Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
Vergangenheit, doch irgendwie beherrschte sie ihn. Das war erschreckend, denn er traute ihr nicht. Und was noch schlimmer war, er traute sich selbst nicht mehr.
Rio machte sich auf den Rückweg, trabte still und bedächtig über den Waldboden, um sich Zeit zum Nachdenken zu geben. Warum sollte er nicht an Rachael interessiert sein? Das war nur natürlich. Schließlich hatte er schon sehr lange keine Frau mehr gehabt - und nun lag sogar eine in seinem Bett. Rio redete sich ein, dass es das sein musste. Der simple Sexualtrieb. Was konnte es sonst sein, wenn er sie nicht einmal kannte? Zufrieden mit diesem Ergebnis sprang er auf einen Baum und kehrte auf der sichereren und wesentlich schnelleren Route zum Haus zurück.
Rachael schwebte irgendwo zwischen Träumen und Wachen. Sie wusste nicht, wo sie war. Alles wirkte fremd, ganz anders als zu Hause. Manchmal glaubte sie, Stimmen zu hören, die sie anbrüllten und etwas von ihr wissen wollten, was sie nicht sagen konnte. Dann wieder glaubte sie, sich im Dschungel verirrt zu haben und von wilden Tieren gejagt
zu werden. Sie versuchte, irgendwie wegzukommen, sich aus dieser seltsamen, schemenhaften Welt, in der sie gefangen zu sein schien, zu befreien.
»Wie in einer Luftblase«, sagte sie laut. »Ich lebe in einem Glashaus, und wenn jemand einen Stein wirft, zerbrech ich mit den Wänden.« Sie sah sich skeptisch um, versuchte sich verzweifelt daran zu erinnern, wie sie an einen so merkwürdigen Ort geraten war. Ihre Stimme klang fremd, ganz und gar nicht nach ihr, als käme sie von weither.
Und bei jeder Bewegung fuhr sie vor Schmerz zusammen. Hatte sie sich verletzt? War sie etwa gefoltert worden? Irgendjemand hatte versucht, sie umzubringen. Warum nur hatte er das Ganze nicht einfach zu Ende gebracht, anstatt sie halb tot liegen zu lassen? Sie hatte immer gewusst, dass es früher oder später passieren würde.
Vor dem Fenster bewegte sich etwas. Trotz der Decke, die vor dem Glas gespannt war, spürte Rachael, dass dahinter etwas Großes vorbeischlich. Angestrengt lauschend sah sie sich hastig nach einer Waffe um. Hatten ihre Verfolger sie schließlich doch aufgespürt? Ihr Herz klopfte in beängstigendem Tempo, und ihr Mund fühlte sich an, als wäre er mit Watte ausgestopft. Sie konnte sich kaum rühren, ihr Körper schien völlig apathisch. Sie hörte das Knistern des Feuers und das gleichmäßige Trommeln des Regens. Der Durst wurde unerträglich, sie musste einfach aufstehen, doch es fiel ihr so schwer, ihr war, als bewege sie sich durch Treibsand. Schon beim Versuch, sich aufzusetzen, durchfuhr sie ein stechender Schmerz im Bein. Schließlich fand sich auf dem Boden wieder, ihr Bein war unter ihr zusammengeknickt.
Überrascht blickte Rachael sich um, versuchte, sich zu
erinnern, wo sie war und was sie hier wollte. Was war bloß los mit ihr? Sosehr sie sich auch bemühte, ihr Verstand weigerte sich, richtig zu funktionieren. Sie sah sich genauer im Zimmer um. Eine Laterne verströmte helles Licht. Sie konnte sich nicht daran erinnern, sie angezündet zu haben. Ihr Blick fiel auf die Tür. Sie war nicht verriegelt.
Rachael schluckte ängstlich, sie hatte einen Kloß im Hals. Dann konzentrierte sie sich zögernd auf ihr nutzloses Bein. Wade und Knöchel waren nicht mehr wiederzuerkennen, so dick angeschwollen, dass die Haut zu platzen drohte, und hellrotes Blut sickerte aus Wunden. Rachaels Magen zog sich zusammen. Sie war von einem wilden Tier angegriffen worden. An die Augen konnte sie sich ganz deutlich erinnern. An den blutrünstigen scharfsinnigen Blick. Der Schrecken kroch ihr in die Glieder, drohte sie völlig zu lähmen. Erst in dem Moment sah sie die beiden Raubkatzen, die zusammengerollt vor dem Feuer lagen. Eine starrte sie unverwandt an. Die andere schien zu schlafen.
Rachael begann, sich über den Boden zu ziehen. Rein instinktiv, in heller Panik. Sie konnte nicht klar denken, sie dachte nur mit Entsetzen an den heißen Atem auf ihrem Gesicht. Wie sich die nadelspitzen Zähne in ihr Bein gebohrt hatten. Und an die Augen, in denen sie die Absicht zu töten deutlich lesen konnte.
Mit zusammengebissenen Zähnen zog sie sich schluchzend an der Wand hoch, Schweiß rann ihr in die Augen und trübte ihre Sicht. Sie riss die Pistole aus dem Halfter und stützte sich gegen die Wand, nur so konnte sie sich aufrecht halten. Ihre Arme fühlten sich bleischwer an, und sie sah alles so verschwommen, dass es ihr fast unmöglich war, den Lauf der Waffe auf
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