Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
wohin auch immer das Schicksal sie führte.
Der Regen fiel anhaltend, nicht als sanfter Nieselregen, sondern in dichten Strömen, so dass die Sicht gleich null war. Donner erschütterte die Bäume und wurde vom hohen Baumkronendach des Waldes zurückgeworfen bis in die tiefen Täler und Schluchten, die von den Unmengen an Wasser in die Erde gegraben worden waren. Blitze erhellten den Waldboden und in ihrem Licht konnte man riesige Farne, dichtes Laub und einen dicken Teppich aus Nadeln und Blättern erkennen, dazu modernde Reste unzähliger Pflanzenarten.
Die jähen Lichtblitze erhellten auch das Gesicht des Jägers und ließen seine markanten Züge deutlich hervortreten. Wassertropfen glitzerten in dem dichten schwarzen Haar, das ihm in die Stirn fiel. Trotz des schweren Rucksacks auf seinem Rücken bewegte der Mann sich leichtfüßig und lautlos. Offenbar machte ihm der heftige Regen nichts aus, der seine Kleider durchnässte, während er dem undeutlichen Pfad folgte. Er ließ seinen Blick unablässig über das Dunkel des Waldes schweifen, um seine Umgebung wachsam auf jede Bewegung zu prüfen. Seine Augen waren eiskalt und gnadenlos, ohne Leben, die Augen eines Raubtiers auf der Jagd. Die spektakuläre Natur um ihn herum beeindruckte ihn offenbar nicht sonderlich. Stattdessen fügte sich seine geschmeidige, animalische Grazie perfekt in das Bild und zeigte, wie sehr er im Urwald zu Hause war.
Einen Schritt hinter ihm, wie ein dunkler Schatten, lief ein Nebelparder von etwa fünfzig Pfund, mit funkelnden Augen, und keinen Deut weniger wachsam als der Jäger
selbst. Weiter rechts, zunächst als Kundschafter, dann als Nachhut, ließ ein zweiter Nebelparder, ein Bruder des ersten, die kleineren Waldtiere auf seinem Weg vor Angst erzittern. Die drei wirkten wie ein ganz besonders gut eingespieltes Team.
Zweimal griff der Jäger absichtlich nach einem großen Blatt und verdrehte es, ehe er es wieder an seinen Platz zurückschnellen ließ. Irgendwo hinter ihnen knackte ein Ast, im steten Wind war das Geräusch weithin zu hören. Der führende Nebelparder drehte sich mit einem Satz um und fletschte drohend die Zähne.
»Fritz.« Ein Wort des Tadels genügte. Auf dem weiteren Weg über den nassen Pflanzenteppich blieb das Tier an der Seite des Mannes.
Der Einsatz war erfolgreich verlaufen. Seine Leute hatten den Sohn eines japanischen Geschäftsmannes aus den Klauen der Rebellen befreit, und sich gleich hinter der Grenze getrennt, um im Wald zu verschwinden. Drake hatte die Aufgabe, das Kind aus dem Land zu schaffen, wo seine Familie es erwartete, während Rio die Verfolger von den anderen ablenkte und sie absichtlich tief in ein Gebiet lockte, in dem es von Kobras und anderen unangenehmen wie auch höchst gefährlichen Kreaturen nur so wimmelte. Rio Santana fühlte sich wohl in der Weite des Dschungels und trotzte gern allein der Gefahr. Der Wald war seine Heimat. Und das würde sich niemals ändern.
Rio beschleunigte seinen Schritt, begann fast zu laufen, während er auf die überfluteten Ufer des wild tobenden Flusses zusteuerte. Das Wasser stieg schon seit Stunden, und ihm blieb nur wenig Zeit, wenn er die Nebelparder auf die andere Seite mitnehmen wollte. Er führte seine Verfolger im Wald in die Irre, blieb dabei aber stets nah
genug, um sie weiter zu ködern. Einer nach dem anderen gaben seine Männer Rückmeldung. In dem Unwetter war aus dem Funkgerät nicht viel mehr als ein Rauschen zu hören, doch bei jeder krächzenden Nachricht atmete er erleichtert auf.
Das beständige Tosen des Flusses war so laut, dass es alle anderen Geräusche übertönte, und so musste er sich darauf verlassen, dass seine beiden Katzen ihn warnten, sollten seine hartnäckigen Verfolger eher zu ihm aufschließen als erwartet. Er entdeckte den hohen Baum am Flussufer. Der silbergraue Stamm wurde von filigranen, leuchtend grünen Blättern gekrönt und ragte so hoch empor, dass er leicht wiederzufinden war. Das Wasser wirbelte bereits um seinen Fuß und zerrte an den Wurzeln rund um den dicken Stamm. Rio bedeutete den Katzen, ihm zu folgen, und kletterte in die Krone hinauf, wobei er so locker von Ast zu Ast sprang, dass er den wendigen Nebelpardern in nichts nachstand. Nahe der Spitze, im Laub versteckt, hatte er vor langer Zeit einen Seilzug mit Korb angebracht. Den Rucksack schickte er als Erstes übers Wasser. Die Nebelparder hinüberzuschaffen dauerte wesentlich länger. Über dem Fluss gab es kein Netzwerk aus Ästen und
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