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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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kalorienarme Zitronenlimonade kein Ersatz für Zitronensaft war. Es würde ihr nichts anderes übrigbleiben, als ein vollkommen anderes Menü zu entwerfen.
    Sie schloß die Kühlschranktür und befand, daß es nach wie vor hilfreich wäre, wenn sie den Sherry fände. Vielleicht entdeckte sie ja auch noch etwas anderes Alkoholisches, womit sich die Würstchen ein bißchen aufmöbeln ließen, von der Köchin ganz zu schweigen. Glücklicherweise war der Schrank im Eßzimmer mit genügend Flaschen bestückt, um ganz Süd-London zu vergiften. Notfalls konnte sie also einen wirklich scharfen Cocktail mixen, nach dessen Genuß niemand mehr merken würde, was er aß.
    Mit einer Flasche Sherry kehrte sie in die Küche zurück. Dort gab es noch ein paar Schränke zu erkunden, die zwar vermutlich nur Frühstücksflocken in Buchstabenform enthielten, aber man darf ja die Hoffnung nie aufgeben. Zwischen alten Kartoffelchips und zerkrümelten Keksen stieß sie auf ein Paket Ingwerplätzchen. May begann zu lächeln. Sie würde Clorindas Gästen eine altbewährte Kalorienbombe vorsetzen: Ingwerplätzchen in Whisky oder Sherry eingelegt, auf einer Schicht Schlagsahne und mit Sahnehäubchen verziert. In ihrem Kopf hörte sie die Stimme ihrer Hauswirtschaftslehrerin, bei der sie das Rezept vor Jahren gelernt hatte.
    Um halb acht kamen Clorinda und ihr Mann mit einem Wirrwarr von Entschuldigungen in die Küche gestürzt.
    »Meine Liebe! Es tut mir so schrecklich leid. Haben Sie alles geschafft? Es ist einfach furchtbar, Tante Maude lebt immer noch. Das heißt, wenn sie gestorben wäre, wären wir vermutlich niemals dort weggekommen. Sind Sie zurechtgekommen?«
    May hatte sich eine würdevolle kleine Ansprache zurechtgelegt, mit der sie betonen wollte, daß sie unter den Umständen ihr Bestes gegeben hatte, und sie hatte die Absicht gehabt, diese Umstände bis ins letzte Detail zu beschreiben, um deutlich zu machen, wie schwierig sie gewesen waren. Aber ihre Ansprache erschien ihr mit einemmal unpassend.
    »Na ja, es war nicht gerade einfach ...«
    »Wirklich? Und dabei hab’ ich doch versucht, die Dinge möglichst unkompliziert für Sie zu machen. Aber ich bin davon ausgegangen, daß Sie eine viel bessere Köchin sind als ich ...«
    »Um ehrlich zu sein, ich kann nicht kochen ...«
    »Ich meine, bei mir dauert es Ewigkeiten, ein mehrgängiges Menü zustande zu bringen. Ich wollte eigentlich anfangen ...«
    »Laß das arme Mädchen doch erst einmal ausreden«, sagte Clorindas Mann. »Hallo, ich bin übrigens Marcus Stockbridge.«
    May schüttelte seine ausgestreckte Hand. »May Sargent. Die Sache ist die: Ich kann nicht kochen. Ich habe praktisch keinerlei Erfahrung damit.«
    »Was?« Clorindas hübsches Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse der Enttäuschung und Verwirrung. »Soll das heißen, wir haben nichts zu essen? Aber was riecht dann so köstlich?«
    »Oh, ich habe etwas zu essen gemacht«, erklärte May. »Aber ich konnte mich nicht an Ihren Menüplan halten, weil Sie mir kein Geld hiergelassen hatten.«
    »Oh, Marcus!« Clorinda wandte sich ihrem Mann zu, ihre Anspannung und Besorgnis hatten sich in Ärger verwandelt. »Wie konntest du vergessen, der armen ... May das Geld hinzulegen? Du lädst all diese wichtigen Leute ein und ...«
    »Du hast kein Wort davon gesagt, daß ich Geld hierlassen sollte«, unterbrach Marcus entschieden. »Und da all diese wichtigen Leute in ungefähr einer halben Stunde hier sein werden, schlage ich vor, du gehst nach oben und ziehst dich um.«
    Clorinda gab einen Laut von sich, der halb ein Wimmern und halb ein Niesen zu sein schien, und stürmte hinaus.
    May beobachtete diese Demonstration männlicher Dominanz aus dem Augenwinkel und fragte sich, ob sie auch dann so erfolgreich gewesen wäre, wenn Clorinda selbst nicht in Wirklichkeit viel mehr daran gelegen hätte, sich der drängenden Frage ihrer Abendgarderobe zu widmen, als Mays Küchenprobleme zu erörtern.
    Marcus wandte sich an May, offenbar hoffte er, sie mit demselben Zaubertrick zu bändigen. Er sah auf seriöse Art gut aus: graue Schläfen, wohlhabend, ein kleiner Bauchansatz über dem Hosenbund.
    »Dieses Durcheinander tut mir wirklich leid. Natürlich könnten wir etwas zu essen bestellen.«
    Auf diese einfache Lösung war May nicht gekommen, die Annehmlichkeiten des Wohlstands waren ihr allzu fremd geworden. Aber das würde sie auf keinen Fall dulden, nicht nach der ganzen Arbeit, die sie sich gemacht hatte. »Nein, nein. Ich

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