Arm, an dem er sie festhielt, als wollte sie sich befreien, und knallte ihm gleichzeitig mit voller Wucht den kurzen Kampfstock an den Kopf, den sie in der linken Hand gehalten hatte. Dann rollte sie sich seitlich vom Bett, um ihm zu entkommen.
Zu ihrem Entsetzen landete sie direkt vor zwei rot glühenden Augen, heißer Atem streifte ihr Gesicht, und ein riesiges Maul mit furchteinflößenden Zähnen schnappte nach ihr. Die Zähne sahen aus wie die eines Säbelzahntigers. Rachael rammte den Stock in die geifernden Fänge und kroch hastig
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